Meine ganz persönlichen Empfehlungen für Eltern
Viele Eltern fragen sich heutzutage, ob ihr verhaltensauffälliges Kind an ADHS leidet. Die gute Nachricht lautet: Mit hoher Wahrscheinlichkeit nein, denn alle Symptome eines Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) können zeitweise auch bei gesunden Kindern in Erscheinung treten.
Die Bundesärztekammer geht davon aus, dass weit mehr Kinder wegen eines ADHS-Verdachts untersucht werden (ca. 5-15%) als tatsächlich daran erkrankt sind (ca. 3-5%). Mit 300.000 bis 500.000 Betroffenen ist das von der obersten Ärzteinstitution postulierte Ausmaß der ADHS-Erkrankung aber immer noch sehr erheblich. Zunehmend wird die im Kindesalter beginnende Störung auch unter Erwachsenen diagnostiziert.
Liegt es am Druck?
Fachleute wie der Familientherapeut Jesper Juul weisen darauf hin, dass es sich hier auch um ein gesellschaftliches Problem handelt. Kinder und Jugendliche reagieren schneller als Erwachsene auf krankmachenden Druck. Krankmachend kann aber auch ein Lebens- und Erziehungsstil wirken, bei dem es permanent um Ablenkung und Bespaßung geht. Kinder benötigen viel unstrukturierte Zeit, um ihre Selbstständigkeit und Kreativität entwickeln zu können. Und in Kontakt mit den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten zu kommen. Das stärkt das Kind und kann es auch vor der Ausprägung einer ADHS schützen.
Die Diagnose ADHS ist ein zweischneidiges Schwert.
Einerseits ist sie Ausdruck dafür, dass heute zunehmend ein Bedarf an Hilfe und Unterstützung für Kinder (und ggf. deren Eltern) gesehen wird, der früher schlicht negiert wurde. Denn ADHS ist seit über 100 Jahren bekannt und war damals, zumindest was die genetische Disposition betrifft, wohl auch nicht seltener. Andererseits verleitet der „Krankheitswert“ einer medizinischen Diagnose auch leicht dazu, sich auf Defizite und deren therapeutische Versorgung zu konzentrieren statt auf die Rahmenbedingungen. Wie auch immer: Halten Sie sich nicht mit Selbstvorwürfen oder Schuldzuweisungen auf, sondern suchen und finden Sie die Möglichkeiten, das Wohl Ihres Kindes und das eigene zu fördern. Jede Krise birgt die Chance, dass es nachher besser weitergeht als es vorher war.
Die 10 Tipps
- 1. Was Ihr Kind (wie alle Kinder) am meisten braucht, ist Ihr liebevoller und verständnisvoller Umgang mit ihm. Dazu gehört auch ein zärtlicher, bestärkender Körperkontakt. Nehmen Sie Ihr Kind öfter in die Arme. Ihre Liebe und Ihr Vertrauen haben auch eine therapeutische Wirkung. Sie stärken damit das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl Ihres Kindes.
- 2. Fixieren Sie sich nicht auf die Krankheitsaspekte, sondern auf die Fähigkeiten Ihres Kindes. Hüten Sie sich vor Worten wie: „Das kannst Du eben nicht, weil Du krank bist“! Motivieren Sie Ihr Kind stattdessen dazu, seine Potenziale zu entfalten. Wie? Zum Beispiel, indem Sie ihm bei jedem Misserfolg zu verstehen geben, dass Sie seine Bemühungen erkannt haben und wertschätzen, dass aber noch mehr geht.
- 3. Überlegen Sie, ob Sie Ihrem Kind genügend Aufmerksamkeit gewidmet haben. Der Kinderpsychiater Paulus Hochgatterer etwa spricht bei ADHS von einem Aufmerksamkeitsdefizit der Eltern gegenüber ihrem Kind. Sicher keine allumfassende Erklärung für das Phänomen, für das auch eine genetische Veranlagung verantwortlich gemacht wird. Aber ein wichtiger Hinweis zur kritischen Selbstreflexion der Eltern. Nicht, um Schuldfragen zu klären, sondern um zu kindgerechten Lösungen zu kommen.
- 4. Stimmen Sie sich mit den Betreuern im Kindergarten oder in der Schule ab und suchen Sie gemeinsam mit ihnen nach geeigneten Lösungen, falls Probleme auftreten. Bei ausgeprägten Teilleistungsstörungen kann auch das Hinzuziehen ärztlicher bzw. therapeutischer Hilfe sinnvoll sein. In den meisten Fällen sollte für Kinder mit ADHS der Besuch eines „normalen“ Kindergartens oder einer „normalen“ Schule möglich sein. Eine kleine Gruppen- bzw. Klassengröße erleichtert eventuell die Eingliederung und könnte bei der Auswahl einer geeigneten Institution eine Rolle spielen.
- 5. Beachten Sie das erhöhte Unfallrisiko. Für ADHS-Kinder ist es statistisch gesehen sechsfach erhöht. Auch auf der Ungeschicklichkeitsskala rangieren sie häufig im oberen Bereich. Ergreifen Sie deshalb angemessene (nicht übertriebene) Sicherheitsmaßnahmen und reduzieren Sie das Gefährdungspotenzial im Haushalt. Vor allem für Ihr Kind, aber auch für etwaige Kostbarkeiten wie z.B. teure Vasen oder elektronische Geräte. Vermeiden Sie Überreaktionen, falls doch mal was passiert.
- 6. Ihr eigenes Verhalten ist enorm wichtig. Rituale sind für einen strukturierten Tagesablauf ebenso hilfreich wie für die Einhaltung geregelter Schlafenszeiten (z.B. Vorlesen, Gute-Nacht-Lied). Achten Sie dabei auf die spezifischen Bedürfnisse Ihres Kindes und sorgen Sie liebevoll und konsequent für Rahmenbedingungen, die Ruhe und Sicherheit vermitteln und das Ein- und Durchschlafen fördern. Klare Regeln und gemeinsame Absprachen kosten zwar Mühe, helfen Ihrem Kind aber sehr, wenn sie eingehalten werden. Stillsitzen gewaltsam erzwingen zu wollen, ist Quatsch. Unterstützen Sie Ihr Kind stattdessen dabei, seinen Bewegungsdrang in geeigneter Form auszuleben. Sport tut gut, aber auch Ruhephasen sind wichtig. Ungezwungen, versteht sich. Manchmal brauchen bzw. bräuchten nicht nur die Kinder, sondern auch ihre Eltern Hilfe dabei, zur Ruhe zu kommen.
- 7. Suchen Sie nicht krampfhaft nach einem Schuldigen. Viele Eltern von Kindern mit ADHS oder vermutetem ADHS neigen dazu, die Schuldfrage zu stellen. "Was haben wir falsch gemacht?", oder noch beliebter der – oft unausgesprochene – Gedanke, "DU hast etwas falsch gemacht." Es ist zwar richtig, das elterliche Verhalten dem Kind gegenüber kritisch zu reflektieren, aber vermeiden Sie dabei bitte Verurteilungen. Wir alle machen irgendetwas falsch in der Erziehung. Entscheidend ist nicht die Schuldfrage, sondern der Versuch, bestimmte Verhaltensweisen oder Reaktionsmuster zu hinterfragen und ggf. zu ändern.
- 8. Reflektieren und überdenken Sie Ihre dem Kind gewährte Zuwendung und den eigenen Erziehungsstil samt Werten und Zielen in alle Richtungen. Nehmen Sie den Druck raus (der oft unbewusst bzw. unreflektiert aufgebaut wird). Überlegen Sie genau und konsequent, wo Sie einschreiten müssen (z.B. Eigen- oder Fremdgefährdung durch Fehlverhalten) und wo nicht. Üben Sie sich in Gelassenheit und Humor statt in Klage und Verzweiflung. Es mag hart klingen, aber die ADHS-Diagnose ist nicht dafür da, um die Eltern zu entlasten. Entsprechend sparsam sollte damit umgegangen werden. Zunächst muss es darum gehen, die individuellen Umgebungsbedingungen für Ihr Kind zu prüfen. Erst, wenn Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten nicht weiter kommen, sollten Sie sich an einen ADHS-erfahrenen Fachmann wenden.
- 9. Gehen Sie mit dem ADHS-Begriff pragmatisch um. Soll heißen: Es ist gut, wenn Sie erkennen, dass Ihrem Kind geholfen werden muss. Dabei stehen allerdings seine Bedürfnisse und Möglichkeiten im Vordergrund, nicht die Etikettierung mit einer Diagnose. ADHS bezeichnet ein komplexes Störungsbild, für das es keinen „beweisenden“ Befund gibt. Statt auf objektiven Kriterien wie etwa bestimmten Messwerten oder Organdefekten fußt die Diagnose maßgeblich auf Angaben und Wahrnehmungen von Bezugspersonen des Kindes, also vor allem von Ihnen. Gleichwohl gehören zu einer kompetenten ADHS-Diagnostik umfassende Untersuchungen, auch zum Ausschluss anderer Erkrankungen.
- 10. Eine Behandlung mit Methylphenidat (v.a. bekannt als Ritalin) ist, wenn überhaupt, nur als Teil einer therapeutischen Gesamtstrategie empfehlenswert, nicht aber als alleinige Behandlung. Und natürlich erst nach einer ausführlichen Beratung der Eltern. Nur in schweren Fällen mit sehr starker ADHS-Symptomatik und hohem Leidensdruck kommt eine medikamentöse Therapie frühzeitig in Betracht. Ansonsten sind zunächst verhaltenstherapeutische Maßnahmen vorzuziehen.
Noch ein Extra-Tipp: Sorgen Sie für eine gesunde Ernährung Ihres Kindes. ADHS wird zwar nach gegenwärtigem Kenntnisstand weder durch bestimmte Nahrungsmittel, Zucker, Zusätze oder Konservierungsstoffe ausgelöst, noch durch Unverträglichkeiten oder Allergien. Dennoch ist die Bedeutung einer ausgewogenen Vollwertkost nicht zu unterschätzen – auch auf die Psyche.
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