Neurogene Schmerzen gehen unmittelbar vom geschädigten Nervensystem aus (Neuron = Nervenzelle). Sie kommen bei Multipler Sklerose relativ häufig vor und sind auch unter dem Begriff neuropathische Schmerzen bekannt.
Missempfindungen durch gestörte Nervenleitungen
Ursächlich für die neurogenen Schmerzen sind Schädigungen schmerzleitender Nervenfasern oder schmerzverarbeitender Nervenzellen. Im Falle der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose entstehen diese Entzündungsherde vor allem im Zentralnervensystem (ZNS bzw. im Gehirn und/oder Rückenmark).
Durch die Schädigungen können sowohl der Empfang, die Verarbeitung als auch die Weiterleitung verschiedener Reize (Schmerz, Wärme, Kälte etc.) unterbrochen oder sogar dauerhaft gestört sein. Das kann dann dazu führen, dass "harmlose" Reize plötzlich anders wahrgenommen werden und beispielsweise leichte Berührungen oder Kälte auf einmal als unangenehm und sogar schmerzhaft empfunden werden.
Wahrnehmungsstörungen sind vielfältig
Die neurogenen Schmerzen können inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich zu Tage treten. Der Schmerzcharakter reicht von kribbelnd und elektrisierend bis zu brennend, stechend und einschnürend. Auch die Schmerzintensität wird immer wieder als sehr wechselhaft beschrieben.
Neurogene Schmerzen im Rahmen der MS können sich u. a. folgendermaßen äußern:
- als brennende oder kribbelnde Missempfindungen ("Ameisenlaufen" der Beine und Füße)
- als impulsartige, einschießende Gesichtsschmerzen (Trigeminusneuralgie)
- als elektrisierendes Gefühl, das beim Beugen des Nackens durch den ganzen Körper zieht (Lhermitte-Zeichen)
- als stechende Schmerzen bei Augenbewegungen (bei einer Sehnervenentzündung, Optikusneuritis)
- als Einschnür- oder Schwellungsgefühl der Gelenke oder des Brustkorbs ("Panzergefühl")
Schmerzen richtig behandeln
Das Problem bei den neurogenen Schmerzen ist, dass sie sich nicht selten als chronische Begleiterscheinung der Multiplen Sklerose manifestieren – und zwar mal mehr, mal weniger präsent. Bei manchen Betroffenen treten neuropathische Schmerzen gerne auch mal nachts, nach körperlicher Anstrengung oder bei einem Temperaturwechsel verstärkt auf.
Die Behandlung neurogener Schmerzen stellt bei der MS oft eine große Herausforderung dar, da herkömmliche Schmerzmittel (z. B. Ibuprofen, Paracetamol) in der Regel nicht ausreichend helfen. Häufig werden stattdessen Antiepileptika und Antidepressiva verordnet.
Oberstes Gebot sollte aber sein, den Betroffenen (neben einer gut eingestellten immunmodulatorischen Basistherapie) ein individuelles, ganzheitliches Behandlungskonzept anzubieten. Dieses kann neben der klassischen Physiotherapie auch Akupunktur oder Entspannungsmethoden wie Qigong beinhalten. Sprechen Sie Ihren Neurologen direkt auf die verschiedenen Therapieansätze an, und lassen Sie sich ausführlich beraten.