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Wie viel Schlaf täglich braucht man? Stimmt es, dass ältere Menschen weniger schlafen? Und ist der Schlaf vor Mitternacht wirklich der beste? Antworten auf diese und weitere Fragen rund um das Thema Schlaf beantworten wir Ihnen im folgenden Beitrag.

Gut schlafen

Was bedeutet aus medizinischer Sicht "gut schlafen"?

Von einem gesunden Schlaf können Sie ausgehen, wenn Sie ohne quälendes Wachbleiben einschlafen, nachts nicht aufwachen, ohne rasch wieder einschlafen zu können, und morgens frisch erholt aufwachen. Das mag banal klingen, ist es aber nicht. Denn damit genau das passiert, muss Ihr Schlaf Nacht für Nacht mehrere Phasen durchlaufen.

Das ist ziemlich spannend und kann im Schlaflabor gemessen und sichtbar gemacht werden. Doch dort kommen die wenigsten hin – und wenn, dann meistens, weil dieser Ablauf mehr oder weniger massiv gestört ist.

Tücken der Schlafforschung

Wie kompliziert das Phänomen Schlaf ist, kann man ganz gut daran erkennen, wie uneins die Forscher teilweise sind. Die wissenschaftliche Meinung zum Schlaf ist nämlich keineswegs einheitlich. Zeit- und Prozentangaben sollte man also nicht zu wörtlich nehmen. Die Angaben zur optimalen Schlafdauer variieren zum Teil erheblich, ebenso wie die Angaben zum Schlafrhythmus.

Das erschwert eine objektive Grenze zwischen gesund und krank, wie in anderen Bereichen der Biologie auch. Dennoch gibt es offensichtlich ein Grundmuster, das für die große Mehrheit der Menschen in ähnlicher Weise – mit individuellen Abweichungen – gilt.

4 bis 6 Schlafzyklen pro Nacht

Das Schlafprofil eines gesunden Menschen besteht aus 4-6 Schlafzyklen von jeweils etwa 90 Minuten Dauer – plusminus 20 Minuten. Innerhalb eines Zyklus wechseln sich verschiedene Schlafphasen ab.

Durch die Messung von Gehirnströmen, Augenbewegungen und Muskelspannung lassen sich dabei 5 Schlafstadien unterscheiden. Die Stadien 1 und 2 sind Leichtschlafstadien (N1 und N2 im Schlafprofil). Die nachfolgenden Stadien 3 und 4 bilden die Tiefschlafphase, sie werden nach neuerer Nomenklatur zu einem Stadium zusammengefasst (N3). Zum Abschluss folgt das sogenannte REM-Stadium (R), das durch schnelle Augenbewegungen (Rapid Eye Movement) und lebhafte Träume gekennzeichnet ist. Die vorhergehenden Stadien, in denen Träume prinzipiell auch vorkommen können, werden als Non-REM-Schlaf bezeichnet.

Die im Schlaflabor messbaren Prozentanteile dieser Schlafstadien an der Gesamtschlafdauer sehen für einen 30-Jährigen modellhaft in etwa so aus:

  • Stadium N1: 5 %
  • Stadium N2: 45–55 %
  • Stadium N3: 15–25 %
  • REM-Schlaf: 20–25 %
  • Wach-Anteil: unter 5 %.

Tiefschlaf vor allem in der ersten Hälfte der Nacht

Wir schlafen also nicht fest und gleichförmig wie ein Stein, sondern befinden und während der Nacht in einem ständigen Auf und Ab. Vom leichten Schlaf, in dem wir noch störanfällig und leicht weckbar sind, hinab zum Tiefschlaf, dann zum Traumschlaf und schließlich wieder zum leichten Schlaf. Der kann auch mitten in der Nacht mehrmals in eine Wachphase münden, die aber in aller Regel unbewusst erlebt und nicht erinnert wird.

Während der Nacht verändern sich die Anteile der einzelnen Schlafphasen. Ab dem dritten Schlafzyklus, etwa 3 Stunden nach dem Einschlafen, verkürzt sich die Tiefschlafdauer zusehends, während der Traumschlaf zunimmt.

Leichterer und fragmentierter Schlaf im Alter

Auch mit zunehmendem Lebensalter kommt es zu Veränderungen. Die Tiefschlafphasen nehmen ab, jenseits des 60. Lebensjahres wird das tiefste Stadium möglicherweise gar nicht mehr erreicht. Auch die Dauer der REM-Schlafphasen kann sich im höheren Alter tendenziell verringern. Außerdem kommt es zu vermehrtem nächtlichen Aufwachen. Unter dieser sogenannten Fragmentierung des Schlafes kann die Schlaf-Qualität leiden.

Auch ein frühzeitiges morgendliches Aufwachen wird als Bestandteil des normalen Alterungsprozesses beobachtet, ebenso wie die Verringerung des durchschnittlichen Schlafbedarfs auf etwa 6 Stunden. Der reduzierte nächtliche Schlaf kann aber durch Tagesschlaf ergänzt werden, so dass die Abnahme der Gesamtschlafdauer häufig nur sehr gering ausfällt.

Wie sorge ich für erholsamen Schlaf?

Erholsamer Schlaf ist eine der wichtigsten Säulen für unsere Gesundheit. Und er trägt maßgeblich dazu bei, dass es uns auch seelisch und emotional gut geht. Trotzdem treiben wir mit unserem Schlaf oft Schindluder. dabei wäre es so einfach: Ob man gut schläft, kann man in der Regel sehr gut selbst beeinflussen.

Die wichtigsten Tipps zum erholsamen Schlaf haben wir im folgenden zusammengefasst.

Je regelmäßiger, desto besser

Gehen Sie erst zu Bett, wenn Sie sich tatsächlich müde und schläfrig fühlen. Da sich der Körper recht rasch an Regelmäßigkeiten gewöhnt, stellt sich die Müdigkeit dann normalerweise im entsprechenden Schlaf-Wach-Rhythmus ein. Sofern es nicht im Tagesablauf oder bei Ihrem Verhalten zu Ausnahmebedingungen kommt.

Die Bedeutung einer gewissen Regelmäßigkeit bei den Schlafzeiten ist groß. Vor allem gilt das für das Aufstehen. Denn der Tagesbeginn hat gewissermaßen eine Ankerfunktion für unseren Biorhythmus.  Entgegen weit verbreiteter Gepflogenheiten wird deshalb empfohlen, es auch am Wochenende nicht zu größeren Zeitverschiebungen im Schlaf-Wach-Rhythmus kommen zu lassen. Sonst verpassen Sie sich quasi einen unnötigen Mini-Jetlag. Kein Scherz, sondern wissenschaftliche Erkenntnis.

Abendlicher Spaziergang: ein wunderbares Schlafmittel

Zu den bewährten Maßnahmen einer guten Schlafhygiene zählt ein Spaziergang vor dem Schlafengehen. Die frische Luft und die maßvolle Bewegung sind ideal zum Sortieren der Gedanken und zur Vorbereitung der körperlichen Umstellung auf den Schlafmodus.

Hilfreich sind auch Entspannungstechniken wie etwa Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation, Meditation und Yoga. Richtig angewendet verhelfen sie Ihnen zu körperlicher Entspannung, die mit mehr Gelassenheit, Zufriedenheit und Wohlbefinden einhergeht. Der gesundheitliche Nutzen geht damit über den Schlafaspekt noch deutlich hinaus. Entspannungsverfahren werden auch zu Behandlungszwecken in der Psychotherapie genutzt.

Kommen Sie den Therapeuten zuvor und setzen Sie diese leicht praktizierbaren Methoden zur Gesundheitsförderung, Vorbeugung und vor allem für den Genuss einer besseren Lebensqualität selbst ein. Wer sich einmal damit vertraut gemacht und die wohltuenden Wirkungen schätzen gelernt hat, möchte im Regelfall nicht mehr darauf verzichten.

Tagesnickerchen kann Nachtruhe verkürzen

Falls Sie tagsüber regelmäßig ein Nickerchen halten, sollten Sie damit rechnen, dass sich Ihre Nachtschlafzeit verkürzt. Denn das individuelle Schlafbedürfnis über 24 Stunden beruht unter anderem auf Ihrer Veranlagung und hat die Tendenz, konstant zu bleiben. Dieser zeitliche Rhythmus wird auch als innere Uhr bezeichnet.

Weitere Maßnahmen betreffen die Gestaltung der Schlafumgebung, die Ernährung und eine Reihe weiterer Dinge, die Sie selbst gestalten und beeinflussen können. Vieles davon machen wir automatisch richtig, ohne groß darüber nachzudenken. Dann erscheinen uns die als „Tipps und Tricks“ verkauften Empfehlungen vielleicht banal. Werden sie aber nicht beachtet – und das passiert leicht und oft –, kann das auf Dauer zu Schlafstörungen führen. Umso mehr, je weniger wir uns über die gesunden Abläufe bewusst sind.

Schlafphasen

Sind Zuckungen vor dem Einschlafen normal?

Ja. Die Zuckungen beim Einschlafen sind eine gesunde Reaktion, die anzeigt, dass die Muskulatur am Erschlaffen ist. Es handelt sich sozusagen um ein letztes Aufbäumen, bevor die Muskeln ihre Nachtruhe antreten.

Der Impuls zu dieser Muskelentspannung geht vom Gehirn aus. Genauer gesagt von der Formatio reticularis. Das ist ein Areal im Hirnstamm. Wenn wir einschlafen, sendet die Formatio reticularis Impulse ins Rückenmark, die zu einer Entspannung unserer Muskeln führen.

Im  Traumschlaf (REM-Schlafphasen) ist die Muskulatur regelrecht blockiert, was als Schlaflähmung oder Schlafparalyse bezeichnet wird. Und die ist sehr wichtig. Die Schlaflähmung verhindert nämlich, dass wir das ausführen, was wir träumen. Nur so können wir auch die wildesten Traumerlebnisse gesund überstehen ...

Ist der REM-Schlaf schädlich?

Nein, im Gegenteil. Der Traumschlaf oder REM-Schlaf (auch Paradoxer Schlaf genannt) ist für unsere psychische Erholung und geistige Gesundheit unentbehrlich. Im Unterschied zum Tiefschlaf, der vor allem für die Regeneration der körperlichen Ressourcen wichtig ist. Der REM-Schlaf wurde 1953 von amerikanischen Wissenschaftlern entdeckt.

Hohe Hirnströme und schnelle Augenbewegungen

Paradox werden die Traumschlafphasen genannt, weil sie durch eine besonders hohe Hirnstromaktivität gekennzeichnet sind. Dabei sieht man im EEG unter anderem auch ein eifriges Beta-Wellenmuster, wie es  sonst nur im Wachzustand auftritt. Während des REM-Schlafes sinkt die Körpertemperatur, das Blut fließt ins Gehirn. Herz- und Atemfrequenz sowie der Blutdruck steigen. Der Energieverbrauch kann gelegentlich höher sein als bei Bewusstsein.

In diesen Schlafphasen finden die intensivsten und komplexesten Träume statt. Und unsere Augen scheinen ihnen dabei zu folgen. Von den markanten schnellen Augenbewegungen bei geschlossenen Lidern hat der REM-Schlaf seinen Namen (REM = Rapid Eye Movement). Die Muskulatur ist dagegen vollkommen erschlafft, Muskelspannung und Sehnenreflexe sind kaum messbar. Die Gefahr, dass wir im Schlaf wild um uns schlagen, besteht also nicht. Falls doch, ist das der Hinweis auf eine Schlafstörung.

Schlafdauer

Wie viel Schlaf braucht der Mensch?

Der Bedarf an Schlaf ist von Mensch zu Mensch verschieden. Deshalb gibt es kein absolutes Maß dafür, sondern nur individuelle Erfahrungswerte. Für die jeweilige Person ist die benötigte Schlafmenge allerdings sehr stabil.

In jedem Fall gilt: Eine intakte Schlafstruktur ist für die Erholungsfunktion des Schlafs wichtiger als die absolute Schlafdauer. Entscheidend ist, dass Sie Ihren Schlaf als erholsam empfinden. Denn Erholung und Regeneration gehören zu den Hauptaufgaben des Schlafens. Einer überlebenswichtigen Funktion, die erstaunlicherweise wissenschaftlich noch immer nicht befriedigend erforscht ist.

Durchschnittliche Schlafdauer hierzulande: 7 Stunden

Über die optimale Menge an Schlaf und wie sie über den Tag verteilt sein sollte, gehen in der Wissenschaft die Meinungen auseinander. In den Fokus der Betrachtung rückt zunehmend die Erkenntnis, dass nicht nur zu wenig, sondern auch zu viel Schlaf gesundheitsabträglich sein kann.

Eine gängige schlafmedizinische Zahlenangabe für das gesunde Schlafmaß lautet 7-8 Stunden. Das deckt sich mit dem Ergebnis einer repräsentativen Umfrage zum Schlafverhalten der deutschen Bevölkerung. Als optimale Dauer für einen erholsamen Nachtschlaf ergab sich ein Mittelwert von 7 Stunden und 14 Minuten. In verschiedenen Studien aus dem deutschen und angloamerikanischen Raum wurde eine tatsächliche durchschnittliche Schlafdauer von 7 Stunden ermittelt – mit Unterschieden in der Schlaflänge zwischen Werk- und Feiertagen. Das Gefühl, nicht ausreichend Schlaf zu bekommen, um vollkommen erholt zu sein, ist dabei offenbar weit verbreitet.

Je älter wir werden, desto geringer wird das Schlafbedürfnis

Das individuelle Schlafbedürfnis schwankt allerdings beträchtlich. Im allgemeinen liegt es zwischen 6 und 10 Stunden bei Erwachsenen. Aber auch bei 4 Stunden oder 12 Stunden täglicher Schlafdauer kann gesundheitlich alles okay sein, sofern sich der betreffende Mensch damit wohl fühlt. Prominente Beispiele für die Extreme sind Napoleon (4 Stunden) und Albert Einstein (14 Sunden).

Das Schlafbedürfnis nimmt im Laufe des Lebens jedenfalls ab. Während Neugeborene noch bis zu 18 Stunden und Säuglinge bis zu 16 Stunden über den Tag verteilt mit dem Schlafen zubringen, kommt im Alter die "senile Bettflucht": ein meist deutlich verringertes Schlafbedürfnis.

Benötigen ältere Menschen wirklich weniger Schlaf?

Die Meinung, dass ältere Menschen weniger Schlaf benötigen, ist weit verbreitet – aber falsch. Richtig ist, dass es mit zunehmendem Alter schwieriger wird, durchgehend und lange zu schlafen. Die Schlafdauer in der Nacht nimmt also ab. Der Schlafbedarf über 24 Stunden bleibt jedoch weitgehend gleich.

So lautet jedenfalls die Erkenntnislage der gegenwärtigen Schlafforschung. Es gibt dazu aber auch gegenteilige Studienergebnisse. Und eines ist auch sicher: Das gefühlte Schlafbedürfnis nimmt im Alter tatsächlich ab. Man nimmt die kürzere Schlafenszeit also in der Regel nicht als wirklichen Schlafmangel wahr.

Mittagsschlaf nicht für jeden eine Option

Kompensieren lässt sich der kürzere Nachtschlaf am einfachsten durch ein kurzes Schläfchen tagsüber. Ein Kurzschlaf am Tag entspricht sogar dem natürlichen Bedürfnis unseres Körpers, wie die Forschung inzwischen herausgefunden hat.

Allerdings ist längst nicht jeder in der Lage, einen Mittagsschlaf in seinen Alltag zu integrieren. Bei manchen Menschen stehen berufliche Gründe im Wege, andere mögen sich diesen zeitlichen Luxus aus privaten Gründen einfach nicht gönnen. Außerdem können Viele auch nicht gut mitten am Tag einschlafen.

Veränderte Schlafstruktur im Alter

Auch die Schlafstruktur verändert sich übrigens im Alter: Während  der Anteil des Traumschlafs konstant bleibt, verkürzt sich die Tiefschlafdauer erheblich. Dafür nehmen die Leichtschlafphasen zu. Für die meisten Menschen zudem auch der nächtliche Harndrang, der zum Aufstehen fürs Wasserlassen  zwingt.

Außerdem  kommt es deutlich häufiger als in jüngeren Jahre zu Weckreaktionen, den sogenannten Arousals: im Alter von über 60 Jahren angeblich bis zu 150mal pro Nacht, bei jüngeren Menschen dagegen durchschnittlich nur 5mal. Das häufige Kurzerwachen wird zwar nicht als solches wahrgenommen und erinnert, aber als unruhiger und nicht so erholsamer Schlaf empfunden.

Dauerhafte Einschlafschwierigkeiten und häufiges Einschlafen tagsüber sind aber auch für Senioren nicht normal und sollten im Hinblick auf eine mögliche Schlafstörung mit ärztlicher Hilfe abgeklärt werden.

Ist man weniger leistungsfähig, wenn man früher aufwacht oder weniger schläft als sonst?

Normalerweise nicht, zumindest nicht nach einer oder zwei Nächten. Aus Untersuchungen ist bekannt, dass sich die Schlafstruktur anpasst, wenn man weniger schläft: Die für den Erholungs- und Verarbeitungseffekt wichtigen Tiefschlaf- und Traumschlafphasen nehmen entsprechend zu, die Leichtschlafphasen dafür ab.

In die natürliche Schlafarchitektur ist gewissermaßen eine Art Puffer eingebaut, der dann zum Ausgleich genutzt werden kann. Ihr Körper holt sich also den notwendigen Tiefschlaf. Sie müssen sich um Ihre Leistungsfähigkeit und Ihr Wohlbefinden nach einer verkürzten Schlafnacht deshalb nicht sorgen, selbst wenn Sie sich morgens noch schlapp und müde fühlen.

Als Freifahrtschein für willkürliche Schlafenszeiten sollten Sie diese Erkenntnis aber nicht missverstehen. Denn ein ungesunder Umgang mit dem Schlaf, sprich zu wenig oder zu unregelmäßig, kann den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Schlafqualität beeinträchtigen und auf Dauer sehr wohl unangenehme bis gefährliche Folgen haben. Es ist wie mit anderen Bereichen unserer Gesundheit auch: Unnötige Sorgen sind ebenso unangebracht wie sorgloses Nichtkümmern.

Kann man Schlaf nachholen?

Ja, das ist zum Glück möglich – und manchmal auch dringend geboten, denn chronischer Schlafmangel kann zu einer echten Gesundheitsgefahr werden. Wichtig zu wissen beim Schlafnachholen ist:  Neben der Dauer sind auch die verschiedenen Schlafphasen und die Schlafintensität wichtig. Die Erholung funktioniert deshalb am besten mit einer langen Nachtruhe. Also mit einer Extraportion Schlaf in dem Zeitraum, der in Ihrem Schlaf-Wach-Rhythmus auch tatsächlich dafür vorgesehen ist.

Mit einem zusätzlichen Tagesnickerchen klappt es dagegen nur sehr begrenzt. Es ist sogar deutlich besser, den Tag müde durchzustehen und dafür frühzeitig am Abend ins Bett zu gehen.

Schlafzeit lässt sich nicht einfach verschieben

Untersuchungen mit Schichtarbeitern haben ergeben, dass sich der Schlaf nicht einfach um 9 Stunden verschieben lässt. Wer die ganze Nacht wach ist und dann um 8 Uhr morgens statt 23 Uhr abends ins Bett geht, wird anschließend kürzer und weniger gut strukturiert schlafen wie normal. Der Grund ist unsere innere Uhr, die tagsüber auf Aktivität gestellt ist, hinlänglich bekannt vom Jetlag-Phänomen.

Langer Erholungsschlaf kann Defizit ausgleichen

Dafür haben andere Tests gezeigt, dass sich Defizite aufgrund einer stark verkürzten Schlafdauer unter der Woche durch eine Extraportion Schlaf am Wochenende wieder ausgleichen lassen. In Verhaltenstests und neurologischen Untersuchungen tagsüber verschlechterten sich die Reaktionszeit, das Müdigkeitslevel und die Konzentrationsfähigkeit der Probanden durch die Schlafverkürzung deutlich. Mit jeder Stunde, die der anschließende Erholungsschlaf länger dauerte, verbesserte sich auch die geistige Frische nach und nach wieder. Die Ausgangswerte erreichten aber nur die Teilnehmer, die 10 Stunden geschlafen hatten.

Fazit: Die Folgen einer Episode mit Schlafmangel lassen sich durch eine lange und geruhsame Nacht zumindest teilweise wieder ausgleichen. Um die Akkus vollständig wieder aufzuladen, bedarf es allerdings mehrerer Nächte mit ausgedehntem Erholungsschlaf. Die meisten von uns dürften diesen Effekt schon mal selbst kennengelernt haben, nun ist er auch wissenschaftlich nachgewiesen.

Noch besser: regelmäßige Schlafzeiten

Das Schlafnachholen hat also seine Grenzen. Eine häufige Verschiebung der Bettgehzeiten um mehrere Stunden schwächt den Tiefschlaf und damit den Erholungseffekt. Auf Dauer ist dann mit negativen gesundheitlichen Folgen zu rechnen. Wie viel Schlaf Sie aufholen können, hängt letztlich mit Ihrem persönlichen Schlaf-Wach-Rhythmus zusammen. Und der wird von Ihrem individuellen Schlafbedarf und Ihrer inneren Uhr geprägt.

Mit einem Mittagsschlaf während der Tiefpunktphase (bei vielen zwischen 13 und 14 Uhr) können Sie sich für den Abend zwar etwas fitter machen. Richtig auf Vorrat schlafen klappt aber leider nicht, denn die Erholung kann der Körper nicht speichern. An guter Schlafkultur kommt also nicht vorbei, wer es gut mit seiner Gesundheit meint.

Kann man ein Schlafdefizit durch Vorschlafen verhindern?

Nein, das ist leider nicht möglich. Ihr Körper kann den Erholungseffekt von vorgezogenem Schlaf nicht speichern. Die Müdigkeit, die auf eine schlafarme Nacht folgen wird, können Sie dadurch nicht verhindern oder verringern. Der Schlafmangel kann erst durch einen anschließenden Erholungsschlaf aufgefangen werden. Dabei spielt vermutlich die Ausweitung der Tiefschlafphasen eine wichtigere Rolle als die Gesamtschlafdauer.

Muss man nach einer Nacht mit wenig Schlaf in der Folgenacht länger schlafen?

Schaden kann es nicht, wenn Sie sich nach einer Nacht mit schlechtem, wenig oder gar keinem Schlaf eine Extraportion in der Folgenacht gönnen. Ein „Muss“ ist das aber nicht, denn der Körper gleicht den Schlafverlust stärker über eine bessere Schlafqualität als über die Schlafdauer aus.

Wie er das macht? Möglich wird das durch unsere natürliche Schlafstruktur. Sie besteht aus einer Zusammensetzung unterschiedlich tiefer Schlafphasen, die sich während eines einzelnen Schlafzyklus miteinander abwechseln, im gesamten Schlafzeitraum also mehrfach. Für die Erholungsfunktion und das „Auftanken der Akkus“ sind die Tiefschlafphasen besonders wichtig. Und die sind dann in der Folgenacht ausgeprägter, wenn es um das Ausgleichen einer Nacht mit Schlafverlust geht.

Ist der Schlafbedarf eine Frage des Trainings?

Nein, die benötigte Schlafdauer bildet sich bis zum jungen Erwachsenenalter aus und nimmt dann auch im höheren Lebensalter nur noch geringgradig ab. Der individuelle Schlafbedarf ist offenbar maßgeblich genetisch bedingt und lässt sich durch Trainingsmaßnahmen nicht relevant beeinflussen. Das gilt wohl auch für den Schlaf-Wach-Rhythmus, also wann man abends müde und morgens wach wird.

Lieber die Rahmenbedingungen anpassen als sich selbst „vergewaltigen“

Die Umerziehung von der Eule zur Lerche oder umgekehrt ist also ein schwieriges und fragwürdiges Unterfangen. Besser ist es, Sie passen Ihre Lebensumstände – etwa die persönlichen Bürozeiten –  an Ihre biologisch determinierten Bedürfnisse an. Oft ist das einfacher möglich als man denkt. Häufig geht es nur darum, die Problematik anzusprechen und einen geeigneten Lösungsvorschlag mit den Beteiligten abzustimmen.

Falsches Vorbild: Frühaufsteher

Von den noch immer gängigen charakterlichen oder gar moralischen Wertungen sollten Sie sich nicht beeindrucken lassen. Frühes Aufstehen hat zwar hierzulande bei althergebrachtem Verständnis häufig noch Vorbildcharakter. Frühaufsteher sind aber nicht per se leistungsfähiger als Nachtmenschen. In psychologischen Untersuchungen haben sich keine gravierenden Unterschiede in den Persönlichkeitsmerkmalen zwischen beiden Gruppen ergeben.

Und auch die Lebensleistung wird nicht durch Schlafdauer oder Schlaftypus geprägt. Albert Einsteins Schlafbedarf soll 14 Stunden betragen haben. Dennoch ist sein Beitrag für die moderne Menschheitsentwicklung enorm. Napoelon Bonaparte dagegen – auf seine Art auch ein Genie – war stolz auf seine geringe Schlafration von 4 Stunden (die er offenbar mit heimlichem Mittagsschlaf und Dösen im Sattel aufbesserte). Die viele zusätzliche Wachzeit nutzte er aber leider vornehmlich zum Kriegführen.

Schlafzeiten

Ist der Schlaf vor Mitternacht gesünder?

Der Volksmund sagt, der Schlaf vor Mitternacht sei der gesündere. Die Wissenschaft sagt, es kommt weniger auf die Uhrzeit an als vielmehr auf die erste Hälfte des Nachtschlafs. Denn in der ersten Schlafhälfte findet der der Großteil des erholsamen Tiefschlafs statt. Die biologische Mitternacht ist also entscheidend und die kann je nach Schlaftyp und tageszeitlichem Rhythmus durchaus variieren.

Die Volksweisheit hat dennoch ihre Berechtigung, denn sie entstammt einer Zeit, in der die allermeisten Menschen noch sehr zeitig zu Bett gingen. Da war dann der gesündeste Schlafabschnitt tatsächlich schon bis Mitternacht absolviert. Bei Menschen, die in der Regel eher nach 23.00 Uhr ins Bett gehen, kann das naturgemäß nicht richtig funktionieren. Die schlafen dann eher gegen 3.00 Uhr morgens so richtig tief.

Kurzer Mittagsschlaf: Ein Leistungsschub für das Gehirn?

Bei Spaniern und Italienern gehört die Siesta zum Lebensstil. Schlafmediziner haben nun herausgefunden, dass die Mittagsruhe dem Gehirn praktisch zu einem Schub verhilft. Der Leistungsschub wirkt sich direkt auf seine Funktionen aus.

Schon eine halbe Stunde Mittagsruhe reicht aus, um die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu stärken. Das sogenannte Powernapping stachelt das Kurzzeitgedächtnis und die Erinnerungsfunktionen des Gehirns an. Insgesamt sorgt der kurze Schlaf den Studienergebnissen zufolge dafür, dass insgesamt das geistige Leistungsvermögen zunimmt.

Schlafmediziner wollen diese Erkenntnisse nutzen, um Arbeitszeitmodelle und Ruhepausen für Schichtarbeiter an deren innere Uhr anzupassen. Außerdem soll der kurze Mittagsschlaf möglicherweise helfen, Schlafstörungen und Schlaferkrankungen zu behandeln.

Wie funktioniert das Powernapping?

Das Powernapping, zu deutsch etwa Kraft- oder Leistungsnickerchen, ist eigentlich ganz einfach. Vor allem ist es sehr wirkungsvoll.

Der richtige Zeitpunkt ist individuell verschieden und hängt von Ihrem Biorhythmus ab. Der Kurzschlaf sollte nicht länger als eine halbe Stunde dauern. Als ideal werden 15-20 Minuten betrachtet, sogar 6 Minuten können schon die Gedächtnisleistung verbessern.

Leistungstief am Nachmittag

Der menschliche Biorhythmus weist ein Leistungstief tagsüber auf. Blutdruck und Körpertemperatur nehmen ab, die Konzentration lässt nach. Wann das geschieht, hängt von Ihrem Schlaftyp ab. Für den sogenannten Lerchentyp, also die Frühaufsteher, haben Wissenschaftler den Zeitraum 12-14 Uhr ermittelt. Für den nachtschwärmerischen Eulentyp 16-18 Uhr. Die meisten Menschen liegen eher in der Mitte zwischen diesen beiden Extremtypen.

Die Verbannung des Schlafs aus dem Tagesgeschehen dürfte vor allem eine kulturelle Folge von Industrialisierung und Leistungsgesellschaft sein. In anderen Ländern und Kulturen sieht das auch heute noch anders aus – Stichwort Siesta.

Wichtig: rechtzeitig wieder aufwachen

Für die Dauer des Powernaps ist entscheidend, dass Sie aufwachen, bevor Sie in die Tiefschlafphase abtauchen. Denn aus dieser heraus aufzuwachen, ist meist kein Spaß. Dann brauchen Sie erst eine Weile, um wieder munter zu werden. Wenn Sie ausreichend Zeit haben, können Sie natürlich auch länger schlafen, das ist dann aber kein Kurznickerchen mehr.

Für das rechtzeitige Erwachen gibt es ein paar einfache Mittel:

  • einen Wecker stellen,
  • dem Kollegen Bescheid sagen
  • oder einen Schlüsselbund in die Hand nehmen. Der fällt beim Übergang in die Tiefschlafphase, wenn sich die Muskeln entspannen und Ihre Hand sich öffnet, auf den Boden – und weckt Sie dabei hoffentlich.

Es gibt auch die Methode, ein bis zwei Tassen Kaffee vor dem Nickerchen zu trinken. Die Wirkung des Koffeins setzt nach 20-30 Minuten ein, genau richtig zum Aufwachen.

Nickerchen als Tagesroutine

Wenn Sie Powernapping in ihren Arbeitsalltag integrieren wollen, sollten sie das regulär in den Tagesablauf einplanen wie das Mittagessen. Einige Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern bereits Ruheräume dafür an. Prinzipiell können Sie auch an Ihrem  Arbeitsplatz powernappen, wenn es die Unternehmenskultur zulässt. Selbst ein paar ruhige Minuten, in denen Sie die Augen schließen und die Gedanken kreisen lassen, helfen Ihrer mentalen Fitness auf die Sprünge.

Vorteile wissenschaftlich belegt

Die positiven Auswirkungen des kompakten Kurzschlafes sind wissenschaftlich belegt: gesteigerte Wachheit, verbesserte Reaktion, Konzentration und Gedächtnisleistung. Die Kurzerholung beugt damit Unfällen vor und hebt zudem die Stimmung.

Bei Fluggesellschaften wie Lufthansa sind die Naps bei den Piloten (die immer zu zweit oder zu dritt fliegen) explizit erwünscht und in einer Dienstvorschrift geregelt. Auch führende Unternehmen wie IBM oder Google haben die leistungs- und kreativitätssteigernden Vorteile des Kurzschlafs erkannt. Im normalen Arbeitsalltag der meisten deutschen Unternehmen ist das leider noch nicht ausreichend angekommen.

Wissenswertes

Wo sitzt die innere Uhr?

Hinter den Augen. Dort befindet sich ein kleines Hirnareal, das nach heutigem Wissensstand maßgeblich an der Steuerung der biologischen Rhythmen beteiligt ist. Bei genauerer Betrachtung ist die Sachlage aber komplizierter, denn an dem Prozess sind auch diverse Hormone beteiligt.

Aber noch einmal zurück zu diesem Hirnareal. Die Rede ist vom Nucleus suprachiasmatikus. Selbst für Mediziner ist das kaum auszusprechen. Aber dieser Zellhaufen ist der anatomische Sitz der inneren Uhr, die unseren Schlaf-Wach-Rhythmus und andere Rhythmen steuert. Und für Medizinlateiner ist bei dem Namen klar, dass dieses Kerngebiet über dem Chiasma opticum, der Sehnervenkreuzung, liegt. Es bekommt seine Anregungen also direkt von der Netzhaut, die die Tageshelligkeit registriert.

Steuerung über den Botenstoff Melatonin

Ausgehend von diesen Lichtreizen steuert diese Zellformation die Melatonin-Ausschüttung. Der Botenstoff Melatonin dient als interne Zeitinformation bezüglich Tag und Nacht. Das "Schlaf-Hormon" wird in der Zirbeldrüse im Zwischenhirn produziert.

Da bei den Säugetieren inklusive Mensch nicht alle Rhythmen über den Nucleus suprachiasmatikus gesteuert werden, gibt es vermutlich noch andere innere Uhren, die kontrolliert oder unabhängig von ihm arbeiten.

Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

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Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
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  • freiberuflich als Entwickler, Berater und Publizist

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