Die Hoden werden während der Embryonal-Entwicklung zunächst in der Bauchhöhle gebildet. Dort sollen sie aber natürlich nicht bleiben, denn das wäre auf die Dauer zu warm. Deswegen wandern die Keimdrüsen noch im Mutterleib in den kühleren Hodensack. Zwischen der 28. und 32. Schwangerschaftswoche kommt es normalerweise zum Abstieg. Descensus testis heißt das im Medizinerlatein.
Auf diesem Weg schieben die Hoden jeweils eine Spalte des Bauchfells (Peritoneum) und der inneren Körperfaszie (Fascia transversalis) vor sich her. Die ausgestülpten Gewebespalten, die auch als Scheidenhautfortsatz (Processus vaginalis) bezeichnet werden, legen sich als innere Hüllen um die abgestiegenen Hoden und bilden eine mit geringer Flüssigmenge gefüllte Verschiebeschicht im Hodensack, die zeitlebens bestehen bleibt.
Wenn nicht alles rund läuft
An ihrem bauchhöhlenseitigen Ende verkleben sie normalerweise meist schon vor der Geburt, manchmal aber auch erst zum 2. Lebensjahr. Dadurch wird – wenn alles funktioniert wie vorgesehen – der entstandene Spaltraum wieder verschlossen und das Austreten von Bauchhöhlenflüssigkeit (Wasserbruch/Hydrozele) oder Gewebe- bzw. Organteilen (Leistenbruch) verhindert.
Bei manchen Neugeborenen ist die Auswanderung aus der Bauchhöhle allerdings zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht abgeschlossen und dauert bis ins 1. Lebensjahr an. Vor allem bei Frühgeborenen ist das vergleichsweise häufig der Fall. Dann spricht man von einem physiologischen Hodenhochstand, der zwar ein spätes, aber noch gesundes Ende findet. Nur wenn der Abstieg auch dann noch nicht erfolgt, wird das Ganze behandlungsbedürftig.
auch im Alter von 75 Jahren kann es vorkommen, dass sich der Hoden bewegt oder "wandert", was meist auf Veränderungen in der Muskulatur des Samenstrangs und des Hodensacks zurückzuführen ist. Der Hoden ist durch den Kremastermuskel mit dem Unterbauch verbunden, und dieser Muskel reagiert auf Temperatur, Berührungen und andere Reize.
Der Kremastermuskel reagiert automatisch auf Kälte, Wärme und auch auf mechanische Reize. Selbst im höheren Alter bleibt dieser Reflex aktiv und kann dazu führen, dass der Hoden in den Leistenkanal gezogen wird und „wandert“.
Mit zunehmendem Alter kann die Muskelspannung und Elastizität im Bereich des Unterbauchs und des Hodensacks abnehmen, wodurch der Hoden leichter seine Position verändern kann.
Das Bindegewebe, das den Hoden stützt, wird mit der Zeit schwächer, was ebenfalls dazu führen kann, dass der Hoden leichter „wandert“ oder sich verschiebt.
Wenn das „Wandern“ des Hodens keine Schmerzen oder Beschwerden verursacht, ist es meist unproblematisch. Wenn jedoch Schmerzen oder ein unregelmäßiges Gefühl auftreten, wäre es ratsam, einen Arzt aufzusuchen, um mögliche andere Ursachen wie einen Leistenbruch oder Veränderungen im Hodenbereich auszuschließen.
Viele Grüße, Dr. med. Jörg Zorn