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Wie entsteht eine Wochenbettdepression? Und wie geht sie wieder weg? Alle wichtigen Fragen dazu beantworten wir im folgenden Beitrag.

Überblick

Welche Stimmungskrisen können unmittelbar nach einer Geburt auftreten? 

Die Geburt eines gesunden Kindes bedeutet für die meisten Frauen (und Väter) erst einmal das Glück schlechthin. Recht häufig wird der seelische Wohlfühlzustand allerdings von einer Stimmungsschwankung unterbrochen, die erfreulicherweise meist nur kurz und vorübergehend auftritt.

Es kann aber auch zur Entwicklung einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung kommen. Je nach Ausprägungsgrad können in einer Grobeinteilung drei Arten solcher Stimmungskrisen unterschieden werden:

  • das postpartale Stimmungstief (Baby-Blues oder Heultage)
  • die postpartale Depression oder Wochenbettdepression
  • postpartale Psychose

Traurig nach der Geburt: Es gibt zwei Formen

Was ist der Unterschied zwischen Wochenbettdepression, Baby Blues und postnataler Psychose?

Baby-Blues ist keine Seltenheit

Der „Baby Blues“ ist eine charakteristische Stimmungsschwankung, die mehr als jede zweite Frau (50-70%) im Wochenbett ereilt. „Wochenbett-Blues“ oder auch „Heultage“ sind weitere gebräuchliche Formulierungen.

Die Symptome reichen von erhöhter Reizbarkeit und Weinerlichkeit bis hin zur (leichten) depressiven Verstimmung, dauern aber im Vergleich zur Wochenbettdepression nur 2-3 Tage an.

Wochenbettdepression

Die Wochenbettdepression tritt in den ersten 12 Monaten nach der Geburt auf. Im Unterschied zum Baby-Blues dauert sie länger als nur einige Tage.

Postnatale Psychose

Im Gegensatz zum Baby-Blues und zur Wochenbettdepression (oder postnatalen Depression) handelt es sich bei einer postnatalen Psychose um eine schwerwiegendere Erkrankung, die dafür nur selten vorkommt.

Wie häufig kommt es zu einer postnatalen Psychose?

Genaue Zahlen kennt man zwar nicht, vermutet werden aber 0,1 bis 0,2 %, also ein bis zwei von 1000 Frauen, die entbunden haben. Kam es vorher schon zu einer manisch-depressiven Erkrankung, steigt das Risiko.

Anzeichen und Symptome

Was sind typische Anzeichen für eine Wochenbettdepression? 

Typische Anzeichen für eine postnatale oder Wochenbettdepression sind:

  • Stimmungstief (tiefe Traurigkeit, Weinen)
  • Gleichgültigkeit gegenüber Dingen, die Ihnen normalerweise Freude bereiten
  • Ängstlichkeit
  • Schlafstörungen und Appetitlosigkeit
  • Konzentrationsstörungen
  • Selbstzweifel
  • Gedanken an eine Selbstverletzung oder daran, Ihrem Baby zu schaden

Erst, wenn eines oder mehrere dieser Anzeichen und Gefühle Sie über einige Tage bedrücken, ist wirklich von einer Depression auszugehen. Teilen Sie sich unbedingt Ihrem professionellen und privaten Umfeld mit, damit Ihr Partner, Ihre Hebamme und Ihr Arzt Ihnen das nötige Verständnis und die geeignete Hilfe entgegenbringen können. Es ist nicht Ihre Schuld und kein Gedanke richtet Schaden an, bevor er zur Ausführung kommt.

Ursachen

Hängt es vom Geburtsmodus ab, ob ich einen Baby-Blues bekomme?

Ob Sie Ihr Kind durch Spontangeburt oder Kaiserschnitt zur Welt bringen scheint keine Rolle dabei zu spielen, ob sich nach der Geburt ein Stimmungstief der Wöchnerin entwickelt. Auch der Geburtsort (Klinik, Geburtshaus oder zuhause) ist offenbar nicht dafür verantwortlich.

Nur bei Frauen, die ihre außerklinische Geburt abbrechen und ungeplant in einem Krankenhaus fortsetzen mussten, wurde ein signifikant erhöhtes Auftreten des Baby-Blues ermittelt – möglicherweise aufgrund von Enttäuschung und Versagensgefühlen wegen der gescheiterten Idealvorstellung.

Gab es früher bereits depressive Phasen oder mangelt es an sozialer Unterstützung, tritt der "Baby Blues" - nicht ganz unerwartet - ebenfalls deutlich häufiger auf.

Mütter weltweit gleich betroffen

Transkulturelle Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Annahme, die Bräuche in anderen Teilen der Welt schützten werdende oder frischgebackene Mütter eher vor einer Depression, um einen Mythos handelt.

Die Unterschiede zwischen den Zivilisationen bestehen weniger im individuellen Empfinden der Frauen als vielmehr in der Einschätzung, ob es sich bei einer Depression während der Schwangerschaft oder im Wochenbett um eine behandlungsbedürftige Krankheit handelt. Unglücksgefühle und Depressionen bei Frauen treten nach Aussage der Wissenschaftler in allen (untersuchten) Kulturen etwa gleich häufig auf.

Schilddrüsenerkrankung und Wochenbettdepression

Kann eine Unterfunktion der Schilddrüse eine Wochenbettdepression auslösen?

Nicht direkt, es können aber sehr ähnliche Symptome auftreten. Eine Fehlfunktion der Schilddrüse kann einer Wochenbettdepression zum Verwechseln ähnlich sein.

Physisch oder psychisch

Untersuchungen haben ergeben, dass sich bei annähernd jeder zwölften Frau nach der Entbindung eine Schilddrüsenentzündung, im Fachjargon als Postpartum-Thyreoiditis bezeichnet, entwickelt.

Ihre Symptome können denen einer Wochenbettdepression ähneln und als solche fehlinterpretiert werden. Die Postpartum-Thyreoiditis entwickelt sich in der Regel im Zeitraum von etwa vier bis 24 Wochen nach der Entbindung.

In diesem Zeitraum kann typischerweise auch eine Wochenbettdepression ausbrechen, was noch leichter zu einer Fehldeutung verleitet. Übrigens: Davon abzugrenzen ist der sog. „Babyblues“, der in den ersten Tagen nach der Geburt auftreten kann. Er hängt mit der allgemeinen hormonellen Umstellung nach der Entbindung zusammen und ist nach ein paar Tagen überstanden. Vor allem hinterlässt er keine bleibenden Schäden in der Beziehung zwischen Mutter und Kind.

Wie unterscheidet man beide Krankheitsbilder voneinander?

An Differentialdiagnosen denken

Ganz anders bei der richtigen Wochenbettdepression, die eine ernsthafte psychische Erkrankung und Gefährdung für Mutter und Kind darstellt. Deshalb ist es sehr wichtig, die Diagnose sorgfältig zu stellen.

Sie sollte nicht übersehen, aber eben auch nicht irrtümlicherweise angenommen werden, bevor nicht andere mögliche Ursachen ausgeschlossen worden sind.

Und zu diesen sogenannten Differentialdiagnosen (Diagnosen, die neben der primär vermuteten auch noch infrage kommen) gehört auch eine Erkrankung der Schilddrüse.

Auslöser ist meist die erhöhte Aktivität der Schilddrüse während der Schwangerschaft. Bei Frauen, die eine Veranlagung zur Entwicklung einer Morbus Basedow haben, oder die bereits vor oder während der Schwangerschaft erhöhte Schilddrüsen-Antikörper aufweisen, kann es nach der Entbindung zu einer hormonellen Entgleisung kommen. Auch Diabetikerinnen sind häufiger davon betroffen.

Buntes Bild an Symptomen

Die Entzündung kann sich dabei zunächst in den Symptomen der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) äußern wie Nervosität, Reizbarkeit, Rastlosigkeit und Herzklopfen.

Später kann die Überfunktion in eine Unterfunktion übergehen. Es kann sich allerdings auch nur eine Über- oder eine Unterfunktion entwickeln. Letztere zeigt sich in Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Konzentrationsschwäche, Symptome also, die auch für eine Depression bezeichnend sind, so dass die Schilddrüsenentzündung leicht mit einer Wochenbettdepression verwechselt werden kann.

Gut zu behandeln

Bei Verdacht auf eine Postpartum-Thyreoiditis sollten die sog. TPO-Antikörper (Thyreoperoxidase-Antikörper) gemessen werden. Sind diese erhöht, wie es auch bei der autoimmunen Hashimoto-Thyreoiditis der Fall ist, ist eine Schilddrüsenentzündung wahrscheinlich.

Es kann allerdings auch vorkommen, dass die TPO-Antikörper erhöht sind, ohne dass Symptome auftreten. Das ist sogar in den meisten Fällen so. Man spricht dann von einem klinisch latenten Verlauf.

Bei entsprechenden Beschwerden kann eine Unterfunktion der Schilddrüse gut mit dem Medikament Levothyroxin behandelt werden, das das fehlende Schilddrüsenhormon ersetzt. Meist normalisiert sich die Schilddrüsenfunktion bei der Postpartum-Thyreoiditis nach etwa einem Jahr von selbst wieder.

Behandlung

Baby-Blues: Lieber zum Arzt oder Spazierengehen?  

Gesundheit hat auch viel mit Planung und Vorbeugung zu tun. Das gilt in besonderem Maß nicht nur für die Schwangerschaft, sondern auch für die Zeit nach der Geburt. Ihr Umfeld, insbesondere Ihr Partner, sollte sich ausreichend Zeit freihalten und Urlaub einplanen, um Sie im Wochenbett flexibel entlasten und unterstützen zu können.

Wenn es darum geht, die Stimmung im Griff und die Frische im Kopf zu behalten, kann manchmal ein längerer Spaziergang oder eine andere Variante der Auszeit besser helfen als ein Arztbesuch. So verschwindet auch ein Baby-Blues schnell wieder oder taucht erst gar nicht auf.

Mehr als Baby-Blues: Ärztliche Hilfe suchen

Falls Ihr Stimmungstief aber länger bestehen bleibt als ein paar Tage, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. In seltenen Fällen kann es sich nämlich um eine postnatale Depression oder Psychose handeln, die medizinischer und psychologischer Unterstützung bedarf, damit Sie ihr Mutterglück bald wieder genießen können.

Bei Männern

Gibt es eine "Wochenbettdepression" auch bei Männern? 

Ja, das sagen zumindest britische Wissenschaftler. Wobei man dann korrekterweise von "postnataler Depression" sprechen muss, denn im Wochenbett befinden sich die Männer ja nicht (postnatal = nach der Geburt).

In einer Studie mit 8.400 Vätern und 11.800 Müttern wiesen der britischen Studie zufolge 4% der befragten Männer und etwa 10% der Frauen zwei Monate nach der Geburt eine Depression auf. Und offenbar hatte das später sogar Folgen:

Angeblich waren vor allem bei den Söhnen der nachgeburtlich depressiven Väter im Alter von 3,5 Jahren häufiger Hyperaktivität und Verhaltensauffälligkeiten (Aggressionen, Ungehorsam) festzustellen, während die mütterlichen Depressionen sehr häufig zu ungewöhnlicher Traurigkeit oder Ängstlichkeit bei den Kindern führte, und das unabhängig von derem Geschlecht.

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Autor unseres Artikels
 
Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

Dr. Hubertus Glaser
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag
  • freiberuflich als Entwickler, Berater und Publizist

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des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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