Was ist ein Diabetes insipidus? Welche Symptome sind typisch? Wie wird die Erkrankung behandelt? Im folgenden Beitrag finden Sie Antworten auf diese Fragen.
Definition
Was ist ein Diabetes insipidus?
Körper verliert große Mengen Flüssigkeit
Der Diabetes insipidus hat bis auf den Namen wenig mit dem Diabetes mellitus gemein. Bei dieser Erkrankung, die auf einen Hormondefekt zurückgeht, können die Nieren die Flüssigkeit nicht mehr genügend zurückhalten. Das liegt an einem Mangel an ADH (antidiuretisches Hormon). Dieser Botenstoff sorgt normalerweise dafür, dass die Nieren Wasser aus dem Blut herausfiltern und im Körper halten, damit der Blutdruck und die Zusammensetzung des Blutes konstant bleiben. Ohne ADH geht das Wasser mit dem Urin verloren.
Betroffene mit Diabetes insipidus leiden unter sehr häufigem Wasserlassen, Durst und der ständigen Gefahr der Austrocknung.
insipidus = geschmacklos
Die Abgrenzung zum weithin bekannteren Diabetes mellitus zeigt sich im Beinamen der beiden Erkrankungen: Während „mellitus“ für einen „honigsüßen“ Urin steht, bedeutet „insipidus“ „ohne Geschmack, geschmacklos“. Diese Unterscheidung war früher, als man noch keine anderen diagnostischen Möglichkeiten hatte, wichtig. Die Ärzte haben damals tatsächlich den Urin der Erkrankten daraufhin untersucht, sprich probiert, wie er schmeckte. Das würde heute im Grunde auch noch funktionieren, macht aber natürlich keiner mehr.
Zwei Formen: zentraler und renaler Diabetes insipidus
Wie kommt es zum ADH-Mangel?
Beim Diabetes insipidus kann das ADH aus zwei verschiedenen Gründen fehlen: Entweder es kommt kein ADH in der Niere an, oder das ADH kann nicht richtig wirken, da die Niere nicht darauf reagiert. Entsprechend werden zwei Formen des Diabetes insipidus unterschieden:
- zentraler Diabetes insipidus (ADH-Mangel)
- renaler Diabetes insipidus (fehlendes Ansprechen auf ADH)
Was ist der zentrale Diabetes insipidus?
Bei der häufigeren zentralen Form funktioniert die übergeordnete Schaltzentrale im Gehirn, die sogenannte Neurohypophyse, nicht richtig. In ihr wird das ADH gespeichert und normalerweise bei bestimmten Reizen ausgeschüttet und zur Niere transportiert.
Verschiedene Erkrankungen der Hypophyse können dazu führen, dass dieser Mechanismus aussetzt. In einem Drittel der Fälle stehen genetische Defekte im Hintergrund.
Was ist der renale Diabetes insipidus?
Der renale Diabetes insipidus kommt weitaus seltener vor. Hier liegt die Störung in der Niere (lat. ren) selbst. Die Rezeptoren (Ankerstellen), an denen ADH bindet, reagieren nicht auf das Hormon. Die Erkrankung kann angeboren sein oder zu einem späteren Zeitpunkt erworben werden. Dahinter können wiederum verschiedene Erkrankungen, aber auch Medikamente stecken.
Symptome und Diagnose
Welche Beschwerden verursacht ein Diabetes insipidus?
Durst und ständiger Toilettendrang
Ein Diabetes insipidus äußert sich recht charakteristisch. Die Symptome treten oft mit einem Mal auf und umfassen:
- eine starke Urinausscheidung (Polyurie)
- zwanghaften Durst mit häufigem Trinken (Polydipsie)
- einen stark verdünnten Urin (Asthenurie)
Bei Kleinkindern unter zwei Jahren kommt es statt der übermäßigen Urinausscheidung zu starken Durchfällen.
In schweren Fällen: Verwirrtheit und Krämpfe
Beide Male kann der Wasserverlust enorm sein. Betroffene können bis zu 25 Liter täglich verlieren. Um das Flüssigkeitsdefizit zu kompensieren, sind sie ständig durstig und trinken große Mengen. Dennoch besteht die Gefahr der Austrocknung, die sich in vermehrter Schläfrigkeit, Verwirrtheit und Krämpfen bis hin zum Koma ausdrücken kann.
Um zur richtigen Diagnose zu gelangen, werden verschiedene Tests durchgeführt. Damit kann man genau unterscheiden, ob und welche Form des Diabetes insipidus vorliegt. Falls eine andere Erkrankung dahintersteckt, können weitere Untersuchungen notwendig werden.
Mit dem Durstversuch zur richtigen Diagnose
Wie funktioniert der Durstversuch bei Verdacht auf Diabetes insipidus?
Ganz einfach: Sie müssen eine Zeit lang dursten, dürfen also nichts trinken. Dabei werden regelmäßig Urin- und Blutproben entnommen. Normalerweise wird der Urin daraufhin konzentrierter. Man sagt auch, die Urinosmolarität steigt an. Beim Diabetes insipidus hingegen bleibt der Urin wässrig, dafür nimmt die Blutkonzentration zu.
Warum bleibt der Urin beim Diabetes insipidus wässrig?
Wenn wir wenig trinken, sorgt ADH beim Gesunden dafür, dass der Wasserhaushalt trotzdem stabil bleibt, indem die Niere vermehrt Flüssigkeit zurückhält und damit dem Körper zur Verfügung stellt. Entsprechend weniger und hoch konzentrierter Urin wird ausgeschieden. Beim Diabetes insipidus funktioniert dieser Mechanismus nicht. Kein ADH – kein Wasser für den Körper. Der Urin fließt weiter in Mengen, während dem Blut immer mehr Flüssigkeit fehlt.
Wie geht es weiter, wenn der Test einen wässrigen Urin ergeben hat?
Wenn das Ergebnis auffällig war, bekommen Betroffene eine Testdosis ADH verabreicht. So lassen sich zentraler und renaler Diabetes insipidus unterscheiden:
Zentral: ADH zeigt Wirkung
Bei der zentralen Form normalisieren sich die Werte daraufhin. Die Urinosmolarität steigt also an. Das liegt daran, dass die Niere ja durchaus noch auf das ADH reagiert. Sie muss es nur bekommen.
Renal: kein Ansprechen auf ADH
Beim nephrogenen Diabetes insipidus tut sich dagegen nichts. Das zugeführte ADH kann hier nicht wirken, da die Niere unempfindlich dafür ist.
Zu guter Letzt: Messung von ADH
ADH kann auch direkt im Blut bestimmt werden. Beim zentralen Diabetes insipidus ist es zu niedrig, beim renalen zu hoch.
Behandlung
Wie wird ein Diabetes insipidus behandelt?
Die Behandlung des Diabetes insipidus unterscheidet sich je nach Form und Ursache der Erkrankung. Wenn etwa ein Tumor oder eine Entzündung des Gehirns im Hintergrund steht, muss eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden. Dasselbe gilt beim renalen Diabetes insipidus, wenn er auf einer bestimmten Nierenerkrankung beruht. Manchmal sind auch Medikamente wie zum Beispiel Lithium dafür verantwortlich. Sie müssen dann natürlich abgesetzt werden.
ADH als Tablette
Darüber hinaus kann beim zentralen Diabetes insipidus das fehlende ADH ersetzt werden. Dazu wird der Wirkstoff Desmopressin entweder als Tablette oder in die Nase verabreicht. Bei der renalen Form können bestimmte Wassertabletten (Thiaziddiuretika) oder ggf. antientzündliche Medikamente (NSAR) verabreicht werden.
Quellen:
- Leitlinienprogramm Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), verfügbar unter: https://www.endokrinologie.net/files/download/089-002l_S2k_Diagnostik-Therapie-hormonaktiver-Hypophsenadenome_2020-02.pdf