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Wenn man unter "vollständiger Heilung" versteht, dass Ernährung und Gewicht sich normalisieren und eine normale Lebenserwartung besteht, stehen die Chancen relativ gut. Etwa 70-80% der jugendlichen Magersüchtigen finden den Weg aus der Ess-Störung heraus – wenn sie denn adäquat behandelt werden. Und um so früher die Therapie beginnt, um so besser ist nachweislich die Prognose.

Wenn man unter "vollständiger Heilung" hingegen versteht, dass Essen eine völlig entdramatisierte, normale Rolle im Leben spielt, dann ist das eher eine Illusion. Menschen mit Magersucht behalten auch nach überstandener Erkrankung meist ihr Leben lang ein "spezielles Verhältnis" zum Essen. Sie achten mehr als andere Menschen auf das, was sie essen und wie viel sie essen. Das ist aber auch okay, entscheidend ist ja, was man faktisch daraus macht. Die eigentliche Magersucht kann dann also trotzdem als geheilt angesehen werden.

Bei einem Fünftel der Betroffenen gelingt keine Heilung

Es gibt aber leider auch ungünstige Verläufe. Bei etwas über 20% der magersüchtigen Patienten bleibt das Problem chronisch bestehen oder es kommt immer wieder zu Rückfällen. Häufig wird dann aus der Magersucht auch eine Bulimie, also eine "Ess-Brech-Sucht". Etwa 5% aller Menschen mit Magersucht sterben an ihrer Erkrankung. Ohne angemessene Behandlung sogar 10-15%.

Neben einer zu spät einsetzenden Behandlung sind Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf vor allem ein sehr früher Beginn der Erkrankung (vor dem 11. Lebensjahr), ein sehr niedriges Gewicht zu Therapiebeginn oder auch ein sehr später Beginn (im jungen Erwachsenenalter oder noch später).

Das alles verdeutlicht, wie wichtig es ist, die frühen Warnzeichen für eine Magersucht erstens wahrzunehmen und zweitens ernst zu nehmen.

Haben Sie eine Frage? Dann stellen Sie sie gern und wir versuchen zu antworten. Haben Sie eigene Erfahrungen oder eine andere Meinung? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar (bitte Regeln beachten)

Kommentare  
Heilung ist keine Illusion
Wie schon in einem anderen Kommentar unter diesem Artikeln erwähnt, muss auch ich der Aussage widersprechen, dass eine absolute Heilung im Sinne der Entdramatisierung und Normalisierung des Themas „Essens“ eine Illusion sei.

Ich kann nur aus meiner Sicht erzählen und ich kann auch verstehen, wenn der Konsens in der Medizin meiner Meinung widerspricht, einfach weil bei so vielen psychischen Krankheiten gesagt wird, es sei für immer.

Nur zu oft habe ich zu hören bekommen „Es wird nie ganz verschwinden, aber du wirst lernen, damit zu leben.“ Nach einem Jahre langem Kampf, der mit 16 Jahren begann, kann ich nun sagen: „Es ist vorbei.“ Ich kann in den Spiegel sehen und es nicht quälend oder ok, es ist schön. Ich kann essen und es ist einfach nur Essen, es ist kein wichtiges Thema oder Drama. Und das wichtigste: Ich sehe zurück und sehe es, wie es ist: eine Krankheit. Ich war krank und alte Bilder zu sehen, macht mich traurig… nicht stolz auf das damalige Gewicht und auch nicht mehr sehnsüchtig nach der damaligen „Kontrolle“.

Der Mensch ist wandelbar, mehr als man glaubt. Persönlichkeiten wachsen, lernen und, ja, sie heilen auch. Wieso soll ein falsch erlerntes Verhalten für immer sein, eine Korrektur aber nicht?
Es ist schwer und es kostet Zeit und Kraft. Es sind alles Schritte, die ein Mensch alleine gehen muss. Niemand wird für dich leben, deinen Selbstwert aufbauen und dir deine Prinzipien und Werte geben oder nehmen.
Aber jeder Mensch hat die Fähigkeit, es für sich zu tun.

Das fatale bei solchen Krankheiten: Man sieht nicht, wie viele Fortschritte man macht, so lange man noch krank ist. Es gibt kein Röntgenbild, was einem zeigt, wie weit die Psyche wieder verheilt ist.
Irgendwann hat man einen Moment, da wird einem ganz plötzlich klar, etwas ist anders. Aber dieser Moment ist nicht zu planen. Man kann nur hoffen und immer wieder aufstehen.

Jeder Mensch erreicht ihn anders. Ich musste durch zwei klinische Aufenthalte, zwei gescheiterte Studiengängen und viel ambulante Therapie, aber es hat sich gelohnt.

Jeder Mensch hat verdient ein Leben ohne Leid zu leben. Und es gibt kein Maß an Leid, was akzeptabel ist, es gibt keine Grenze, die überschritten werden muss. Es gibt dich und ab dem ersten Moment deines Lebens hast du es verdient glücklich zu sein, auch dafür um Hilfe zu bitten und diese zu bekommen.

Egal wie klein du dein Leid redest, wenn du leidest such dir bitte Hilfe, es gibt sie und du darfst sie annehmen.

Sarah
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Kommentare: Archiv

Meine Magersucht
Freitag, den 11. Oktober 2019 um 16:28 Uhr, Sara
Ich war 11, als ich magersüchtig wurde. Mein Kampf dauerte 2 Jahre, und ich hatte 3 Rückfälle. Jetzt bin ich 14, und habe viel daraus gelernt. Ich war 3 Mal in einer Psychiatrie und 1 Mal im Kinderheim. Damals wog ich - bei einer Größe von 150 cm - 28 kg. Heute bin ich gesund und wiege - bei einer Größe von 154 cm - 44,5 kg. Ich drücke allen Erkrankten fest die Daumen. Viel Glück! Ihr schafft das!

Magersucht heilen können
Freitag, den 06. September 2019 um 08:18 Uhr, Janna
Hallo ihr Lieben, Ich selber bin mit 14 Jahren an Magersucht erkrankt und hatte einen längeren Krankheitsverlauf. Ich bin heute 21 Jahre alt und gesund. Ich muss dem Artikel widersprechen und Mut machen, denn mein Verhältnis zu Essen ist völlig normal. Es ist selbstverständlich in mein Leben integriert und keine Lösung bei Stress oder Problemen mehr. Ich esse worauf ich Lust, Hunger und Appetit habe! Darüber hinaus ist mein Leben auch wieder lebenswert und voller Energie, es gibt Höhen und Tiefen, wie bei jedem aber das ist das Leben und ich bin unglaublich froh wieder zu 100 Prozent daran teilzunehmen. Also lasst euch nichts einreden, eine Genesung ist vollständig möglich! Kämpft dafür, es lohnt sich!!

Eine mitfühlende Antwort an Silvia, Mama von Samira
Montag, den 21. August 2017 um 14:40 Uhr, Julia
Liebe Silvia, Ihr Kommentar hat mich tief bewegt. Denn auch ich musste, wie Ihre Tochter, in meiner schlimmen Magersucht-Phase im Alter von 16 Jahren zusätzlich ernährt werden. Durch eine Magensonde. Das war 2011. Seitdem hat sich mein Gewicht stabilisiert, mein Essverhalten sowie mein Körpergefühl sind nicht mehr krankhaft, aber nach wie vor speziell. Doch jede Mahlzeit ist heute (wieder) ein Genuss für mich. Bewegung bereitet mir ebenso wieder Freude. Ich möchte Ihnen damit sagen, dass sich alles zum Guten wenden kann, auch wenn die Ohnmacht und Hilflosigkeit in dieser bedrohlichen Zeit schier unerträglich sind. Es ist gut, dass der Zustand Ihrer Tochter ernstgenommen wird und sie in ärztlicher Behandlung ist. Das ist leider auch nicht selbstverständlich. ich hoffe inständig, dass Ihre Tochter ihren Weg findet, die schlimmste Hürde der Magersucht zu überstehen und danach zu bestehen. Sie als Mutter benötigen beinahe unmenschlich viel Kraft in diesem einschneidenden Lebensabschnitt. Doch es gibt Hoffnung: Wenn "es" überstanden, die anfänglichen Rückfälle sowie die (in fast allen Fällen dramatischen) Streitereien gemeistert sind, kann daraus eine unglaubliche Nähe zwischen Mutter und Tochter entstehen. Ich wünsche Ihnen Hoffnung, Mut, Kraft, Zuversicht, Halt, Verständnis und ganz viel Glück... Herzensgrüsse von einer Ex-Betroffenen, Julia

meine Tochter Samira
Donnerstag, den 17. August 2017 um 06:18 Uhr, silvia
Weiß nicht wie ich anfangen soll, bei meiner Tochter kam es letztes Jahr aber noch nicht so schlimm wie heute, sie ist bei 49 Kilo ihre, Flora ist kaputt. Sie isst, aber kann von Woche zu Woche nichts halten. Sie ist zur Zeit in einer Tagesklinik. Wir hatten gestern ein Gespräch, sie muss stationär aufgenommen werden, nach Oldenburg oder Wichenstift. Sie wird jetzt einen speziellen Drink bekommen, wo sie nicht mehr abbaut. Ich als Mama finde es grausam, sein Kind so in den Zustand zu sehen. Ganz ehrlich, man hat Angst, dass sie stirbt.

Autor unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. med. Jörg Zorn, Arzt / medizinischer Fachautor

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Dr. med. Jörg Zorn
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