Nein und Ja. Das Verhalten von Menschen mit einer Schizophrenie mag manchmal befremdlich und für andere beängstigend sein – gefährlich sind schizophrene Patienten aber in der Regel selten. Allerdings kann die Erkrankung zeitweise zum Kontrollverlust führen, was durchaus mit erhöhter Gewalttätigkeit einhergehen kann, und zwar sowohl gegen andere als auch gegen sich selbst. Zudem haben Studien gezeigt, dass ein eventueller Drogenkonsum der Betroffenen eine wichtige Rolle spielt. Denn der Substanzmißbrauch erhöht das Risiko für Gewalt.
Ein aufwühlendes Thema
Wie man bereits an der Fülle der Leserkommentare sieht, erhitzt das Thema Schizophrenie und Gewalt die Gemüter erheblich. Bei näherer Betrachtung wird darüber hinaus deutlich, dass die Meinungen dazu stark auseinandergehen und zum Teil konträr aufeinanderprallen.
Das ist zum einen sicherlich durch die Erfahrungen zu erklären, die viele von Ihnen direkt gemacht oder im persönlichen Umkreis mitbekommen haben. Daneben sind es meist emotional aufgeladene Themen, die das Potential haben, eine solche Flut an zum Teil heftigen Reaktionen auszulösen.
Bei der Frage, ob Menschen mit Schizophrenie gefährlich sind, schwingt Angst mit hinein. Wer entsprechende Erlebnisse hatte, ist dadurch geprägt und formt sich seine Meinung danach aus. Auf der anderen Seite stehen Menschen, die andere Erfahrungen gemacht haben oder auch Betroffene selbst, die traurig und entsetzt darüber sind, welche heftigen (Vor-)Urteile nach wie vor über schizophren Erkrankte kursieren.
Urteile und Formulierungen wohl überdenken
Beides hat seine Berechtigung. Je nach Perspektive und Erfahrungen bilden sich Meinungen und Überzeugungen. Wer von einem schizophrenen Angehörigen oder Bekannten tätlich angegriffen wurde, ist sensibilisiert, wird die Krankheit nicht als harmlos abtun und den Kranken zumindest nicht als alleiniges Opfer sehen. Wer umgekehrt selbst unter der Erkrankung leidet, wird über viele Kommentare enttäuscht und verärgert sein, sich stigmatisiert und vorverurteilt fühlen.
Und genau hier sollten wir vorsichtig und sensibel mit unseren Urteilen und Formulierungen sein. Die Psychiatrie hat lange Zeit eine nicht gerade rühmliche Rolle gespielt. Keiner wünscht sich die Verhältnisse und den unqualifizierten Umgang mit psychisch kranken Menschen noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein zurück, schon gar nicht den traurigen Höhepunkt menschenverachtender Hybris zur Zeit des Nationalsozialismus.
Wir sollten unsere Urteile daher differenzieren und unsere Worte wohlbedacht wählen. Um emotional aufgeladene Debatten zu entschärfen, kann es sinnvoll sein, sich zunächst einmal auf die bloßen Fakten zu konzentrieren.
Verlust der Selbstkontrolle
Die Erkrankung an sich ist nicht etwa eine Trieb- oder Impulskontrollstörung, die die Betroffenen zu gefährlichen Straftaten veranlasst. Allerdings sind Begleiterkrankungen wie z. B. eine Sucht nicht selten. Wer alkohol- oder drogenabhängig ist, kann leichter die Kontrolle über sich verlieren.
Drogen und gesteigerte Gewaltbereitschaft
Dass Drogenmissbrauch bei schizophrenen Personen ein wichtiger Risikofaktor für Gewalt ist, zeigt auch eine Forschungsarbeit von Seena Fazel, Professor für Forensische Psychiatrie an der Universität Oxford, und seinem Team: Die Wissenschaftler werteten 20 Studien aus, welche die Gewaltbereitschaft durch Menschen mit Schizophrenie oder anderen Psychosen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung untersuchten. Anhand der Daten von 18.423 Erkrankten zeigte sich, dass Substanzmissbrauch das Risiko für Gewalttätigkeit bei erkrankten Studienteilnehmern um etwa das Neunfache erhöhte (verglichen zu Betroffenen, die keine Drogen konsumierten). Betrachtet man dagegen Personen ohne eine solche psychische Erkrankung, die jedoch Suchtmittel konsumieren, so ist das Risiko, eine Gewalttat zu begehen, doppelt so hoch wie bei Personen ohne Substanzmissbrauch.
Risiko: akute schizophrene Psychose
Auch eine akute schizophrene Psychose kann zeitweise zu einem Kontrollverlust führen und in Gewalt gegen andere gipfeln. Wer Dinge sieht, Geräusche hört und Szenen durchlebt, die nicht real sind und auf den Betroffenen möglicherweise bedrohlich wirken, kann entsprechend reagieren. Im Rahmen einer Wahnwahrnehmung oder illusionären Verkennung kann der Betroffene einen Sinneseindruck wahnhaft falsch interpretieren oder fehldeuten. So können die beiden Männer auf der gegenüberliegenden Straßenseite, aber eben auch Angehörige, Freunde und Bekannte zu Verschwörern werden, gegen die sich der Bedrohte unter Umständen zur Wehr setzt.
Es ist ganz klar, dass Menschen mit einer akuten Psychose behandelt und ggf. stationär aufgenommen werden müssen. Zu den Indikationen für eine Unterbringung in einer geschützten psychiatrischen Einrichtung zählt neben der Eigen- auch die unmittelbare Fremdgefährdung. In diesem Fall sind auch Behandlungsmaßnahmen gegen den Willen des Betroffenen zulässig. Juristisch spricht man von einem sogenannten rechtfertigenden Notstand.
Chancen und Risiken der ambulanten Versorgung
Heutzutage wird – auch das grundsätzlich eine Errungenschaft der neueren Psychiatriegeschichte – versucht, psychisch Kranke möglichst in ihrem gewohnten Umfeld bzw. wohnortnah zu betreuen. So werden die ambulanten Strukturen immer weiter ausgebaut, stationäre Aufenthalte sollten allein dem Akutfall vorbehalten bleiben.
Diese an sich positiven und sinnvollen Veränderungen in der Versorgung bringen jedoch auch Probleme mit sich. Angehörige werden stärker eingebunden und zum Teil belastet. Situationen können eskalieren, weil sie zu spät erkannt werden oder keine Hilfsangebote greifbar sind. Dann kann das Leben und der Alltag mit einem schizophrenen Menschen auch für dessen Angehörige und Freunde schwierig und manchmal sogar bedrohlich werden.
Gefahr vor allem für sich selbst
Wir wollen aber noch auf einen weiteren Aspekt zu sprechen kommen, der für die Frage nach der Gefährlichkeit von Menschen mit Schizophrenie wichtig ist. Denn die Selbstaggression ist klar belegt. Schizophre Erkrankte haben ein deutlich erhöhtes Suizidrisiko. Die Suizidrate liegt bei ca. 10 %.
Insofern sollte nicht übersehen werden, dass Betroffene in erster Linie eine Gefahr für sich selbst darstellen und daher auch entsprechend schutzbedürftig sind.
Gewalt gegen die Erkrankten
Ein weiterer Faktor, der nicht vergessen werden sollte, ist die Gewalt gegenüber den Betroffenen durch Andere. Menschen mit Schizophrenie werden nämlich häufiger selbst Opfer von Gewalttaten als die Normalbevölkerung. Dies zeigt eine Studie von Forschern der Yale University, die 1179 Menschen mit Schizophrenie nach ihren Erfahrungen mit gegen sie gerichtete Gewalt befragten.
Rund 18 % der Befragten berichteten, daß sie in den letzten 1,5 Jahren Opfer von Gewalttaten wurden. Die Täter waren überwiegend Familienmitglieder oder Bekannte. Von den viktimisierten Befragten gaben jedoch 55 % an, selbst gewalttätig zu sein.
Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Gewalt gegen Menschen mit Schizophrenie häufig mit dem aggressiven Verhalten des Opfers selbst zusammenhängt. Aber auch eine starke soziale Einbindung, häufige Kontakte der Erkrankten zu den Tätern, frühere Kindheitstraumata, Drogenkonsum und Depressionen der Opfer spielen eine bedeutende Rolle – und zwar eine wichtigere als die Symptome der Schizophrenie selbst.
Fazit
Die Mehrheit der an Schizophrenie Erkrankten ist nicht gewalttätig. Verschiedene Studien haben jedoch gezeigt, dass Schizophrenie mit einem erhöhten Risiko für gewalttätiges Verhalten verknüpft ist. Dies gilt jedoch in erster Linie für bestimmte Subgruppen von Erkrankten, die z. B. Drogen konsumieren, eine antisoziale Persönlichkeit aufweisen oder in der Familie oder in der Vergangenheit Gewalt erfahren haben. Man kann also nicht pauschal sagen, dass jeder Mensch mit einer schizophrenen Erkrankung eine Gefahr darstellt. Dennoch sollte bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren oder auch während einer akuten schizophrenen Psychose ein mögliches Gefährdungspotential nicht außer Acht gelassen werden.
Der Mensch und die Krankheit
Zuletzt noch ein Hinweis, der vielleicht zu etwas mehr Verständnis beiträgt und hilft, die Gemüter zu beruhigen. Es sind nicht die Menschen, die in manchen Situationen aggressiv und gefährlich werden können. Es ist die Erkrankung, unter der vor allem die Betroffenen selbst leiden und damit zurechtkommen müssen. Das Gefühl der Depersonalisation etwa, der Entfremdung vor sich selbst, oder der Fremdbeeinflussung von außen tangiert das Selbstbild und die Selbstwahrnehmung existentiell. So steckt hinter verbalen oder auch tätlichen Angriffen oft der verzweifelte Versuch, sich aus einer fremden, unwirklichen und unheimlichen Situation zu befreien.
Ein Leser hat es gut auf den Punkt gebracht: "Jeder Mensch ist individuell. Auch jeder Schizophrene. Er kann gefährlich sein, allerdings nicht mehr als jeder andere ,gesunde' Mensch auf dieser Welt auch."
Quellen:
- Fazel S, Gulati G, Linsell L, Geddes JR, Grann M. Schizophrenia and violence: systematic review and meta-analysis. PLoS Med. 2009 Aug;6(8):e1000120. doi: 10.1371/journal.pmed.1000120. Epub 2009 Aug 11. PMID: 19668362; PMCID: PMC2718581.
- Buchanan A, Stefanovics E, Rosenheck R. Victimization in schizophrenia and its relation to violence. Schizophrenia Research. 2023; Vol. 255: 52-58. ISSN 0920-9964, https://doi.org/10.1016/j.schres.2023.03.018.
Er ist aggressiv, auch ohne Psychose. Aber während einer Psychose ist er unberechenbar. Er hat meine Freundin getreten, geschlagen, Möbel geschrottet oder ihr mit dem Gürtel gedroht.
Da er den Kindern nichts getan hat (zum Glück), bekommt meine Freundin keine Hilfe von Polizei und Jugendamt, um sich und die Kinder im Falle der Scheidung zu schützen.
Er ist antriebslos, kann keinen Job halten, weil er sofort überfordert und gestresst ist, und dann entweder einfach nicht mehr hingeht oder aggressiv wird.
Ihren Vater, der den beiden mal beim Umzug geholfen hat, hat er so geschubst und geschlagen, dass er hingefallen ist und am Knie operiert werden musste. Der Grund war einfach, dass er gestresst war davon, dass der Vater weitergemacht hat. Er aber wollte dass er geht und am anderen Tag wiederkommt.
Für mich als Außenstehende ist es schwierig auseinander zu halten, was was ist. Was ist Krankheit? Was ist sein Charakter?
Er kann auch sympathisch sein, keine Frage. Aber ansonsten überwiegen für mich die negativen und aggressiven Eigenschaften.
Das zieht sich seit 10 Jahren jetzt und ich habe alles gesehen, was diese Krankheit und seine Persönlichkeit zu bieten hat. Ich bin mittlerweile an dem Punkt, dass ich Angst um meine eigene Sicherheit habe. Meine Freundin will sich scheiden lassen, will es ihm aber nicht sagen, aus Angst, dass er eine Psychose bekommt oder auch so aggressiv wird. Er wollte auch schon mal, während einer Psychose, die Kinder entführen. Ich glaube, dass es sehr schwer für ihn sein muss all das zu sehen, zu hören und ständig Angst zu haben verfolgt zu werden, oder in uns etwas Böses zu sehen.
Ich muss aber dennoch an mich selbst denken. Mit Sicherheit ist nicht jeder erkrankte so wie der Mann meiner Freundin, aber dieser Mann speziell macht mir Angst mit seiner Art und seiner Krankheit.
Jetzt ist für mich nur die Frage, wie ich mich davon distanzieren kann ohne den Kontakt zu meiner Freundin abzubrechen falls sie mich braucht.
Ich finde, dieser Beitrag verharmlost die Krankheit sehr. Natürlich sind es keine schlechten Menschen, aber die Krankheit ist unberechenbar.
Meines Erachtens handelt es sich hierbei um eine Krankheit, bei der sich die Seele selbst schützt und in eine andere Realität/Persönlichkeit flüchtet.
Meistens ist ein Schicksalsschlag im Kindes- und Jugendalter – ohne wirkliche Verarbeitung mit einem Psychologen – einhergehend.
Wenn sich bei dieser Erkrankung alle abwenden, die du kennst – egal ob Familie, Freunde, Kollegen oder sogar fremde Menschen auf der Straße anfangen dich zu beleidigen und auszulachen, wirst du durch deine Gedanken darüber noch zusätzlich gequält. Die Sinne wie Riechen, Sehen, Hören und Schmecken spielen dir Streiche. Wie sollen sich diese Menschen mit gutem Gewissen zu ihrer Erkrankung bekennen, wenn "behindert" in der Gesellschaft als Schimpfwort und "geisteskrank" im Wortschatz als supergeil genutzt wird?
Ich dagegen denke, diese Menschen sind die stärksten, ehrlichsten und einfühlsamsten. Statt Vorurteile oder Angst zu haben, sollte doch jeder da draußen ein Lächeln oder ein nettes Wort übrig haben.
Diese Menschen merken aber nur, dass alle um sie herum komisch und gemein werden, während sie bereits durch die Hölle gehen. Ein bisschen Kraft für die Seele dalassen ... Da sich nämlich die Psychologen auch keine Zeit mehr nehmen, sind die Betroffenen auf sich allein gestellt. Sie laufen nachts viel, da sie zuhause Angst haben und nicht zur Ruhe kommen.
Diese Menschenseelen schreien nach Hilfe und alle reden nur über sie. Wenn ein Organ geschädigt ist, sendet es Signale an das Gehirn. Aber wie funktioniert es, wenn das geschädigte Gehirn das Organ ist? Woran sendet es dann die Signale?! An die Mitmenschen!!
Und die müssen reagieren können, und nicht von jeder Bürokratie sabotiert werden, die sich anscheinend für Menschen mit dieser Erkrankung nicht interessiert. Ansonsten wäre denen bewusst, dass jede Behandlung ohne nahestehende Personen, so gut wie unmöglich ist. Die Lücke für Ärzte ist so groß, weil diese der Realität des gerade kranken Patienten glauben – was dessen Lebenstil und Gesundheit komplett ruiniert. Und zwar alles! Ich meine wirklich alles!!
Bei welcher Krankheit verlierst du soziale Kontakte, die Arbeit, die Wohnung? Viele würden am liebsten vor sich selbst weglaufen, wenn es möglich wäre. Traurig, dass die Ärzte eine so große Lücke haben, bis sie den Patienten helfen "dürfen", obwohl der Patient vor ihnen sitzt und Hilfe haben möchte. Die reinste Ironie!!
Angehörige sind Bezugspersonen. Die einzigen, die ihnen nicht in den Rücken fallen, was bei paranoider Schizophrenie sehr wichtig ist. Deshalb müssen Ärzte reagieren und den Patienten, wie bei jedem anderen nicht funktionalen Organ, in ein Krankenhaus überweisen. Nicht erst dann, wenn der Patient umkippt und sein ganzes Leben verloren hat.
Ich wurde damals in der Schule aufs Massivste ausgegrenzt und gemobbt, weil ich nicht die neuesten Markenklamotten getragen habe und ein gefundenes Opfer war. So überflüssig eigentlich, aber ich habe mich nie körperlich gewehrt. Bis auf das eine Mal, als einer – ein paar Klassen über mir – meine Schwester geschlagen hat, die auf der gleichen Schule war. Da habe ich dann in der Pause auf den richtigen Moment gewartet, das so viele wie möglich es auch mitbekommen – und dann habe ich ihn mir vorgeknöpft. Das war noch auf der Grundschule bis zur 6. Klasse. Seitdem war ich viel involvierter in der Klasse, und wir haben dann auch nach der Schule mal etwas zusammen unternommen. Durch den Fußball im Verein habe ich zusätzlich sehr gute Kontakte geknüpft, und ab der 7. war ich dann, wenn man so will, ein gleichwertiger Mitschüler. So lange hat es gedauert. Nach meiner erfolgreichen Ausbildung, war ich dann beim Grundwehrdienst, wo ich auch wieder ausgegrenzt und gemobbt wurde. Bis ich dann, nach Monaten im Dienst, meinen ersten schweren Schub hatte. Es ging nicht(s) mehr. Ich wurde ausgemustert und war froh, dort wieder weg zu sein. Von dem Verein halte ich nichts mehr. Die Werte, die dort angeblich verteidigt werden, habe ich nicht miterlebt. Danach war ich immer wieder in Maßnahmen vom Jobcenter, aber wirklich arbeiten konnte ich nicht (mehr). Der Stress war zu groß, und meine Toleranzgrenze ist relativ niedrig. Dazu kommen starke Konzentrationsstörungen und teilweise paranoide Denkweisen. Sehr negativ wirkt sich die Antriebsschwäche aus.
Zwischenzeitlich sind dann meine Eltern gestorben. Ich bin umgezogen und bin wieder in medikamentöse Therapie rein, nachdem ich 10 Jahre lang oder so, komplett ohne gelebt habe. Das ist jetzt so bis heute.
Aber Gewalt gibt es in meinem Leben einfach nicht. Ganz im Gegenteil, bin im Gegensatz zu früher viel ruhiger geworden. Also, mich aus der Fassung zu bringen, dauert sehr lange. Und von Leuten mit negativem Einfluss halte ich mich fern. Ansonsten rede ich über meine Krankheit nie wirklich, das war hier eine Ausnahme.
Das war jetzt aber wirklich der letzte Roman. ;)
Die Gesetzgebung baut nur auf die Selbstbestimmung des Menschen und das Recht auf Krankheit. Wenn diese Menschen dann noch obdachlos werden, haben diese Erkrankten keine Chance. Mit dem reformierten Betreuungsgesetz ab 01.01.2023 sind die Hürden einer Betreuung und einer Unterbringung nach Betreuungsrecht noch höher gesetzt. Viel Leid der Erkrankten und deren Angehörigen würde vermieden, wenn schneller gehandelt werden würde. Ich sehe auch ein Problem darin, dass die Patienten zu früh aus den Kliniken entlassen werden. Oftmals landen die Patienten in Obdachlosenunterkünften. Wo bleibt hier die Nachsorge? Da gibt es keine sozialpsychiatrischen Dienste oder Sozialarbeiter, die sich um diese Menschen kümmern. Gerade bei dieser Erkrankung gibt es verschiedene Formen.
Final scheiterte er im Studium.
Von heute auf morgen trennte er sich – nach sechs Jahren Beziehung – per WhatsApp von mir. Jedes persönliche Gespräch mit mir verweigert er. Er verkauft all sein Hab und Gut. Große Werte und kleine. Seinen landwirtschaftlichen Betrieb hat er innerhalb von Tagen aufgegeben. Als Student ist er exmatrikuliert.
Die Polizei hat ihn bereits mehrere Male gesucht und in verwirrtem Zustand aufgegriffen. Beim ersten Mal habe ich ihn abgeholt. Ich habe ihn kaum wiedererkannt. Große Pupillen, weit aufgerissene Augen, leichenblass. Ein Schatten seiner selbst. Anschließend hat er mich eine Stunde lang auf das Schlimmste beschimpft. Er gibt allen Menschen und Situationen aus seiner Vergangenheit die Schuld für seinen Zustand. Seinen verstorbenen Eltern, seinen Geschwistern, seiner Familie, mir. Von dem liebevollen, zuverlässigen und erfolgreichen Mann, den ich so sehr liebe, ist nichts mehr übrig. Nur noch Wut, Hass, Groll und Schuldzuweisungen. Er behauptet Dinge, die nachweislich so nicht gewesen sein können. Er ist felsenfest davon überzeugt, als Kind misshandelt geworden zu sein. Später hätte ich ihn vergiftet und manipuliert. Ich hätte die Verantwortung dafür, dass er nach seiner Corona-Erkrankung nicht mehr vollständig genesen ist. Er hat mich bei der Polizei angezeigt. Die konnte keinen Straftatbestand feststellen. Er hat mich beim Familiengericht gemeldet. Hier kommt es demnächst zum Gerichtstermin. Ich weiß, dass ich mich einfach klar abgrenzen und ihm den Rücken kehren müsste. Aber ich kann es nicht. Ich sehe den Mann, den ich seit Jahren liebe. Mit dem ich eine so schöne Zeit verbracht habe. Mit dem ich glücklich war. Er schlägt alles um sich herum kurz und klein und gibt alles auf, was ihm je wichtig war. Nach einem Zusammenbruch war er für drei Tage in der Psychiatrie. Dann hat er sich selbst wieder entlassen. Er denkt, er schafft das alleine. Seitdem fliegt er in der Welt herum, um in irgendwelchen Großstädten auf Parkbänken zu schlafen. Es ist so furchtbar mit anzusehen, wie er sein Leben zerstört. Meine Familie, meine Freunde, meine Kollegen – alle raten mir eindringlich, mich zu lösen. Aber wie kann ich? Ich habe von meinen ohnehin nur 55 Kilo bei 1,62 m Größe in den letzten Monaten sieben Kilo verloren. Ich schlafe kaum noch. Ich bin nicht mehr in der Lage, meine Arbeit so zu machen, wie ich es müsste. Ich habe jeglichen Antrieb verloren. Er hat mir gesagt, er würde mich nicht mehr lieben. Anstatt mich damit abzufinden, denke ich, dass die Krankheit ihm die Gefühle genommen haben. Jede Art von Zuneigung. Mich hält die Hoffnung am Leben, dass er wieder wird. Ich weiß, dass er dafür zu tief drin steckt. Jedes Hilfsangebot lehnt er ab. Ich weiß nicht mehr weiter.
sehr berührt habe ich die Zeilen gelesen.
Uns geht es gerade ebenso mit unserer mittlerweile erwachsenen Tochter. Sie ist gerade in einem akuten Schub und will sich selbst aus der Klinik entlassen.
Sie konnte nur eingewiesen werden, weil sie aus Spaß einen Abschiedsbrief an ihre Freunde geschrieben hatte.
Sie ist abweisend, gibt unserer Familie Schuld für Dinge, die wir nie getan haben und verhält sich äußerst feindselig. Momentan sind die Ärzte an allem Schuld und sie will sich wieder entlassen. Dabei wissen wir, dass sie sich selbst gefährdet.
Es ist zum Verzweifeln. Man hängt an diesem Menschen, den man meint zu kennen. Unsere Psychologin hat uns geraten in Trauerarbeit zu gehen. Es ist nicht die Person, die da spricht und agiert, es ist die Erkrankung, die im Vordergrund steht. Diese Vorstellung hilft uns ein wenig damit umzugehen.
Alles Liebe und Gute für Sie!
Ich wünsche dir viel Kraft. Ich kenne das. Allerdings "nur" mit Beschimpfungen, Erniedrigung und kleineren Dingen – wie, die Luft aus Fahrrädern lassen, etc. Alles Liebe!
Gern werden die Angehörigen und Nachbarn aufgefordert, doch mal ein vertrauensvolles Gespräch zu führen.
Einem nicht krankheitseinsichtigen Menschen wird ein freier Wille attestiert, mit dem er sich dann selbst in aller Ruhe in Gefahr und Unglück begeben, oder – und wie hier – auch zum Unglück der Nachbarn beitragen kann. Meine Angehöriger wird mittlerweile auch gewalttätig, droht mit Mord. Aber schwups – nach einigen Tagen oder Wochen Klinik ist er wieder draußen. Unversorgt schlittert er umgehend wieder in die Psychose.
Sie suchte nach einem besseren Arzt, und ließ sich auf Tabletten umstellen. Wir bemerkten schnell, dass sie sich verändert und kontaktierten den Arzt. Er beruhigte mich und meinte, bei einer Umstellung sei das normal. Und meine Frau sagte, sie nähme alles richtig ein. In einem Brief schrieb sie, dass ihre Gefühle wiederkämen, sie wieder wie früher sei und nicht mehr wie ein Roboter bei der Arbeit, im Haushalt und wg. der 3 Kinder rennen müsse. Aber es gibt kein Zurück - und jetzt ist sie dran.
Zwangseinweisung von mir. Die Kinder und alle Mitmenschen, die da waren, hatten nur noch Angst. Nach einem Ausbruch aus der geschlossenen Psychiatrie hatten wir Angst. Ich schützte meine Kinder. Morddrohungen, Kerzenleuchter über meinen Schädel und Psychoterror über's Handy. Die ganzeFamilie und der Bekanntenkreis sind erschüttert. Sehe keine Zukunft mehr für unsere Beziehung. Und was sie den Kinder in der letzten Zeit angetan hat, geht überhaupt nicht. Es würde den Rahmen sprengen, das alles zu beschreiben. In der Psychiatrie habe ich auch viele friedliche Patienten getroffen, mit denen ich mich friedlich unterhalten konnte.
Polizei und sozialpsychiatrischer Dienst absolut keine Hilfe!
Man wird allein gelassen mit solchen Menschen. Wir haben Protokoll geführt, und über die Hausverwaltung schließlich eine Räumung erwirken können. Er ist endlich ausgezogen. Nach einigen Gerichtsterminen. Er war derart manipulativ und hat gelogen wie sonst was. Der schlimmste Mensch den ich je kennengelernt habe. Ein absoluter Albtraum. Hilfe und Krankheitseinsicht Fehlanzeige. Seine Familie hat ihn kräftig unterstützt. Der Arme. Ich bedaure jeden, der neben solchen Menschen wohnen muss. Ich selbst habe in der Zeit richtig einen Knacks wegbekommen und werde sicher lange brauchen, das alles zu verdauen und zu vergessen. Ganz, ganz schlimm.
Wisst ihr, was die Polizei gesagt hat, als dieser Kranke einmal angegriffen hatte? "Wir haben es nicht gesehen. Jetzt gerade ist er friedlich, deshalb können wir ihn leider nicht mitnehmen". Unglaublich ist das! Man wird als Betroffener mit solchen Typen alleine gelassen. Krankheit hin oder her, das geht langsam zu weit. Dann kann man sich ja bald selber einweisen lassen, weil man immer so schön tolerant gewesen ist und jeden Mist dieser Leute toleriert hat. So ein Schwachsinn einfach nur!
Immer wieder gab es Nachrichten über Schizophrene, die jemanden umgebracht haben. Den eigenen Vater oder die eigene Mutter zum Beispiel. Wie lange mag es dauern, bis dieser Irre in unserem Haus den Befehl bekommt, uns alle umzulegen? Aber ist ja nicht so schlimm! Der ist ja Schuldunfähig, ist eben krank! Der hat es ja gar nicht böse gemeint, als er uns alle abgemurkst hat. Stimmt's? Einfach nur noch zum Kotzen, das Ganze.
Vertraut nicht auf Hilfe vom Staat, die gibt es nämlich nicht. Ich kann es selbst kaum glauben, dass ich so etwas schreibe. Aber sorgt dafür, dass ihr euch im Fall der Fälle selbst verteidigen könnt. Die Hilfe kommt erst dann, wenn ihr im Leichensack endet, aber dann braucht ihr sowieso keine Hilfe mehr.
Schizophrene, Boderliner, Menschen mit Wahnvorstellungen, Psychopathen sind stigmatisiert? Stimmt! Und es gibt - wie man hier anhand zahlreicher Berichte in Erfahrung bringen kann - sehr gute Gründe dafür.
Sollte in meinem Leben mal so einer auftauchen, meine Familie, Freunde oder mich bedrohen, weiß ich jetzt zumindest wie diese Leute ticken, so dass man geeignete Maßnahmen ergreifen kann.
"Denjenigen Schizophrenen, die gewalttätig werden, muss geholfen werden."
Vor allem muss den Opfern der Taten geholfen werden! Im Nachgang muss sichergestellt werden, dass der Täter keine Möglichkeit mehr hat wieder gewalttätig zu werden, so hilft man dem Täter am meisten. Im Weiteren kann man sich dann überlegen, ob es geeignete Therapieverfahren gibt. Das hilft den Opfern aber auch nicht mehr.
Meine Schizophrenie begann, als ich etwa 32 Jahre alt war. Ein Drogenproblem hatte ich nie, das schon einmal vorweg. Ich habe in meinem ganzen Leben keine Droge angefasst. Ich habe nicht einmal eine Zigarette geraucht. Trotzdem hatte ich plötzlich Psychosen und musste in der Psychiatrie auch mehrmals fixiert werden, da ich Dinge aus Wut zerschlagen habe. Dieser Wut lag zugrunde, dass ich mit völligem Unverständnis zusehen muss, wie unsere Gesellschaft nach meinem Dafürhalten immer oberflächlicher und verrohter wird. Ich kann z.B. nicht nachvollziehen, weshalb das Denken an sich so vernachlässigt wird. Warum unserer Gesellschaft der Status Quo ausreichend zu sein scheint. Schon seit meiner frühesten Jugend, war ich ein sehr feinfühliger, sensibler Mensch. Wurde Vegetarier, hatte und habe Fragen nach dem Warum und der Sinnhaftigkeit des Lebens als solches. Ich habe mir immer schon sehr viele Gedanken über Philosophie, Ethik und Moral gemacht. Oft denke ich, dass unsere Gesellschaft eine bessere wäre, wenn diese Dinge mehr Beachtung fänden als Konsum, Geld und Macht. Aber das nur am Rande, um meine Persönlichkeit ein wenig zu erklären.
Glücklicherweise hatte ich immer ein verständnisvolles, liebevolles Netzwerk aus Freunden und Familie, die mich gestärkt und beschützt haben und dies jeden Tag aufs Neue tun. Nein, ich halte mich nicht für gefährlich. Selbst während einer akuten Psychose kann ich Schlecht und Recht sehr wohl unterscheiden und weiß, wo die Grenzen der Menschlichkeit und der des Rechts verlaufen. Ich stelle mir vielleicht vor, das Charles Darwin in Form einer Fliege auf der Fensterbank sitzt und das mein Vater nicht wirklich tot ist, bin mir jedoch sehr wohl im Klaren darüber, dass psychische oder physische Gewalt für mich niemals eine Rolle spielen werden. Diese Frage stellt sich mir aber auch gar nicht. Ich bin und war immer ein völlig gewaltfreier Mensch. Sowohl im "gesunden" Zustand als auch während einer akuten Psychose.
Ich denke, dies ist der Punkt. Menschen haben unterschiedliche Voraussetzungen, was Gewalt und Aggression angeht. Ist man generell ein pazifistisch denkender und fühlender Mensch, so ist dies in einer psychotischen Situation vermutlich nicht anders. Das soll aber keinesfalls heißen, dass es keine gewalttätigen Schizophrenen gibt. Aber ich halte es für falsch zu sagen, dass die Schizophrenie der Grund dieser Gewaltbereitschaft ist. Darüber sollte jeder der hier teilweise sehr radikal schreibenden Kommentatoren ggfs. einmal nachdenken.
Viele von uns sind sehr musisch und haben ein hohes Gerechtigkeitsempfinden, sind Musiker, Wissenschaftler, Sportler, Mütter und Väter oder auch Kinder und Nachbarn. Wir sind Menschen, die ein Recht darauf haben, individuell und respektvoll behandelt zu werden und nicht mit Gewaltverbrechern verglichen zu werden. Denjenigen Schizophrenen, die gewalttätig werden, muss geholfen werden. Ist das nicht möglich, ist es aber auch wichtig, dass der Opferschutz ebenso vehement angewendet wird. Das sehe ich nicht anders als jeder gesunde Mensch, aber ich weigere mich in die Riege der gewalttätigen Schizophrenen eingereiht zu werden, nur aufgrund dessen, dass ich eine Krankheitsgeschichte mit diesen Menschen teile. Mehr aber auch nicht.
Ich danke den Menschen und auch den Kommentatoren in diesem Forum, die uns als Individuen verstehen und versuchen uns zu helfen, ohne sentimental zu sein. Ich freue mich darüber, dass es diejenigen gibt, die versuchen unsere Situation differenzierter zu betrachten als uns lediglich mit "Gefährlich" oder "Ungefährlich zu betiteln. Das würde der "Sache" auch nicht gerecht. Denn so einfach ist es nun einmal nicht.
Danke an diejenigen, die unsere Krankheit als Krankheit wahrnehmen, als Störung, die sehr viele von uns nicht selbst durch z.B. durch Drogenkonsum verschuldet haben, aber dennoch mit diesem Stigma leben müssen. Ihr seid Menschen, die uns Zuversicht und Hoffnung geben auch mit einer solchen Erkrankung ein sinnvolles und erfülltes Leben führen zu können :-)
ich bin sozusagen der, der mit den gewalttätigen Schizophrenen in Kontakt kommt. Ich habe jetzt den zweiten Fall der Sicherungsverfahren (Landgericht, 3 Berufsrichter, 2 Schöffen).
Im ersten Fall setzte der Beschuldigte sich in einem akuten Schub in den Zug und stieg irgendwo aus. Dort schlug er Menschen in der U-Bahn und auf der Straße unvermittelt von hinten. (5 Taten in 2 Tagen kamen zur Anklage. Personen fühlten sich auch später psychisch beeinträchtigt). Es gab keinerlei nennenswerten verbalen Austausch! (Irgendwer hatte dies in den Kommentaren geschrieben. Es geht definitiv ohne).
Im zweiten Fall wurde, wegen Auffälligkeiten, zweimal von Passanten die Polizei um Überprüfung gebeten. Er sollte beide Male auf die Dienststelle mitgenommen werden, wozu er zuerst auch einwilligte, sich aber dann sehr gewaltsam widersetzte. Von einer Tat gab es ein Video. Man sah, wie der Schizophrene erstarrte und dann gewalttätig wurde. Sechs Polizisten und 2 Sanitäter.
Der Gutachter schilderte, dass der Großteil der Schizophrenen nicht gewalttätig sind. Bedeutet aber, dass es auch einen Anteil gibt, der gewalttätig wird. Auch der wird von der Gesellschaft wahrgenommen. Glaub mir, in der Verhandlung geht es zwar um die Schwere der Straftaten (Aĺlgemeingefährdung), aber es geht vor allem darum, wie man helfen kann. Beide Fälle (m, zw. 25-30) hatten keinerlei Unterstützung/Fürsorge durch Familie, und die Medikamenten/Krankheitseinsicht war noch nicht vorhanden.
Was soll man deiner Ansicht nach tun?
PS:
Birgit, ich freue mich, dass du so gut mit deiner Erkrankung umgehen kannst. Ich sehe dieses Glück als harte Arbeit, die du da für dich und dein Umfeld leistest.