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Auf einen Blick

  • Alirocumab (Praluent®) ist ein gentechnisch hergestellter Antikörper.
  • Das Medikament hemmt ein Enzym in der Leber. In der Folge kann mehr "schlechtes" Cholesterin (LDL) abgebaut werden.
  • Praluent® muss unter die Haut gespritzt werden. 
  • Die häufigsten Nebenwirkungen sind Reaktionen an der Einstichstelle, Juckreiz von Haut und Unterhautgewebe sowie Erkältungssymptome.

Weitere Fragen zu Alirocumab beantworten wir im folgenden Beitrag.

Wirkung

Wie wirkt Alirocumab (Praluent®)?

Monoklonaler Antikörper

Der Wirkmechanismus von Praluent® ist gar nicht so einfach zu verstehen. Bei der Substanz handelt es sich um einen sogenannten monoklonalen Antikörper, eine recht neue Medikamentenklasse, die z.B. auch bei Autoimmunerkrankungen und in der Krebstherapie eingesetzt wird.

Monoklonale Antikörper sind gentechnisch hergestellte Eiweiße, die den körpereigenen Abwehrstoffen nachgebildet sind. Sie sind auf eine ganz bestimmte Zielstruktur "abgerichtet", im Falle von Alirocumab ein spezielles Enzym.

Praluent® steigert den Abbau von Cholesterin

Aber der Reihe nach. Wichtig zu wissen ist zunächst einmal, dass die Leber Hauptakteur für Aufnahme und Umbau von Cholesterin und Blutfetten ist. Praluent® greift nun ganz spezifisch an einem Punkt in diesen Prozess ein. Es blockiert ein Enzym, ein Eiweiß, das bei uns allen an der Zelloberfläche der Leber die Rezeptoren (Andockstellen) zerstört, über die das Organ LDL-Cholesterin aus dem Blut aufnehmen kann. Genetische Veränderungen in diesem Eiweißstoff sind zum Teil Ursache einzelner familiärer Fettstoffwechselstörungen.

Indem Praluent® das Enzym und damit den Abbau der Rezeptoren hemmt, steigt die Anzahl freier Andockstellen für LDL. So kann die Leber vermehrt Cholesterin aufnehmen und abbauen. Das LDL-Cholesterin im Blut sinkt.

Komplexer Name

Das Enzym, das Praluent® blockiert, trägt den langen Namen Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9, kurz PCSK9. Alirocumab gehört somit in die Wirkstoffgruppe der PSCK9-Inhibitoren (Hemmer). Ein weiteres Arzneimittel dieser Gruppe ist Evolucumab (Repatha®).

Cholesterinabnahme um 60%

Im Vergleich zu den ebenfalls gut wirkenden und als Goldstandard geltenden Statinen sind PCSK9-Inhibitoren noch potenter. Während die wirksamsten Statine (Rosuvastatin und Atorvastatin) das LDL um bis zu 55% senken, schafft Alirocumab eine Reduktion um bis zu 60%.

Mediziner verschreiben das Medikament zusätzlich, also on top zu den Statinen. Die Kombinationstherapie mit den Statinen kann LDL-Werte deutlich unter 70 mg/dl erzielen. Bei Menschen, die Statine nicht vertragen, kann der Antikörper auch in Kombination mit anderen Fettsenkern oder als Einzelmedikament gegeben werden.

Es gibt jedoch auch hier Menschen, die nicht auf diese Wirkstoffgruppe ansprechen und bei denen in Einzelfällen selbst die gemeinsame Gabe beider Mittel die LDL-Werte nicht ausreichend reduziert. Unter Umständen helfen hier genetische Tests weiter.

Cholesterinsenkung durch Alirocumab

Wer bekommt Alirocumab?

Zugelassen ist das Medikament für Menschen mit Fettstoffwechselstörungen und hohem kardiovaskulärem Risiko z.B. für Schlaganfall oder Herzinfarkt, bei denen die sonst üblichen potenten Statine und andere Fettsenker das Cholesterin nicht ausreichend reduzieren.

Medikament zunächst für Hochrisikogruppen

Praluent® ist potent, neu und noch ziemlich teuer. Aktuell (Stand 2019) ist es einerseits für Menschen mit bestimmten familiären Fettstoffwechselstörungen (primäre Hypercholesterinämie und gemischte Dyslipidämie) sowie für Personen mit bestehender atherosklerotischer Erkrankung des Herzens wie einer koronaren Herzkrankheit zugelassen, bei denen die üblichen Medikamente die Ziel-LDL-Werte nicht erreichen.

Bei Menschen mit stark eingeschränkter Nierenfunktion (GRF < 30) müssen Mediziner vorsichtig sein. Hier gibt es wenig Erfahrung, da Betroffene in der Studie nicht eingeschlossen waren.

Wieso ist die Cholesterinsenkung wichtig?

Gefäße verkalken

Cholesterin kann an den Gefäßinnenwänden zu Entzündungs- und Ablagerungsprozessen führen. Auf Dauer entstehen dadurch sogenannte Plaques, die die Gefäße verstopfen und sich als Gerinnsel lösen können. An Herzkranzgefäßen, Halsschlagader, Beinarterien und Hauptschlagader können sie zu schwerwiegenden Problemen wie koronarer Herzkrankheit, Infarkten, Schlaganfällen, Beinverschlüssen oder einem Aortenaneurysma (Aussackung der Hauptschlagader) führen.

Strenge Einstellung bei Hochrisikogruppen

Abhängig vom individuellen Risiko, einen Gefäßverschluss zu erleiden, sprechen Mediziner Empfehlungen aus, bei wem und wie stark das Cholesterin jeweils gesenkt werden sollte. Ziel dabei ist es, zu verhindern, dass Gefäßkrankheiten entstehen oder fortschreiten bzw. Komplikationen auftreten.

Besonders streng sind Ärzte bei den sogenannten Hochrisikogruppen. Hierzu gehören zum Beispiel Menschen mit Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), die bereits einen Herzinfarkt hatten. Bei ihnen soll das "schlechte" Cholesterin LDL stark reduziert werden und Werte unter 70 mg/dl erreichen.

Basistherapie: gesunder Lebensstil

Wichtig bei der Behandlung einer Hypercholesterinämie ist, dass der Lebensstil entsprechend angepasst wird. Hierzu gehören Ernährungsveränderungen und Bewegung. Allein durch die Umstellung der Kost und durch Verzicht auf Alkohol sinkt Ihr LDL um 20-60 mg, und Ihr Körper spricht besser auf fettsenkende Arzneimittel an.

Einnahme

Wie wird Alirocumab verabreicht?

Spritze unter die Haut

Praluent® ist als Fertigspritze auf dem Markt. Sie enthält 75 mg Wirkstoff und wird unter die Haut gespritzt, ähnlich wie Insulin oder Antithrombosespritzen. Aber keine Sorge: Das Spritzen ist gar nicht so schwierig. Einige Menschen haben zwar Hemmungen, sich die Spritzen selbst zu geben. Mit ein wenig Übung gewöhnen sich die meisten aber schnell daran.

Die Gabe erfolgt in der Regel alle zwei, manchmal auch alle vier Wochen, meist in den Oberschenkel oder Oberarm. Sie sollten die Einstichstellen immer wieder wechseln.

Bleiben die Cholesterinwerte unter 75 mg Praluent® weiterhin erhöht, kann Ihr Arzt die Menge auf 150 mg, ebenfalls alle 14 Tage, verdoppeln. Für Menschen in höherem Alter oder für Personen mit leichter bis mittelschwerer Nierenerkrankung gelten dieselben Empfehlungen, die Dosis muss hier nicht verringert werden.

In der Regel zusätzlich zu Statinen

Alirocumab ersetzt in der Regel nicht die Einnahme von Statinen oder auch anderen Fettsenkern, sondern wird zusätzlich dazu verabreicht, wenn die bisherige Therapie die Blutfette nicht ausreichend gesenkt hat. Wenn jemand Statine hingegen gar nicht verträgt, verschreiben Ärzte es unter Umständen auch als Monotherapie (Einzelmedikament).

Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen hat Praluent®?

Zu den Nebenwirkungen von Alirocumab zählen:

  • Reaktionen an der Einstichstelle mit Rötung, Juckreiz, Schwellung und Schmerzen
  • Juckreiz von Haut und Unterhautgewebe
  • Infektionen und Erkrankungen der oberen Atemwege einschließlich Rhinorrhoe (laufende Nase)

Die genannten Beschwerden treten bei 1-10 von 100 Personen auf. Allergische Nebenwirkungen mit Quaddelbildung (Urtikaria) oder Überempfindlichkeitsreaktionen treten hingegen nur selten, das heißt bei 1-10 von 10.000 Menschen auf. Nicht beobachtet wurden bisher grippeartige Erkrankungen.

Spezielle Nebenwirkungen bei Praluent®

Kann es zu Reaktionen an der Einstichstelle kommen?

Wie bei vielen Mitteln und Antikörpern, die subkutan, also unter die Haut gespritzt werden, sind Veränderungen an der Injektionsstelle möglich. Hier können Schwellungen, Schmerzen und Rötungen auftreten.

In einer der Studien, die auch Nebenwirkungen von Praluent® untersuchte, traten derartige Veränderungen bei 6,1% der Menschen auf, die Alirocumab erhielten. Bei all denjenigen, die dagegen "nur" Placebo gespritzt hatten, traten ebenfalls bei 4,1% lokale Probleme durch die Injektion auf. In beiden Gruppen waren die Beschwerden aber gering, nur 0,3% bzw. 0,2% der Teilnehmer setzten das Mittel (bzw. Placebo) deshalb ab.

Wie lange dauert es bis der Juckreiz nachlässt?

Allgemein allergische Reaktionen traten unter Praluent® ebenfalls auf. In der Verumgruppe (Medikamentengruppe) traf es 8,1% der Probanden, in der Placebogruppe immerhin 7%. Auch hier hielten die Beschwerden (Juckreiz) nicht lange an.

Sind Gelenk- und Muskelschmerzen typisch?

In Internetforen berichten Betroffene immer wieder von Gelenk- und Muskelschmerzen sowie Kopfschmerzen, Schwindel und Fieberepisoden. Die Fachinformation nennt Muskel- und Gelenkbeschwerden dagegen nicht als typische Beschwerden. Vielleicht liegt es auch an der Kombination mit den Statinen, die diese Nebenwirkungen unter Umständen mit sich bringt.

Quellen:

  • Rote Liste, verfügbar unter: https://www.patienteninfo-service.de/a-z-liste/pq/praluent-150-mg-injektionsloesung-in-einem-fertigpen
  • Markham A. Alirocumab: First Global Approval. Drugs. 2015 Sep;75(14):1699-705. doi: 10.1007/s40265-015-0469-8. PMID: 26370210

Haben Sie eigene Erfahrungen oder eine andere Meinung? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar (bitte Regeln beachten)

Kommentare  
Praluent
Ich habe Muskel und Knochenschmerzen. Muss mich erst langsam bewegen und dann - nach ca. 15 Minuten - bin ich fast schmerzfrei. Im Sitzen sind die Schmerzen vermehrt. Auch, wenn ich nach dem Sitzen aufstehe. Leider sind meine Blutwerte nicht besser, und ab Februar soll ich 1 x wöchentlich zu Blutfilterung. Suche Möglichkeiten dies zu umgehen. Hat jemand Erfahrung, den Wert vieleicht auf natürliche Weise zu senken?
Kommentare

Autorin unseres Artikels
 
Dr. med. Susanne Endres, Fachärztin für Innere Medizin

Dr. med. Susanne Endres
Fachärztin für Innere Medizin

    Studium:
  • Freie Universität Berlin
    Berufliche Stationen:
  • Vivantes Humboldt-Klinikum, Berlin Reinickendorf
  • McGaw Medical Center of Northwestern University, Chicago

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Medizinische Prüfung
des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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