Nein, dieser Mythos ist zwar immer noch verbreitet, aber trotzdem nicht zutreffend. Bettnässen kann viele Ursachen haben. Die häufigste Form, das nächtliche Einnässen ohne vorheriges Trockensein, gilt heute vor allem als eine unkomplizierte Entwicklungsverzögerung.
Das Wiedereinnässen und das Einnässen am Tag wird dagegen häufiger als Zeichen einer unbewussten Verunsicherung des Kindes gedeutet und mit seelischen Problemen in Verbindung gebracht. Suchen Sie sicherheitshalber einen Kinderarzt auf, um den Gründen der unangenehmen und schnell als Belastung empfundenen Situation nachzugehen – und seelische Probleme für Ihr Kind, die es erst aufgrund des Bettnässens und der damit verbundenen Scham entwickelt, zu vermeiden. Diese Kausalität ist nämlich definitiv kein Mythos.
Auf welche Weise können seelische Belastungen zum Bettnässen führen?
Der Erwerb der Blasenkontrolle ist ein Lern- und Reifungsprozess, an dem sowohl körperliche als auch psychische Vorgänge beteiligt sind. Wird die natürliche Entwicklung durch äußere Faktoren gestört, kann dies ein Auslöser des Bettnässens sein.
Psychosoziale Belastungen für das Kind, wie etwa eine zu frühe oder strenge Reinlichkeitserziehung der (gutmeinenden) Eltern, zählen zu derartigen Störfaktoren. Da sich wiederum das Einnässen als solches – vor allem bei entsprechend negativer Reaktion der Eltern – zum psychischen Problem für das Kind entwickeln kann, ist ein Teufelskreis nahezu vorprogrammiert.
Psychische Ursachen spielen beim Wiedereinnässen, wenn also das Kind vorher bereits längere Zeit trocken war, aller Wahrscheinlichkeit nach sogar die Hauptrolle. Häufig lassen sich dann unerwartete Veränderungen im Leben des Kindes damit assoziieren, die es verunsichern oder in seinem Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen. Beispiele dafür sind Familienstreitigkeiten oder sogar eine Trennung der Eltern, aber auch die Geburt eines Geschwisterkinds, der Verlust eines Familienmitglieds oder ein Umzug.
Quellen:
- S2k-Leitlinie: Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen (2015). Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (www.awmf.org).