Haupt-Autorin des Artikels
Dr. med. Susanne Endres
Fachärztin für Innere Medizin
Denkbar ist fast jeder Inhalt eines Wahns. Besonders häufig sind jedoch Verfolgungswahn und Beziehungswahn. Die Betroffenen glauben z.B. beobachtet und verfolgt zu werden; andere scheinen sich über sie hinter ihrem Rücken zu unterhalten, lustig zu machen u. a.
Genau genommen unterscheidet man verschiedene Wahnformen und Wahnthemen. Während die Wahnformen sich in Art und Entstehung unterscheiden, beziehen sich die Wahnthemen auf konkrete Denkinhalte.
Formen des Wahns
Zu den Wahnformen gehören u. a.:
- Wahnstimmung: Vorstufe des manifesten Wahns. Die Betroffenen spüren, dass "etwas in der Luft liegt", ohne es genauer benennen zu können.
- Wahnwahrnehmung: Reale Sinneswahrnehmungen werden wahnhaft interpretiert und umgedeutet.
- Wahneinfall: plötzlich einschießender wahnhafter Gedanke
- Erklärungswahn: Der Betroffene meint, seine psychotischen Erlebnisse erklären zu können.
- Wahnsystem: ausgearbeitetes Denkgebäude, das sich der wahnhaft Erkrankte errichtet und das den Wahn in sich "logisch" und schlüssig macht
Inhalte des Wahns
Wahninhalte umfassen dagegen ganz konkrete Themen, wobei manche besonders typisch sind und häufig vorkommen.
Wahninhalte sind z. B.:
- Beziehungswahn: Geschehnisse und Äußerungen von Mitmenschen bezieht der Wahnhafte fälschlicherweise auf sich selbst.
- Beeinträchtigungs-/Verfolgungswahn: Der Betroffene fühlt sich von seiner Umwelt benachteiligt, verstoßen oder verfolgt.
- Eifersuchtswahn: wahnhafte Überzeugung von der Untreue des Partners
- Schuld- und Versündigungswahn: Der Betroffene ist fest davon überzeugt, etwas verschuldet oder sich gegen Gott versündigt zu haben.
- Verarmungswahn: subjektive Gewissheit, nicht über ausreichende finanzielle Mittel zu verfügen
- Größenwahn: wahnhafte Selbstüberschätzung und -überhöhung
Charakteristische Wahnthemen
Manchmal kann man von der Thematik aus Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Erkrankung ziehen. Denn auch wenn der Wahn zu den Diagnosekriterien schizophrener Störungen gehört, kommt er auch bei anderen psychischen Erkrankungen vor. Ein ausgeprägter Verarmungswahn z. B. ist häufig bei einer schweren depressiven Episode. Der Größenwahn dagegen ist kennzeichnend für eine Manie. Eifersuchtswahn kann auch infolge einer organischen Hirnschädigung bei Alkoholabhängigkeit auftreten.
Sich ständig angegriffen fühlen – ist das ein Anzeichen für Schizophrenie?
Das hängt ganz davon ab, ob es sich wirklich um eine reale, nachvollziehbare Tatsache handelt oder ob nur der Betroffene das selbst so empfindet. Es kann durchaus sein, dass eine Person z. B. am Arbeitsplatz Mobbing ausgesetzt ist und sich demnach verständlicherweise auch attackiert fühlt. Ist es aber eher der Fall, dass jemand das Verhalten anderer (etwa auch von Fremden) dauerhaft als ungerechtfertigten Angriff empfindet und sogar Freunde und Verwandte, denen von den Ereignissen berichtet wird, diese nicht nachvollziehen können, sollte man hellhörig werden.
Letzteres kann nämlich ein Zeichen von Verfolgungs- oder Beziehungswahn sein, die auch bei Schizophrenie auftreten können. Sprechen Sie die Situation am besten bei Ihrem Hausarzt an. Dieser wird Sie bei Verdacht auch eine wahnhafte Episode an einen Psychiater weiterverweisen, welcher der Sache auf den Grund gehen kann.