Worauf muss man bei Einnahme von Abführmitteln achten? Gibt es besondere Risiken? Mehr dazu in diesem Kapitel. Im Menü finden Sie weitere Beiträge.
Wirkung
Wie helfen Abführmittel bei Verstopfung?
Es existieren ganz verschiedene Wirkmechanismen, je nachdem, welches Präparat Sie anwenden.
Viele Wege führen zum Ziel
Einige stimulieren die Darmbeweglichkeit, andere binden Wasser und Elektolyte an sich. Der Darminhalt wird folglich weicher und nimmt an Volumen zu. Wiederum andere Präparate fördern zusätzlich den Einstrom von Wasser und Elektroyt-Salzen in das Darminnere. Auch die Gleitfähigkeit des Stuhlganges kann durch bestimmte Arzneimittel gebessert werden.
Ein weiterer Effekt ist die Förderung des Defäkationsreflexes (der Darm entleert sich reflexartig, wenn eine größere Menge Stuhl in den Enddarm gelangt).
Synthetische und pflanzliche Abführmittel
Welche Abführmittel gibt es?
Zahlreiche unterschiedliche Präparate befinden sich auf dem Markt. Und alle bringen auf eine etwas andere Weise die Verdauung wieder in Gang.
Einläufe und Gleitmittel
Einläufe oder Klistiere (z.B. mit Gleitmitteln wie Paraffin oder Glyzerin) werden über den Enddarm eingeführt. Die Wirkstoffe kleiden den Darm mit einem Film aus und die zugeführte Flüssigkeit fördert den Entleerungsreflex.
Salze
Abführmittel wie Glaubersalz, Bittersalz oder Karlsbader Salz binden Wasser an sich und fördern so die Darmentleerung nach einigen Stunden.
Quellmittel
Quellende Wikstoffe zählen zu den schonendsten Abführmitteln. Weizenkleie, Flohsamen und Leinsamen sind berühmte Vertreter dieser Gattung.
Viel zu trinken ist besonders wichtig, denn sonst wirken sie nicht. Die pflanzlichen Produkte binden Wasser an sich und quellen im Darm auf. Der Darminhalt wird dadurch gleitfähiger und der Toilettengang sanft erleichtert.
Allerdings ist etwas Geduld gefragt, denn sie wirken nicht sofort. Eine regelmäßige, vorbeugende Anwendung bringt den größten Erfolg.
Macrogol
Auch dieses abführende Arzneimittel wird häufig angewandt. Sein Effekt beruht auf der Bindung von Wasser.
Zuckerstoffe
Zucker wie Lactulose und Sorbit binden ebenso Flüssigkeit, wirken aber nur bei leichter Verstopfung und können Blähungen als unangenehmen Nebeneffekt mit sich bringen.
Stimulantien
Die Medikamente Bisacodyl (Dulcolax®) und Natriumpicosulfat (Laxoberal®) zählen genauso wie pflanzliche Präparate mit Sennesblätter und Aloe zu den Stimulantien. Sie verhindern, dass Wasser und Elektrolyte von der Darmschleimhaut aufgenommen werden und fördern deren Einstrom zurück ins Darmlumen. Zusätzlich steigern sie die Darmbeweglichkeit. Mit der Zeit kann es allerdings zu einem Gewöhnungseffekt kommen. Das heißt, die Abführmittel wirken nicht mehr ausreichend.
Bisacodyl kann übrigens auch als Klistier über den Enddarm gegeben werden.
Prokinetika
Insbesondere auf die Darmmotilität wirken Prokinetika. Der Wirkstoff Prucaloprid (Resolor®) bringt den Darm wieder auf Trab und hilft, wenn andere abführende Maßnahmen versagt haben.
Wirken pflanzliche Abführmittel aus Sennes oder Aloe milder als synthetische?
Nein! Wenn es um Abführmittel geht, sind pflanzliche Mittel wie Sennes oder Aloe keine sanftere Alternative zu synthetischen Medikamenten. Denn ihre Wirkung beruht ganz ähnlich wie bei vielen synthetischen Abführmitteln auf einer chemischen Reizung der Darmwand.
Anthrachinone wirken abführend
Sennesblätter/-früchte und Aloe enthalten sogenannte Anthrachinone. Auch in anderen Pflanzen kommen diese Stoffe vor, z.B. in der Faulbaumrinde, der Cascararinde und der Rhabarberwurzel. Diese Pflanzen sind aber weniger gebräuchlich.
Wie wirken Anthrachinone?
Die Anthrachinone werden im Darm in ihre wirksame Form umgewandelt. Dort reizen sie die Darmwand, sodass sich der Darm häufiger zusammenzieht. Dadurch bleibt mehr Wasser im Darm, und der Darminhalt wird weicher. Außerdem wird der Darm schneller gefüllt. Das führt wiederum dazu, dass die Darmwand gedehnt wird. Für den Körper ist das das Signal: Jetzt soll der Darm entleert werden. Damit sind die gewünschten Effekte erreicht, und es klappt wieder besser mit dem Stuhlgang.
Aloe und Sennes reizen die Darmschleimhaut
Ähnlich funktionieren auch die chemischen Abführmittel Dulcolax® und Laxoberal®. Allerdings sind es gerade die pflanzlichen Mittel, die die Darmschleimhaut besonders stark reizen. Das gilt vor allem für Aloe. Sennesblätter und -früchte sind etwas milder. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat die Anwendungsdauer von anthranoidhaltigen Arzneimitteln ausdrücklich auf zwei Wochen beschränkt. Zudem sollten Sie sich strikt an die Dosierungshinweise im Beipackzettel halten. Für Schwangere und stillende Mütter sind diese Mittel komplett tabu.
Daher gilt:
Gehen Sie vorsichtig und sorgsam mit Abführtees, Früchtewürfeln oder anderen Arzneimitteln um, die Sennes, Aloe usw. enthalten. Und nehmen Sie – wenn überhaupt – diese Arzneimittel nicht dauerhaft zu sich.
Einnahmetipps
Kann ich Abführmittel zusammen mit Speisen und Getränken nehmen?
Grundsätzlich ist es ratsam, Abführmittel nicht zusammen mit Milchprodukten zu einzunehmen (das gilt übrigens für viele Medikamente). Am besten ist es, Sie schlucken die Mittel mit Wasser. Vor allem zu Quellstoffen sollten Sie genügend Flüssigkeit zu sich nehmen, sonst bilden sich möglicherweise Klumpen, die die Verstopfung verstärken.
Zu viel Lakritze kann den Kaliumspiegel senken
Vorsicht ist bei Produkten geboten, die Glycyrrhizin enthalten. Dazu gehört vor allem Lakritze. Glycyrrhizin beeinflusst die Hormonproduktion der Nebenniere und damit auch den Elektrolythaushalt. Wenn Sie viel Lakritze essen, kann es sein, dass der Körper Kalium verliert (Experten gehen davon aus, dass das – je nach Sorte – schon ab einem Verzehr von 50 bis 100 Gramm Lakritze täglich passieren kann). Wird dieser Effekt durch Abführmittel noch verstärkt (das gilt vor allem, wenn Sie die Mittel zu lange oder in zu hohen Dosen nehmen), kann es u.a. zu Herzrhythmusstörungen kommen.
Nebenwirkungen
Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Diverse Nebenwirkungen können von abführenden Substanzen ausgehen. Je nach Präparat kann der Mineralien- und Wasserhaushalt aus dem Gleichgewicht geraten. So kann z.B. ein Kaliummangel die Folge sein. Auch ist ein Gewöhnungseffekt keine Seltenheit, besonders wenn die Arzneimittel oder pflanzlichen Präparate dauerhaft eingenommen werden.
Von Quellstoffe wie Leinsamen oder Flohsamen geht kaum eine Gefahr an Nebenwirkungen aus, vorausgesetzt, Sie trinken ausreichend dazu.
Krebsgefahr durch Abführmittel
Studien haben gezeigt, dass Menschen, die dauerhaft Abführmittel nehmen, häufiger an Krebs erkranken als andere. Aber Vorsicht! Wie bei vielen Studien ist es wichtig, genau hinzuschauen. Denn unklar bleibt, ob das Krebsrisiko tatsächlich mit den Abführmitteln zusammenhängt, oder ob die Übeltäter nicht eher andere sind.
Krebsrisiko
Darmkrebsursachen: Abführmittel oder das, was uns zu Abführmitteln treibt?
Es ist nämlich so: Statistisch gesehen greifen vor allem die Menschen zu Abführmitteln, die sich nicht genügend bewegen, zu wenig Obst und Gemüse, dafür aber umso mehr Fett und Fleisch essen. Es kann also gut sein, dass es dieser Lebensstil ist, der letztlich zum Krebs führt – und dass die Abführmittel dabei gar keine oder eine wesentlich geringere Rolle spielen.
Abführmittel sollten nicht zur Gewohnheit werden
Und noch etwas: Sie sollten Abführmittel als Selbstmedikation sowieso nur im Einzelfall und höchstens ein bis zwei Wochen lang verwenden. Eine Ausnahme sind sogenannte Abführhilfen wie Flohsamen oder Leinsamen, sie schaden auch bei Dauergebrauch nicht und sind nicht krebserregend.
Wenn Sie sich daran halten, müssen Sie sich sicher keine Sorgen machen, aufgrund von Abführmitteln an Krebs zu erkranken.
Sind pflanzliche Abführmittel gefährlicher als synthetische?
Wenn überhaupt, dann sind es am ehesten die pflanzlichen Abführmittel, die mit der Zeit krebserregend wirken. Das mag überraschen, aber Pflanzen sind eben nicht immer die mildere Variante. Im Fokus stehen hier die sogenannten Anthrachinone. Sie sind in Pflanzen wie Sennes, Faulbaumrinde oder Rhabarberwurzel enthalten. Nach Angaben des Krebsinformationsdienstes gelten sie als krebsverdächtig.
Aloe im Verdacht
Die Internationale Krebsforschungsagentur hat vor allem Aloe-Produkte im Blick. Sie seien „möglicherweise krebsauslösend“. Die entsprechenden Studien basieren allerdings auf Tierversuchen. Deshalb drücken sich die Organisationen sehr zurückhaltend aus.
Abhängigkeit
Was kann ich tun, wenn ich nicht mehr ohne Abführmittel auskomme?
Die meisten Abführmittel sollten Sie ohne Rücksprache mit dem Arzt nicht länger als ein bis zwei Wochen nehmen. Wenn Sie nicht mehr ohne Abführmittel auskommen, kann das daran liegen, dass sich der Darm an die Mittel gewöhnt hat und selbst etwas faul geworden ist. Dann müssen Sie ihn wieder langsam dazu erziehen, selbstständig Stuhlgang auszulösen.
Abführmittel ausschleichen
Am besten gelingt das, indem Sie die Abführmittel schrittweise reduzieren. Falls Sie Tabletten nehmen, bietet es sich an, auf Tropfen (z.B. Laxoberal®) oder Lactulosesirup umzusteigen. So können Sie die Menge feiner dosieren und gegebenenfalls tröpfchenweise senken. Dann gehen Sie von einer täglichen Einnahme dazu über, nur noch alle zwei bis drei Tage Abführmittel zu nehmen – bis Sie die Mittel schließlich gar nicht mehr benötigen.
Vorsicht bei Abführtees
Ganz wichtig: Abführtees aus Pflanzen wie Aloe oder Sennes sind keine mildere Alternative. Gerade diese pflanzlichen Mittel enthalten Stoffe, die den Darm sehr stark reizen. Sie eignen sich also nicht dazu, von Abführmitteln wegzukommen. Anders sieht es bei natürlichen Quellstoffen wie Leinsamen oder Flohsamen aus. Sie können – wenn Sie genügend dazu trinken – meist ohne Bedenken auch dauerhaft zur Unterstützung der Darmtätigkeit eingesetzt werden.
Mit Ballaststoffen und Bewegung nachhelfen
Seien Sie nachsichtig und geduldig mit dem Darm. Geben Sie ihm einige Wochen Zeit, um sich umzustellen. Er braucht eine Weile, bis er selbst wieder aktiv wird und aus eigener Kraft arbeitet. Versuchen Sie, die Darmtätigkeit durch ballaststoffreiche Ernährung, Flüssigkeitszufuhr und Bewegung zu unterstützen. Auch ein Glas Grapefruit- oder Orangensaft oder auch lauwarmes Wasser morgens auf nüchternen Magen kann den Darm wieder in Schwung bringen. Es lohnt sich. Und Ihr Körper wird Ihnen dankbar sein. Denn bei einigen Abführmitteln besteht die Gefahr, dass sie bei dauerhaftem Gebrauch eher schaden als nützen, da es zu Störungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt kommen kann.
Auswirkungen auf andere Medikamente
Was müssen Diabetiker beachten?
Wer mit Typ 2-Diabetes gelegentlich oder gar regelmäßig zu Abführmitteln greift, muss wissen, dass Antidiabetika dadurch deutlich abgeschwächt werden können. Die Folge kann eine ungewollte Steigerung des Blutzuckers mit der Möglichkeit der Überzuckerung und im schlimmsten Fall ein hyperglykämisches Koma sein.
Alle Antidiabetika betroffen
Das Risiko einer ungewollten Abschwächung gilt praktisch für alle als Tabletten eingenommene Diabetes-Medikamente. Egal ob Sie also z.B. Glimepirid, Metformin oder Glucobay einnehmen – die gleichzeitige Einnahme von Laxantien (abführenden Arzneimitteln) sollten Sie möglichst vermeiden und lieber versuchen, den Darm mit Hausmitteln (Dörrobst, viel trinken, Vollkorn, Milchzucker etc.) wieder auf Trab zu bringen.
Wenn es trotzdem nicht ohne geht, achten Sie in der Zeit bitte besonders auf mögliche Zeichen einer Überzuckerung und lassen Sie den Blutzucker ggf. öfters kontrollieren.
Noch ein Extra-Tipp:
Können natürliche Wirkstoffe bei Verstopfung hilfreich sein?
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Quellen:
- Müller-Lissner, S. (2009) Obstipation – Pathophysiologie, Diagnose und Therapie. Online unter www.aerzteblatt.de (Zugriff am 02.09.2020).