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Was für eine Form von Blutkrebs ist die chronische lymphatische Leukämie (CLL)? Gibt es typische Symptome? Wie sieht die Behandlung aus? Besteht die Chance auf Heilung? Im Anschluss finden Sie Fragen und Antworten zur CLL.

Einführung

Was ist eine CLL?

Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist die häufigste Leukämie-Form in den westlichen Industrienationen. Typischerweise beginnt die Krankheit im höheren Erwachsenenalter, etwa um das 70. Lebensjahr. Besonders Männer sind betroffen. Sie erkranken etwa doppelt so häufig wie Frauen an einer CLL.

Oft bleibt die Leukämie zunächst lange unbemerkt. Meistens wird sie im Rahmen einer Routineblutuntersuchung zufällig entdeckt. Die Therapie reicht von der Chemotherapie und zielgerichteten Therapie bis zur Stammzelltransplantation.

Grundwissen zur CLL

Was passiert bei einer CLL mit dem Immunsystem?

Bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung von bestimmten Zellen unseres Immunsystems. Zu 95% sind bei dieser Erkrankung die sogenannten B-Lymphozyten betroffen, die eine Untergruppe der weißen Blutzellen (Leukozyten) sind.

Zellen äußerlich reif, dennoch funktionsuntüchtig

Bei der CLL sind, anders als bei manch anderer Leukämie, die erkrankten Lymphozyten morphologisch reif, also gewissermaßen ausgewachsen. Sie sind aber dennoch nicht fähig, ihre Funktion im Immunsystem zu erfüllen. Die Folge ist unter anderem eine Anfälligkeit für Infekte.

CLL: Leukämie oder Lymphom?

Die Bezeichnung der Krankheit kann zur Verwirrung führen. Denn die CLL zählt formell zu den Lymphomen. Genauer gesagt, ist sie eine Unterform des Non-Hodgkin-Lymphoms.

Da die Erkrankung aber wie eine Leukämie verläuft, wird sie in der Regel auch den Leukämien zugeordnet. Verlauf wie bei einer Leukämie heißt, die entarteten Lymphozyten sind sowohl in den lymphatischen Organen, wie Lymphknoten, Milz und Knochenmark, als auch im Blut nachweisbar.

Was ist der Unterschied zwischen CLL und CML?

Es gibt zahlreiche Leukämien, u.a. die chronische myeloische Leukämie (CML). Der Unterschied zwischen der CLL und CML beruht auf der Art der Blutzelle, die entartet. Bei der lymphatischen Form geht die Leukämie im Gegensatz zu der myeloischen Leukämie nicht von den Granulozyten, sondern von den Lymphozyten aus.

Ursachen

Wodurch entsteht eine CLL?

Sehr häufig sind Veränderungen im Erbgut der Lymphozyten die Ursache der CLL. Neben einem hohen Lebensalter sind noch weitere Faktoren bekannt, die eine Erkrankung fördern können.

Risikofaktor: CLL in der Familie

Auch wenn die chronische lymphatische Leukämie oft auf Grundlage einer Veränderung der Gene entsteht, ist sie nicht unbedingt vererbbar. Es kommt allerdings vor, dass in in manchen Familien mehrere Mitglieder an der CLL erkranken. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass eine genetische Veranlagung bei der Krankheitsentstehung eine Rolle spielt. Aus diesem Grund gilt CLL in der Verwandtschaft als ein Risikofaktor.

Vorsicht vor Chemikalien!

Nicht nur eine familiäre Belastung, auch der Umgang mit chemischen Stoffen wird mit der Entstehung einer CLL in Zusammenhang gebracht. Besonder organische Lösungsmittel wie, z.B. Benzole, sollten möglichst gemieden werden.

Keine Ansteckungsgefahr

Angst vor einer Ansteckung mit CLL ist unbegründet. Weder durch Blut- noch über Körperkontakt kann diese Erkrankung übertragen werden.

Symptome

Was sind Anzeichen für eine CLL?

Im Anfangsstadium macht sich die Krankheit selten durch Beschwerden bemerkbar. Deshalb kann die chronische lymphatische Leukämie lange Zeit unbemerkt bleiben. Oft wird sie zufällig im Rahmen einer Routineblutuntersuchung entdeckt. Erst nach einiger Zeit treten typische Beschwerden auf. Zu diesen zählen:

  • Oberbauchschmerzen aufgrund einer Leber- oder Milzschwellung
  • schmerzlose Lymphknotenschwellungen
  • chronische Müdigkeit
  • Fieber
  • Nachtschweiß
  • Gewichtsverlust
  • Infektanfälligkeit
  • eventuell Juckreiz

Typische Beschwerden bei CLL

Wieso kommt es zu Müdigkeit, Blässe und Blutungen?

Durch die Übersteigerte Produktion an defekten Lymphozyten leidet die restliche Blutbildung. Ein Mangel an roten Blutkörperchen und Blutplättchen sind mögliche Folge. Dies schlägt sich nieder in einer Blutarmut (Anämie) und gesteigerten Blutungsneigung. Zeichen hierfür können Abgeschlagenheit, blasse Haut und Blutungen sein.

Infekte

Die Immunabwehr funktioniert nicht mehr, wie sie sollte. Dies hat zur Folge, dass Betroffene leichter an Infekten erkranken.

Die Einschränkung der Immunabwehr ist leider auch die häufigste Todesursache bei der chronischen lymphatischen Leukämie. Besonders schwere bakterielle Infektionen, Pilz- und Virusinfektionen können zum Tode führen, falls sie nicht frühzeitig ausreichend behandelt werden.

Warum kommt es zur Leber- oder Milzvergrößerung?

Die normale Blutbildung wird immer mehr aus dem Knochenmark verdrängt. Mit der Zeit müsen deshalb die Milz und später auch die Leber diese Aufgabe übernehmen. Die Folge davon ist schließlich eine Größenzunahme der jeweiligen Organe, die mitunter schmerzhaft sein kann.

Ist Nachtschweiß beweisend für eine Leukämie?

Nicht unbedingt. Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust treten zwar oft bei Krebserkrankungen wie z.B. Leukämien auf, es muss aber auch an andere Ursachen gedacht werden. Diese drei Symptome, auch B-Symptomatik genannt, können ebenso ein Zeichen für eine Infektion oder für Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sein.

Sie sind also keine spezifischen Symptome für eine Leukämie oder Krebs im Allgemeinen. Vielmehr sind sie ein Hinweis darauf, dass sich der Körper aktuell gegen eine schwere Erkrankung zur Wehr setzt.

Klassifikationen

Wie wird die CLL eingeteilt?

Um die Schwere der Erkrankung einzuschätzen, wird die CLL in drei verschiedene Klassen eingeteilt. In Europa wird die Einteilung nach dem französischen Arzt Binet vorgenommen. Hierbei werden unterschiedliche Aspekte berücksichtigt:

  • Thrombozytenzahl im Blut
  • Eisengehalt (Hämoglobin) im Blut
  • Vorliegen von Lymphknotenvergrößerung am Hals, der Achsel und der Leiste

Wie die einzelnen Stadien im Detail aussehen, lesen Sie hier:

Einteilung der CLL

Welche Stadien werden bei der CLL unterschieden?

Stadium 1

  • Hämoglobin-Wert mindestens 10 g/dl
  • Thrombozyten-Zahl mindestens 100 G/L
  • weniger als drei befallene Lymphknotenregionen

Stadium 2

  • Hämoglobin-Wert mindestens 10 g/dl
  • Thrombozyten-Zahl mindestens 100 G/L
  • mindestens drei befallene Lymphknotenregionen

Stadium 3

  • Hämoglobin-Wert weniger als 10 g/dl
  • Thrombozyten-Zahl weniger als 100 G/L
  • die Anzahl befallener Lymphknotenregionen ist irrelevant
Wozu überhaupt die Klassifikation?

Auch wenn es etwas aufwendig scheint, so hat die Einteilung doch einen wichtigen Zweck: Sie ist entscheidend für die Wahl der geeigneten Therapie. Eine CLL in einem niedrigen Stadium wird nämlich anders behandelt als eine weiter fortgeschrittene Erkrankung.

Diagnose

Wie wird die CLL diagnostiziert?

Besteht der Verdacht auf eine CLL, sind ein ausführliches Gespräch, die körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme die ersten Schritte. Häufig wird die chronische lymphatische Leukämie aber zufällig entdeckt. Wenn aus anderen Gründen eine Butuntersuchung erfolgt, fällt oft ein starker Anstieg der weißen Blutkörperchen auf. Im Rahmen von Routineuntersuchungen finden Ärzte bisweilen geschwollene Lymphknoten, die ihnen verdächtig vorkommen. Um der Sache auf den Grund zu gehen, wird Ihr Arzt weitere Untersuchungen veranlassen.

Diese wären:

  • Blutuntersuchung: Blutbild, Immunphänotypisierung
  • Ultraschall und Röntgenuntersuchungen (z.B. CT)
  • eventuell eine Knochenmarkpunktion

Arztbesuch und wichtige Untersuchungen

Welche Fragen stellt der Arzt?

Im Rahmen eines ausführlichen Erstgesprächs wird Ihr behandelnder Arzt erfragen, ob und welche Beschwerden Sie bemerkt haben. Fühlen Sie sich oft müde oder leiden Sie an linksseitigen Oberbauchbeschwerden, Infektanfälligkeit und Blutungsneigung, sollten Sie das dem Arzt mitteilen. Diese Symptome sind zwar typisch für eine CLL, können jedoch auch gänzlich fehlen.

Welche Körperregionen werden untersucht?

Bei der körperlichen Untersuchung werden Körperbereiche und Organe abgetastet, die durch die CLL verändert sein können. Dies können schmerzlose Schwellungen von Lymphknoten der Kopf- und Halsregion, sowie in der Achsel und Leiste sein. Ebenso können Vergrößerungen der Leber und Milz ertastet werden.

Warum ist eine Blutentnahme wichtig?

Eine gründliche Analyse des Blutes ist wichtigster Bestandteil der Diagnostik. Typische Veränderungen können so entdeckt werden. Charakteristisch für die CLL ist ein deutlicher Anstieg der weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Verantwortlich dafür ist meistens eine Überproduktion der B-Lymphozyten.

Gleichzeitig klärt eine Blutentnahme auch, ob der Anteil an roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten) verringert ist. Die Abnahme dieser Zellreihen ist eine häufige Folge der CLL.

Immunphänotypisierung

Eine weitere wegweisende Blutuntersuchung ist die Immunphänotypisierung. Hierbei wird die Oberfläche der erkrankten Lymphozyten untersucht. Lassen sich dort bestimmte Strukturen nachweisen, ist die Diagnose CLL endgültig gesichert.

Diese Oberflächenmerkmale werden auch als Antigene bezeichnet.

Brauche ich unbedingt ein CT?

Röntgenuntersuchungen wie ein Computertomogramm (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) sind zur Diagnosestellung nicht immer zwingend. In der Regel findet zunächst eine Ultraschalluntersuchung statt, die häufig zur Beurteilung der Lymphknoten und Organe ausreicht.

Ergänzend können aber CT und Co. eingesetzt werden, wenn z.B. Lymphknoten, Leber und Milz näher untersucht werden müssen oder Beschwerden abgeklärt werden sollen.

Muss eine Knochenmarkpunktion durchgeführt werden?

Eine Knochenmarkpunktion ist in der Regel nicht unbedingt notwendig. Bereits das Blutbild und die Immunphänotypisierung können eine CLL nachweisen. Die Entnahme einer Knochenmarkprobe ist aber aus anderen Gründen manchmal durchaus hilfreich. Besonders wenn sich die Blutwerte verändern oder zur Beurteilung, wie erfolgreich die Therapie ist, kann eine Knochenmarkpunktion wertvolle Informationen liefern.

Typisch bei der CLL: Lymphozyten im Knochenmark

Erfolgt eine Punktion des Knochenmarks, ist der Nachweis von Lymphozyten im Mark typisch für eine CLL. Denn diese weißen Blutkörperchen sind normalerweise nicht im Knochenmark zu finden. Sind also Lymphozyten in der Probe nachweisbar, gilt das als nahezu beweisend für eine chronische lymphatische Leukämie.

Behandlung

Wie wird eine CLL behandelt?

Die Therapie der CLL besteht grundsätzlich aus Chemotherapie und zielgerichteter Therapie. Für einige wenige Betroffene kommt auch die allogene Stammzelltransplantation und Strahlentherapie einzelner vergrößerter Lymphknoten in Frage.

Ob eine Behandlung aber überhaupt empfehlenswert ist, richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung:

  • Stadium A: Therapie nur in Einzelfällen
  • Stadion B: Therapie erfolgt nur bei Beschwerden
  • Stadium C: Therapie für alle Betroffenen

Die Therapie der CLL unterliegt einem stetigen Wandel. Je nach Alter, Beschwerden und Ergebnis der Blutuntersuchungen kommen unterschiedliche Behandlungsstrategien und Medikamente zum Einsatz, was die Therapie sehr individuell macht.

Stadium A und B: Behandlung nicht immer notwendig

Da die Erkrankung in der Regel erst Personen im höheren Lebensalter betrifft und nur sehr langsam voranschreitet, ist im Anfangsstadium eine Krebstherapie nicht die Regel. Besonders im Stadium A und B, wenn sich die CLL noch nicht im ganzen Körper ausgebreitet hat und Sie beschwerdefrei sind, kann oftmals auf Medikamente verzichtet werden. Es finden stattdessen regelmäßig Blutkontrollen statt, um den Krankheitsverlauf zu überwachen.

Diese Strategie wird im ärztlichen Fachjargon auch „Watch and Wait“ bezeichnet: Erst mal beobachten und abwarten.

Beschwerden oder Stadium C: Therapie empfohlen

Treten im Stadium A oder B Probleme auf, haben sich die Blutwerte verschlechtert oder mehren sich die Anzeichen, dass sich die Leukämie im gesamten Körper ausgebreitet hat, wird zur Behandlung geraten. Gleiches gilt, wenn sich Betroffene schon im fortgeschrittenen Stadium C befinden.

Zum Einsatz kommen nun unterschiedliche Medikamente. Zum einen können eine Chemotherapie oder die sogenannte zielgerichtete Therapie folgen, oder beides wird miteinander kombiniert. Dieses Schema aus Chemo und zielgerichteter Therapie wird auch als Chemoimmuntherapie bezeichnet und ist bei der CLL eine bewährte Behandlungsstrategie.

Chemotherapie bei CLL

Wie wirkt die Chemotherapie?

Bei einer Chemotherapie erhalten Sie Substanzen, die die Zellteilung verhindern. Besonders Zellen, die sich schnell teilen, reagieren empfindlich auf die sogenannten Zytostatika. Hierzu zählen Krebszellen.

Folgende Wirkstoffe haben sich bei der Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie bewährt:

  • Bendamustin
  • Chlorambucil
  • Cyclophosphamid
  • Fludarabin
Wie läuft die Chemotherapie ab?

Die Zytostatika werden als Infusion über die Vene oder als Tabletten verabreicht. Eine Chemotherapie besteht aus mehreren Zyklen. Das bedeutet, die Medikamente werden in ganz bestimmten Abständen mehrfach eingenommen.

Dazwischen gibt es Pausen, in denen Sie sich von der Behandlung erholen können. Wie lange eine Chemotherapie dauert, ist je nach Art und Anzahl der eingesetzten Zytostatika ganz unterschiedlich.

Welche Nebenwirkungen können unter der Chemo auftreten?

Da die Chemotherapie im gesamten Körper wirkt, werden auch andere gesunde Körperzellen angegriffen, die sich rasch teilen. Dazu gehören u.a. Schleimhautzellen im Darm, Haarzellen oder die blutbildenden Zellen im Knochenmark. Folgende Nebenwirkungen sind daher möglich:

  • Schleimhautentzündungen
  • Magen-Darm-Beschwerden (z.B. Durchfall)
  • Veränderungen der Zellen im Blut (z.B. weniger rote und weiße Blutzellen)
  • Blutarmut mit Leistungsschwäche
  • Anfälligkeit für Infektionen
Stimmt es, dass Chemotherapien selbst Krebs verursachen können?

Ja, leider ist das nicht auszuschließen. Die Chemotherapie wirkt nicht nur schädigend auf Krebszellen, sondern auch auf gesunde Zellen. In seltenen Fällen kann als Folge nach Jahren eine weitere Tumorerkrankung (z.B. andere Leukämien) auftreten.

Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es wichtig, regelmäßig an Kontrolluntersuchungen nach einer durchgemachten CLL teilzunehmen. Aber bevor Sie sich nun zu große Sorgen machen.

Vergessen Sie nicht, dass das Risiko an einem Zweittumor zu erkranken extrem gering ist. Die Aussicht auf eine Besserung der CLL durch die Chemotherapie ist aber mehr als wahrscheinlich.

Was ist der Unterschied zwischen Chemo- und zielgerichteter Therapie?

Anders als eine Chemotherapie, die sich gegen alle Zellen des Körpers wendet, die sich schnell teilen, richtet sich die zielgerichtete Therapie – wie der Name schon sagt – gegen einzelne "Ziel"-Zellen. Diese sind bei der CLL die entarteten Lymphozyten.

Zielgerichtete Therapie (Immuntherapie) bei CLL

Welche Medikamente zählen zu der zielgerichteten Therapie?

Zwei verschiedene Arzneigruppen zielen bei der CLL auf die erkrankten Zellen:

  • die sogenannten monoklonalen Antikörper (sogenannte Anti-CD20-Antikörper): Rituximab, Ofatumumab, Obinutuzumab
  • die Signalwegehemmer: die BTK-Hemmer Acalabrutinib, Zanubrutinib und Ibrutinib, der BCL-2-Hemmer Venetoclax und die PI3K-δ-Hemmer Duvelisib und Idelalisib.
Wie wirken monoklonale Antikörper?

Jede Zelle besitzt bestimmte Strukturen auf der Oberfläche, die auch als Antigene bezeichnet werden. Auf den B-Lymphozyten der CLL-Zellen findet sich das CD20-Antigen, gegen welches sich monoklonale Antikörper wie Rituximab oder Obinutuzumab richten. Verbinden sich diese Medikamente mit den Antigenen des Lymphozyts, wird die Krebszelle zerstört.

Mögliche Nebenwirkungen

  • Infektanfälligkeit
  • allergische Reaktionen
  • Fieber und Schüttelfrost
  • verringerte Zahl an Blutplättchen
  • Leberentzündung
Was bewirken die zielgerichteten Signalwegehemmer?

In jeder Körperzelle gibt es viele verschiedene Signalwege. Sie steuern u.a. die Vermehrung und auch das Absterben der Zelle. Diese Wege können durch bestimmte Botenstoffe an- und abgeschaltet werden. Hier kommen die Signalwegehemmer ins Spiel. Diese Stoffe dringen in die Zellen ein und blockieren Signalwege, die schließlich zum Absterben der Krebszellen führen.

Welche Nebenwirkungen sind typisch für Signalwegehemmer?
  • Herzrhythmusstörungen (vor allem bei Ibrutinib)
  • Blutungen, z.B. Hauteinblutungen (vor allem bei Ibrutinib)
  • erhöhte Leberwerte
  • Durchfall
  • Lungenentzündung
  • Infektanfälligkeit

Wie wird entschieden, welche Therapie ich erhalte?

Die Wahl der jeweiligen Behandlung ist individuell ganz verschieden. Entscheidend ist unter anderem wie „fit“ Sie sind, welche Oberflächenmerkmale die Krebszellen aufweisen und wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist. Oftmals wird die Therapie im Rahmen von Studien an Kliniken durchgeführt.

Kein eindeutiger Sieger

Ob nun eine Chemotherapie eine bessere Wirkung erzielt oder ein zielgerichtetes Medikament, kann leider nicht vorhergesagt werden. Dies hängt nicht nur von den Eigenschaften der Krebszellen ab, sondern auch davon, wie gut Sie die jeweilige Therapie vertragen.

Welche Chancen bietet die Stammzelltransplantation bei CLL?

Eine weitere Therapieoption stellt die Stammzelltransplantation (SZT) dar. Sie kommt vor allem bei jungen, fitten Patienten in Frage, bei denen die Erkrankung sehr schnell voranschreitet.

Die Transplantation ist die einzige Therapieform, die zu einer vollständigen Heilung der CLL führen kann. Denn die kranken Blutstammzellen werden durch gesunde ersetzt. Dafür muss massiv in das blutbildende System des Körpers eingegriffen werden. Zunächst müssen die Blutstammzellen durch eine Chemotherapie vollständig zerstört und danach durch eine Stammzellspende neu aufgebaut werden.

Der Weg zur Heilung nicht ohne großes Risiko

Nun fragen Sie sich vielleicht, warum die Stammzelltransplantation nicht gleich bei jedem Betroffenen versucht wird. Der Grund ist das relativ hohe Risiko für den Erkrankten. Denn durch mögliche Komplikationen wie schwere Infektionen oder schwere Abstoßungsreaktionen nach der Transplantation ("graft-versus-host Erkrankung", GvHD) verstirbt einer von 10 Behandelten. Auch in den Jahren danach kann es zu Abstoßungsreaktionen kommen, die bis zu einem Viertel der Transplantierten das Leben kosten.

Was bedeutet Abstoßungsreaktion?

GvHD steht für Graft-versus-Host-Disease und bezeichnet einen Zustand, bei dem der eigene Körper vom neuen Immunsystem angegriffen wird. Das transplantierte Immunsystem wendet sich also gegen den „fremden“ Körper. Aus diesem Grund muss vor der SZT auch eine maximal aggressive Chemotherapie durchgeführt werden, um das körpereigene Immunsystem möglichst vollständig zu zerstören.

Positiver Nebeneffekt

Der Graft-versus-Host-Effekt kann aber auch von Vorteil für den Betroffenen sein. Einige Transplantierte profitieren möglicherweise von einer Bekämpfung noch verbliebener Tumorzellen durch das neue Immunsystem. Diesen Effekt wird auch Graft-versus-Leukemia (GvL) Reaktion genannt.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten bei CLL

Wie wirkt eine Strahlentherapie bei CLL?

Bei der Bestrahlung wird energiereiche ionisierende Strahlung direkt auf den Tumorherd gerichtet. Die Krebszellen werden hierdurch beschädigt und sterben ab.

Die Strahlentherapie wird bei der CLL recht selten eingesetzt: Nur wenn Medikamente nicht ausreichend helfen, kann der Erkrankte von der Bestrahlung sehr großer Lymphknoten (größer als 10 cm) profitieren. Denn die Strahlen können die Lymphknoten schrumpfen lassen und durch die Schwellung verursachte Beschwerden abmildern.

Gibt es auch alternative Therapiekonzepte bei CLL?

Geht es um die Behandlung von Krebserkrankungen, hört man immer wieder Meldungen über pflanzliche Präparate zur Unterstützung der Therapie. Ob die alternativen Heilverfahren halten, was sie versprechen ist die große Frage. Neues zu diesem Thema gibt es aus den USA. Eine an der berühmten Mayo-Klinik durchgeführte Studie hat nun Interessantes zum grünen Tee zu berichten:

Hilfe aus der Natur: Grüner Tee

Grüner Tee wirkt sich möglicherweise positiv auf den Krankheitsverlauf einer CLL aus. Studienteilnehmer, die an einer chronisch lymphatischen Leukämie erkrankt waren, bekamen zweimal am Tag einen "Grünen-Tee-Extrakt" verabreicht, der den wesentlichen Wirkstoff EGCG enthielt.

Das Ergebnis überraschte sogar die Krebsforscher der Mayo-Klinik. Bei der Mehrzahl der Betroffenen, die aufgrund ihrer Leukämie vergrößerte Lymphknoten hatten, kam es zu einer Verkleinerung dieser Knoten, zum Teil um bis zu 50%. Außerdem ging bei einem Drittel der Behandelten die Zahl der Lymphozyten zurück, was bei der chronisch lymphatischen Leukämie als Krankheitsrückgang gewertet wird.

Grüner Tee kann mehr

Für den Grünen Tee ist es nicht die erste Erfolgsmeldung. Seit einigen Jahren häufen sich die Studienergebnisse, in denen Grüner-Tee-Extrakte wirksam bei verschiedensten chronischen Erkrankungen sind.

Fazit:

Grüner Tee könnte also als eine ergänzende Maßnahme bei CLL hilfreich sein. Trotzdem empfehlen wir Ihnen, über das Thema mit Ihrem Arzt zu sprechen, bevor Sie mit dem vermeintlichen Gesundheitsbrunnen eine Eigentherapie beginnen. Eine gleichwertige Alternative zu bewährten Therapiekonzepten wie der Chemoimmuntherapie stellen die Teeblätter – nach heutigem Stand des Wissens – allerdings nicht dar.

Prognose

Kann die CLL geheilt werden?

Bisher konnte nur durch die Stammzelltransplantationen dauerhaft eine Heilung erzielt werden. Diese Therapieoption ist vor allem bei jüngeren, fitten Betroffenen erfolgversprechend. Stammt der Spender aus der eigenen Familie sind die Aussichten besonders gut.

Mit einer Chemoimmuntherapie kann die Krankheit nicht komplett beseitigt, aber oftmals gut zurückgedrängt werden. So können in vielen Fällen Beschwerden reduziert und die CLL über viele Jahre erfolgreich in Schach gehalten werden.

Auch ohne vollständige Heilung können somit zahlreiche Erkrankte trotz der chronischen lymphatischen Leukämie eine gute Lebensqualität haben und ein hohes Alter erreichen.

Wie ist die Lebenserwartung?

Je nach Stadium der Erkrankung ist die Lebenserwartung bei der CLL sehr unterschiedlich. Bei den meisten Patienten verläuft die chronische lymphatische Leukämie so langsam, dass die Lebensdauer nicht verkürzt wird. Bei ca. 25% kommt es allerdings zu einem rascheren Verlauf.

In vielen Fällen macht die CLL in den ersten Jahren keine Beschwerden. Besonders im Stadium A liegt die übrige Lebenszeit meist weit über zehn Jahren und die Lebenserwartung ist somit nicht eingeschränkt.

Anders ist es in höheren Stadien. Hier schreitet die Krankheit oft schneller voran, was die Lebensdauer reduzieren kann.

Quellen:

  • Projekt Leukämie-KMT. Stammzell-/Knochenmarktransplantation. Online unter www.leukaemie-kmt.de (zuletzt besucht am 28.09.2019).
  • G. Herold, Innere Medizin, Selbstverlag, 2016.
  • Universität Heidelberg, Patienteninformation zur Chronischen lymphatischen Leukämie (CLL). Online unter www.klinikum.uni-heidelberg.de (zuletzt besucht am 28.10.2019).
  • H. Baenkler: Duale Reihe Innere Medizin, Thieme Medizin Verlag, 2018.
  • AWMF, Leitlinienprogramm Onkologie: Patientenleitlinie chronische lymphatischen Leukämie (CLL). Online unter www.awmf.org (zuletzt besucht am 18.11.2020).

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Lisa Wunsch, Ärztin / medizinische Fachautorin

Dr. med. Lisa Wunsch
Ärztin / medizinische Fachautorin

    Studium:
  • Studium der Humanmedizin an der Universität Greifswald

 
Dr. med. Michaela Hilburger, Fachärztin für Urologie / Medikamentöse Tumortherapie

Dr. med. Michaela Hilburger
Fachärztin für Urologie / Medikamentöse Tumortherapie

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Klinikum Landshut gemeinnützige GmbH, Abteilung Urologie, Landshut

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