Wie sind die Hodensäcke aufgebaut? Wann und wie entwickeln sich hier die Spermien? Mehr dazu in diesem Beitrag, der sich noch im Aufbau befindet.
Funktion der Hoden
Welche Aufgabe haben die Hoden?
Die paarig angelegten Hoden sind die Geschlechtsdrüsen des Mannes. Sie haben zwei wichtige Hauptaufgaben: Zum einen produzieren sie das Hormon Testosteron, welches für die männliche Entwicklung (z. B. Bildung der Geschlechtsorgane und Spermien, Libido, Stimmbruch, Bartwachstum und andere körperliche Veränderungen in der Pubertät) verantwortlich ist; zum anderen entstehen in ihnen die Keimzellen, die zu befruchtungsfähigen Spermien heranreifen. Dieser Entwicklungsprozess heißt Spermatogenese.
Von der unreifen Zelle bis zum fertigen Spermium, das mit dem Samenerguss (Ejakulat) abgegeben wird, vergehen etwa 60 bis 80 Tage. Der Hoden wird in dieser Aufgabe vom sogenannten Nebenhoden unterstützt. Hier reifen die noch unbeweglichen Samen zu mobilen Spermien heran und stehen nach 8 bis 17 Tagen bereit, um mit dem nächsten Samenerguss den Körper zu verlassen.
Anatomie der Hoden
Wie sind die Hoden aufgebaut?
Der Aufbau der Hoden ist perfekt an die unterschiedlichen Aufgaben, welche die Drüsen leisten müssen, angepasst. Kleine Samenkanälchen, in denen die Keimzellen gebildet werden, durchziehen die Drüse. Im umliegenden Gewebe findet die Produktion des Hormons Testosteron statt.
Die in mehreren Hodenhäuten eingebettete Geschlechtsdrüse ist von außen durch eine schützende Haut, den Hodensack umgeben. Eine weitere wichtige Struktur ist der Samenstrang, der die Drüse und den Bauchraum verbindet. Hierüber wird der Hoden mit Nerven, Blut- und Lymphgefäßen versorgt.
Im oberen Bereich der Geschlechtsdrüse befindet sich der Nebenhoden. Dieses tastbare, etwas weichere Gewebe mündet im Samenleiter. Beim Orgasmus wandern die reifen Spermien aus dem Nebenhoden durch dieses schlauchförmige Gebilde und gelangen schließlich in die Harnröhre.
Hoden: Größe, Schmerzen und Co.
Sind meine Hoden zu klein oder zu groß?
Wie auch die Körpergröße ist auch die Größe der Hoden individuell verschieden. Durchschnittlich sind die männlichen Geschlechtsdrüsen jeweils etwa 4 x 3 x 2,5 cm groß. Das sind aber nur Richtwerte und Abweichungen davon durchaus normal. Weicht die Hodengröße aber stark vom regulären Maß ab, ist eine ärztliche Untersuchung beim Urologen angeraten. Denn verkleinerte oder vergrößerte Hoden können ein Zeichen für eine Erkrankung sein.
Sehr kleine Hoden sind z. B. ein Indiz für:
- Klinefelter-Syndrom
- fehlerhafte Spermienentwicklung
- hormonelle Störung
Zu große Hoden können ein Zeichen sein für:
- Hodentumor
- Hodenentzündung
- Nebenhodenentzündung
- Wasserbruch (Hydrozele)
Übrigens, die Menge der Spermien richtet sich nach dem Volumen der Hoden. Das bedeutet, je größer die Drüsen, desto mehr Spermien befinden sich im Samenerguss. Allerdings schließt eine normale Hodengröße beim unerfüllten Kinderwunsch nicht automatisch aus, dass die Spermienproduktion gestört ist.
Bei meinem Baby ist der Hodensack leer. Was bedeutet das?
Mögliche Ursachen für einen oder zwei fehlende Hoden könnten ein Hodenhochstand oder Gleithoden sein. Die Geschlechtsdrüsen entwickeln sich ursprünglich im Bauchraum des noch ungeborenen männlichen Nachwuchses und wandern zwei Monate vor der Geburt nach außen. Normalerweise befinden sie sich beim Neugeborenen gut sichtbar und tastbar im Hodensack (= die Haut, die die Hoden umgibt). Dieser Entwicklungsschritt kann unter Umständen verzögert oder gestört sein. Sehr selten fehlt wirklich ein oder beide Hoden. Sehen Sie derartige Auffälligkeiten bei Ihrem Kind, sprechen Sie Ihren Kinderarzt baldmöglichst darauf an. Er kann weitere Untersuchungen wie z. B. einen Ultraschall des Bauchraums durchführen oder Sie über notwendige Behandlungsschritte informieren.
Ich habe Hodenschmerzen – was kann das sein?
Die Gründe für schmerzende Hoden sind vielfältig. Oft ist nur eine Seite betroffen. Sollten Sie unter Beschwerden leiden, ist ein zeitnaher Termin beim Urologen dringend angeraten. Dieser kann durch eine körperliche Untersuchung, Ultraschall, Urin- und Blutentnahme der Ursache auf den Grund gehen und eine Diagnose stellen. Zu diesen möglichen Diagnosen zählen:
- Hoden- oder Nebenhodenentzündung
- Verdrehung des Hodens oder der Hodenanhängsel (Hodentorsion bzw. Hydatidentorsion)
- Nierensteine
- Hodenbruch
- Muskelzerrung in der Leiste
In einigen Fällen können auch Wasserbrüche (Hydrozele), Krampfadern am Hoden (Varikozele), Sperma-gefüllte Hodenzysten (Spermatozele) und Hodentumore schmerzhaft sein.
Untersuchung der Hoden
Wie sieht der Arzt Auffälligkeiten an den Hoden?
Je nach Beschwerdebild wird der Arzt verschiedene Untersuchungen vornehmen. Die typische Diagnostik zur Abklärung von Erkrankungen der männlichen Geschlechtsdrüsen besteht aus folgenden Maßnahmen:
- körperliche Untersuchung: Im Stehen oder Liegen betastet der Arzt die Hoden und sucht nach Schwellungen oder Verhärtungen des Gewebes. Auch benachbarte Organe werden sorgfältig überprüft; der Nebenhoden, der direkt dem Hoden aufsitzt und der Samenstrang, der zum Hoden führt, werden vorsichtig untersucht.
- Urinanalyse: Durch die Laboruntersuchung einer Urinprobe lassen sich Anzeichen für eine Infektion der Hoden und Nebenhoden finden.
- Ultraschall: Mithilfe eines Ultraschallgeräts lässt sich die Hodengröße und -beschaffenheit darstellen. Diese harmlose und strahlenfreie Untersuchung ist äußerst hilfreich zum Ausschluss eines Hodentumors, Wasserbruches oder Spermatozele.
- Ejakulatuntersuchung: Insbesondere bei unerfülltem Kinderwunsch wird der Samenerguss (=Ejakulat) wortwörtlich unter die Lupe genommen. Auch bei wiederkehrender oder chronischer Entzündung der Prostata kann das Ejakulat Aufschluss über die verantwortlichen Krankheitserreger geben.
Spermienentwicklung
Wie verläuft die Entwicklung der männlichen Keimzellen?
Bevor es in der Pubertät im männlichen Hoden zur Bildung befruchtungsfähiger Spermien (Spermatogenese) kommen kann, muss zuvor eine mehrstufige Entwicklung stattgefunden haben. Die beginnt bereits in der embryonalen Hodenanlage.
Zu den wichtigsten Meilensteinen und Vorläuferstadien dieser Keimzellen-Entwicklung zählen:
- Gonozyten (= fetaler Stammzellen-Pool): nach 8 Schwangerschaftswochen
- Spermatogonien: nach 15 Schwangerschaftswochen
- Adult dark (Ad) Spermatogonien („erwachsener“ Stammzellen-Pool): im Alter von 3 Monaten
- Primäre Spermatozyten (Beginn der Zellteilung = Meiosis): im Alter von 4-5 Jahren
- Spermatogenese: in der Pubertät
Ejakulatuntersuchung
Samenuntersuchung: Was muss ich beachten?
Haben Sie einen unerfüllten Kinderwunsch oder besteht Verdacht auf eine Störung der Spermien, wird Ihr Arzt eine Analyse des Samenergusses empfehlen. Hierfür geben Sie eine Probe Ihres Ejakulats ab, die von Fachleuten unter dem Mikroskop untersucht wird.
Um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, empfiehlt es sich, folgende Regeln zu beherzigen:
- Verzichten Sie für mindestens zwei, besser noch sieben Tage vor der Untersuchung auf Geschlechtsverkehr.
- Vor der Samengewinnung sollten Hände und Genitalien gewaschen und die Blase entleert werden, um eine Verunreinigung des Ejakulats zu vermeiden.
- Achten Sie darauf, dass keine anderweitigen Substanzen wie Bodylotion und Duschgel in den Probenbecher gelangen.
- Das Ejakulat wird zu Hause durch Masturbation gewonnen und in einem vom Arzt bereitgestellten, sterilen Gefäß abgegeben.
- Die Samenprobe sollte körperwarm (z. B. in der Jackentasche) transportiert werden und möglichst rasch in die untersuchende Praxis gebracht werden.
- Verzichten Sie auf Gleitmittel, da es die Spermienqualität beeinträchtigt.
Was genau wird in der Samenprobe untersucht?
Vieles lässt sich bei der sogenannten Ejakulatuntersuchung feststellen. Hierzu zählen die Beschaffenheit, Farbe, pH-Wert, Geruch und die Menge des Samenergusses. Schaut man noch genauer hin, erhält der Untersucher wichtige Informationen über die Spermienqualität: Unter dem Mikroskop kann die Anzahl, Beweglichkeit und Form der Keimzellen beobachtet werden. All diese Faktoren haben einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit des Mannes. Diese detaillierte Analyse der Spermien wird übrigens Spermiogramm genannt.
Entzündungszellen und Spermien-Antikörper
Das Ejakulat besteht aber nicht nur aus den Spermien, sondern auch aus der Flüssigkeit, in der sie schwimmen. Auch hier kann man Interessantes untersuchen: z. B. lässt das Vorhandensein von weißen Blutkörperchen (Leukozyten) auf eine Entzündung schließen, oder gegen Spermien gerichtete Antikörper können die Erklärung für einen unerfüllten Kinderwunsch sein. Weichen die Untersuchungsergebnisse von den Normwerten ab oder besteht Verdacht auf eine Erkrankung, ist eine Wiederholung der Samenanalyse nach einigen Wochen oder Monaten empfehlenswert.
Auffälliges Spermiogramm: Wie sieht es mit der Zeugungsfähigkeit aus?
Übrigens, auch wenn bei Ihnen vielleicht eine reduzierte Anzahl oder wenig aktive Spermien festgestellt wurden, sollten Sie die Familienplanung nicht gleich aufgeben. Denn auch Männer mit nicht ganz optimalem Spermiogramm können durchaus Kinder zeugen. Setzen Sie sich nicht zu sehr unter Druck, vermeiden Sie Stress und haben Sie etwas Geduld. Manchmal löst sich dann das Problem ganz von alleine. Lassen Sie sich ausführlich von Ihrem Urologen oder in einem Kinderwunschzentrum beraten, welches Vorgehen für Sie das beste ist, damit dem Vaterglück bald nichts mehr im Wege steht.
Ejakulatuntersuchung: Was ist das OAT-Syndrom?
Wurde die Samenflüssigkeit wegen unerfülltem Kinderwunsch analysiert, können die Befunde auf das sogenannte OAT-Sydrom hinweisen. Dies ist eine häufige Diagnose bei Unfruchtbarkeit und bedeutet, dass die vorhandenen Spermien zu wenig beweglich, verformt und in zu geringer Zahl vorliegen.
Ursächlich sind genetische oder hormonelle Einflüsse. Darüber hinaus kann das OAT-Syndrom auch die Folge einer Krebsbehandlung oder Hodeninfektion sein. Weitere häufige Gründe für das Krankheitsbild sind:
- genetische Erkrankungen (Androgenitales Syndrom, Kallmann-Syndrom)
- Leberzirrhose
- Steroid-Mißbrauch
- Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion
- Strahlentherapie der Hoden
- Chemotherapie
- Drogen
- Medikamente (Antidepressiva, Spironolacton, Valproinsäure, Allopurinol, Kortison, Antiepileptika, Antibiotika u. a.)
- Krampfadern der Hoden (Varikozele)
- Mumps
- Hodenverdrehung (Hodentorsion)
- Hodenverletzung
- Autoimmunerkrankung mit Bildung von Antikörpern gegen Spermien
- chronische Niereninsuffizienz
- Sichelzellanämie
- Rauchen
- übermäßiger Alkoholkonsum
Je nach Schwere der schädigenden Einflüsse kann sich auch eine Azoospermie entwickeln, d. h. ein vollständiges Fehlen von Spermien.
Keine Spermien im Ejakulat – was nun?
Dass Sie nun auf Nachwuchs verzichten müssen, ist nicht unbedingt gesagt. Es gibt durchaus Erkrankungen, bei denen Spermien vorhanden sind, aber nicht mit dem Ejakulat ausgestoßen werden. Das heißt, die Samenproduktion im Hoden ist intakt, nur die Ausführungsgänge sind stark verengt oder verschlossen.
Im typisch unverständlichen Fachjargon der Mediziner wird das als Verschlussazoospermie bezeichnet. Als Ursache kommen u. a. infrage:
- Nebenhodenentzündung
- Gonorrhoe (Tripper)
- Mukoviszidose
Abhilfe schafft hier die Kinderwunschmedizin: Durch eine Gewebsentnahme aus den Hoden lassen sich zum Teil funktionstüchtige Spermien gewinnen, die anschließend für eine künstliche Befruchtung der Partnerin verwendet werden können.
Zuvor sollten Sie aber mit Ihrem Urologen besprechen, ob eine Operation zur Beseitigung der Engstellen oder Verwachsungen möglich und somit Ihre reguläre Zeugungskraft wiederhergestellt wäre.
Azoospermie ohne Spermienbildung
Neben der Verschlussazoospermie gibt es aber auch andere Gründe für das vollständige Fehlen von Spermien (Azoospermie). Bei den Betroffenen ist nicht nur der Transportweg der Samenzellen aus den Hoden blockiert, sondern es findet keinerlei Spermien-Produktion statt. Als Ursache für diese Störung können u. a. genetische Erkrankungen wie das Klinefelter-Syndrom verantwortlich sein. Oft lässt sich aber auch kein eindeutiger Grund für diesen Defekt feststellen. Zur Familiengründung kann in solchen Fällen z. B. auf Spendersamen zurückgegriffen werden. Lassen Sie sich hierzu von Ihrem Arzt kompetent beraten oder suchen Sie ein Kinderwunschzentrum auf.
Hodenentfernung
Verlust des Hodens – werde ich dann weiblicher?
Nein, nicht wenn nur ein Hoden entfernt wird oder die Entnahme beider Hoden erst nach der Pubertät stattfindet. Der Verlust eines oder beider Hoden hört sich für den Betroffenen natürlich bedrohlich an, ist aber manchmal aus medizinischen Gründen leider nötig. Hinzu kommt die Angst vor dem Verlust der Männlichkeit. Aber hier können wir Entwarnung geben.
OP bei Hodentumor und Prostatakrebs
Eine einseitige operative Hodenentfernung wird z. B. beim Hodenkrebs oder schweren Entzündungen (Hodenabszess) durchgeführt. Männern mit fortgeschrittenem Prostatakrebs wird zum Teil sogar die Abnahme beider Hoden nahegelegt. Bei der Tumorerkrankung der Prostata ist dieses Vorgehen eine Alternative zur medikamentösen Hormontherapie, wird aber recht selten praktiziert.
Höhere Stimme, weiblicher Körperbau und Co.: Folgen der Hodenentfernung?
Wie wirkt sich nun der Verlust eines oder beider Hoden aus? Die Hoden als Produzenten des Testosterons sind für das männliche Erscheinungsbild verantwortlich. Dieser Prozess findet in der Pubertät statt und ist nach dieser Wachstumsphase abgeschlossen. Sollte also zu einem späteren Zeitpunkt eine derartige Operation anstehen, besteht keine Gefahr der Verweiblichung. Sie müssen also keine Veränderung Ihrer tiefen Stimme, des typischen Haarwachstums oder anderer männlicher Merkmale befürchten.
Insbesondere wenn nur eine der Geschlechtsdrüsen entfernt wird, brauchen Sie sich keine großen Sorgen zu machen. Denn der verbleibende Hoden schafft es für gewöhnlich, den Verlust gut zu kompensieren. Ein Testosteronmangel tritt hier nur selten auf und kann, falls es doch zu Defiziten kommt, über testosteronhaltige Arzneimittel ausgeglichen werden.
Absoluter Testosteronmangel: Folgen für Körper und Geist
Testosteron ist ein essenzielles Hormon für den Körperhaushalt. Falls es vollständig fehlt (z. B. als Folge der Entfernung beider Hoden) machen sich oft typische Symptome bemerkbar. Diese sind:
- Hitzewallungen und Schwitzen
- Erektionsprobleme und verminderte Libido
- Größenzunahme der männlichen Brust (Gynäkomastie)
- Einfluss auf die Psyche (Depressionen, Gedächtnisstörung, gesteigerte Müdigkeit und Erschöpfung)
- Osteoporose
- Blutarmut
- erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, koronare Herzkrankheit (KHK), Herzrhythmusstörungen)
Hodenprothese – die Alternative zum Original
Übrigens, auch wenn der Verlust eines oder beider Hoden verständlicherweise ein schwieriges Thema für den betroffenen Mann ist, gibt es Möglichkeiten, zumindest das natürliche Aussehen nachzuahmen. Hodenprothesen aus Silikon, die es in verschiedenen Größen gibt, können im Rahmen einer kleinen Operation in den Hodensack eingesetzt werden und sind somit eine gute Option, die dem Original sehr nahekommt. Dieser Eingriff zählt zum Glück auch zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen und bedarf somit keiner Zuzahlung.
Quellen:
- Schmelz H, Sparwasser C, Weidner W. Facharztwissen Urologie, 3. Auflage (2014). Verlag: Springer.
- Manski D. Urologielehrbuch.de (2015).
- Merkblatt Ejakulatabgabe. Herausgeber: Klinikum der Universität München LMU. www.klinikum.uni-muenchen.de.