Das Trockenwerden zählt zu den Disziplinen, über die Eltern im „Erfolgsfall“ häufig gerne stolz berichten – und andernfalls lieber schweigen. Was nicht unbedingt das Wissen in der Bevölkerung mehrt, ab wann und in welchen Formen das Bettnässen (oder auch ein anderes Problem mit dem Wasserlassen) als behandlungsbedürftiger Zustand zu betrachten ist.
Grundsätzlich sollten Sie sich immer an den Kinderarzt wenden, wenn Sie beunruhigt sind oder sich der Situation nicht gewachsen fühlen. Weitere Anhaltspunkte für die Notwendigkeit zum Arztbesuch sind:
- Bettnässen oder Einnässen im Alter von 5 Jahren oder darüber (über länger als 3 Monate, dabei mindestens zweimal im Monat)
- Wiedereinnässen nach längerer Trockenphase
- Einnässen tagsüber in die Hose
- Wasserlassen häufiger als 7-mal am Tag
- Warten und Pressen sowie Unterbrechungen des Harnstrahls beim Wasserlassen
- Schmerzen beim oder kurz nach dem Wasserlassen
- strenger Geruch des Urins
- gleichzeitig Verstopfung oder fehlende Kontrolle über den Stuhlgang
- häufige Harnwegsinfektionen
Welche Fragen stellt der Kinderarzt?
Zwar ist Bettnässen in den meisten Fällen eher harmloser Natur. Aber allein, um auf Nummer sicher zu gehen, ist es bei längerem Anhalten des Problems trotzdem sehr sinnvoll, den Kinderarzt oder die Kinderärztin zu Rate zu ziehen. In der Praxis werden Sie dann wahrscheinlich zunächst ausführlich befragt, was für die Einordnung des Problems ganz wichtig ist.
Falls Sie ein wenig vorbereitet sein wollen, haben wir hier die häufigsten Fragen aufgelistet:
- Wie oft nässt Ihr Kind ein?
- Schläft Ihr Kind tief? (bei nächtlichem Einnässen)
- Gibt es Auffälligkeiten beim Wasserlassen (z.B. Harndrang, Verzögerungen, geringer Harnfluss)?
- Kommt es zum unfreiwilligen Harnabgang (z.B. beim Niesen)?
- Wie wurde das Sauberkeitstraining bisher durchgeführt?
- Sind bereits Behandlungsmaßnahmen erfolgt?
- Nimmt Ihr Kind irgendwelche Medikamente (z.B. Diuretika zur Entwässerung) ein?
- Hatten bereits Sie als Eltern oder andere nahe Verwandte Probleme mit dem Trockenwerden?
- Hat Ihr Kind irgendwelche körperlichen oder seelischen (Begleit-) Probleme?
- Gibt es familiäre oder andere Belastungen, die Ihr Kind aus seiner Perspektive belasten könnten (z.B. Trennungssituation, neues Geschwisterchen, Umzug etc.)?
Wie wird diagnostisch bei Bettnässen vorgegangen?
Wenn Sie mit Ihrem bettnässenden Kind den Arzt aufsuchen, besteht die erste diagnostische Maßnahme in einer ausführlichen Befragung. Dabei geht es um das beobachtete Beschwerdebild, das Verhalten von Kind und Eltern, die familiäre Situation und sonstige möglicherweise relevante Begleitumstände inklusive Medikamenteneinnahme. Das kann durchaus persönlich werden, muss es aber auch, wenn man der Ursache auf die Spur kommen will.
Im nächsten Schritt wird der Kinderarzt Ihren Sprössling körperlich untersuchen. Eine Harnprobe, seltener eine Blutentnahme kann mitunter notwendig ein. Zum sicheren Ausschluss einer körperlichen Fehlbildung dient die Ultraschalluntersuchung der Nieren und Harnwege. Auch Grunderkrankungen wie Diabetes müssen als Ursache ausgeschlossen werden.
Intensivere Gerätediagnostik nur bei starkem Verdacht einer körperlichen Ursache
In manchen Fällen kann auch eine stationäre Aufnahme zur allgemeinen Abklärung sinnvoll sein, um der Störungsursache in Ruhe auf den Grund zu kommen. Dabei werden psychologische Zusatzuntersuchungen und Verlaufsbeobachtungen durchgeführt sowie in einem 24-Stunden-Protokoll die Häufigkeit des Wasserlassens und die Urinmenge erfasst.
Bei (den seltenen) Hinweisen auf eine organische Erkrankung kommen weitere diagnostische Schritte in Betracht. Dazu zählen seltsam klingende Untersuchungen wie Miktionscystourographie, Beckenboden-EMG und Uroflowmetrie. Im Zweifel dienen sie auch der Sicherheit: Denn werden Fehlbildungen des Harntrakts oder chronische Entzündungszustände über Jahre nicht erkannt, können sie zu einer lebensbedrohlichen Zerstörung der Nieren führen. Aber wie gesagt, solche Fehlbildungen sind die seltene Ausnahme.
Quellen:
- S2k-Leitlinie: Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen (2015). Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (www.awmf.org).