Morbus Crohn und Colitis ulcerosa werden medizinisch als chronisch-entzündliche Darmerkrankungen bezeichnet. Der Grund: Ohne die genaue Ursache zu kennen, ist die Darmschleimhaut bei diesen Erkrankungen entzündlich verändert. Entsprechend beruht die schulmedizinische Behandlung vor allem auf der Einnahme von antientzündlichen Medikamenten, also Kortison & Co.
Dass es auch außerhalb der Schulmedizin Wirkstoffe mit entzündungshemmenden Effekten gibt, ist von der Fachwelt erst in den letzten Jahren ernsthaft zur Kenntnis genommen worden. Nun zeigen die ersten wissenschaftlichen Studien, dass diese Naturstoffe durchaus mehr Potential haben, als nur von Heilpraktikern begleitend verordnet zu werden. Ein Beispiel: Omega-3-Fettsäuren. In diesem Beitrag erläutern wir, welche Nachweise für die Wirkung des Fischöls und seiner Bestandteile mittlerweile vorliegen.
Immunblocker wie Kortison: irgendwie den Entzündungsreiz lindern
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa unterscheiden sich in einigen Aspekten. Gemeinsam ist ihnen aber, dass sich die chronische Entzündung mal stärker, mal schwächer bemerkbar macht. In einem Schub sind die Beschwerden (Durchfall, Schmerzen, Krankheitsgefühl etc.) oft so ausgeprägt, dass es therapeutisch vor allem mal darum gehen muss, den Entzündungsreiz zu lindern. Oft geschieht das mit Kortison, bestimmten Immunsuppressiva (sie fahren das körpereigene Abwehrsystem herunter) oder anderen Medikamenten. Einfluss hat aber auch die Ernährung.
Leichte Kost ist eine, aber nicht die einzig mögliche Ernährungsmaßnahme
Grundsätzlich gilt: Es gibt nicht DIE Colitis- oder Crohn-Diät, die Sie befolgen sollten. Was Betroffenen jeweils gut tut, ist sehr individuell.
Vor allem in einem Schub verliert der Körper durch die Durchfälle Flüssigkeit. Oft setzt die Entzündung dem Körper auch generell zu. Die Folge: Der Darm schafft es dann nicht, alle wichtigen Nährstoffe aus der Nahrung zu ziehen und an den Organismus weiterzugeben.
Deshalb kann es während eines Schubes sehr hilfreich sein, eher leicht verdauliche Mahlzeiten zuzubereiten – dadurch kann sich der Darm etwas ausruhen und erholen. Das bedeutet:
- nicht zu viele Ballaststoffe (sie sind Schwerstarbeit für den Darm);
- statt sprudelnder Getränke eher stilles Wasser oder Tee;
- statt Vollkornbrot lieber helles Brot, Reiswaffeln oder Zwieback.
Bei der Zufuhr von Fett sollten Sie auf wertvolle Fettsäuren achten – ein gutes Beispiel sind die Omega-3-Fettsäuren.
Antientzündliche Effekte der Omega-3-Fettsäuren
Die Omega-3-Fettsäuren zeichnen sich insbesondere durch ihre entzündungshemmende Wirkung aus. Deshalb haben sie sich in den letzten Jahren zu ernsthaften therapeutischen Alternativen bei chronischen Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen entwickelt. Beispiele sind: rheumatoide Arthritis, Schuppenflechte, Multiple Sklerose und eben Morbus Crohn sowie Colitis ulcerosa (Simopoulos 2002).
Forscher in Italien untersuchten die Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei Menschen mit Morbus Crohn, bei denen sich die Krankheit gerade in einer Ruhephase befand (sogenannte Remission). Insgesamt waren knapp 80 Probanden an der Studie beteiligt. Eine Gruppe bekam Kapseln mit einem bestimmten Fischöl-Präparat, sodass sie pro Tag auf 2,7 g an Omega-3-Fettsäuren kamen. In der anderen Gruppe wurde ein Scheinmedikament verabreicht. Das Ergebnis: In der „Fischöl-Gruppe“ erlitten weniger Patienten einen Rückfall als in der Placebo-Gruppe (Belluzzi et al. 1996).
In einer anderen Studie erhielten einige Crohn-Patienten täglich 5,1 g Omega-3-Fettsäuren. Ein erneuter Schub ließ sich auf diese Weise zumindest hinauszögern, wenn auch nicht auf Dauer verhindern (Loeschke et al. 1996).
Omega-3-Fettsäure DHA offenbar besonders wichtig
Können Omega-3-Fettsäuren Menschen sogar komplett davor bewahren, an einer chronischen Darmentzündung zu erkranken? Darum ging es – bezogen auf Colitis ulcerosa – in einer Untersuchung in der britischen Grafschaft Norfolk mit rund 25.600 Probanden. Es stellte sich heraus, dass diejenigen mit einer hohen Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren häufiger von der Krankheit verschont blieben als die mit einem geringeren Omega-3-Verzehr. Einen besonders guten Schutz liefert demnach offenbar die Omega-3-Fettsäure DHA, die vor allem in fettreichem Fisch vorkommt (John et al. 2010).
Diesen Effekt stellten Forscher in einer anderen Erhebung auch in Bezug auf Morbus Crohn fest. Rund 230.000 Menschen waren in die Untersuchung eingebunden. Wiederum war es die Omega-3-Fettsäure DHA, die ausschlaggebend war (Chan et al. 2014).
Noch offene Fragen zu Dosis und Wirkmechanismen
Es scheint also so zu sein, dass die Omega-3-Fettsäuren eine lindernde Wirkung auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen haben bzw. möglicherweise sogar davor schützen. In einer Arbeit von 2014 heißt es, fast alle Studien deuteten auf die positiven Effekte hin. Kontrovers diskutiert werde dagegen noch, wie die Omega-3-Fettsäuren das schafften und welche Mechanismen abliefen. Deshalb seien weitere Untersuchungen notwendig (Farrukh & Mayberry 2014).
Ähnlich fällt das Fazit brasilianischer Forscher aus. Sie schreiben, die entzündungshemmende Wirkung der Omega-3-Fettsäuren sei unbestritten. Welche Zufuhr bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen erforderlich und sinnvoll sei, müsse sich aber noch zeigen, dazu bedürfe es weiterer Erhebungen (Barbalho et al. 2016). Auch wenn Details zu Wirkmechanismen und Dosierungen also fehlen, ist die Grundlage erst einmal vielversprechend.
Weitere positive Effekte der Omega-3-Fettsäuren
Abgesehen davon werden den Omega-3-Fettsäuren generell gesundheitsfördernde Wirkungen nachgesagt. So sollen sie natürliche Stimmungsaufheller sein, die Zellmembranen schön geschmeidig halten, die Gedächtnisleistung fördern und einiges mehr. Insofern bietet es sich grundsätzlich an, auf eine gute Portion dieser Fettsäuren zu setzen. Allerdings kann der Körper sie nicht selbst herstellen. Deshalb kommen Sie nur über Ihre Ernährung an diese Fettsäuren dran.
Dabei gibt es mehrere Varianten, denn es existieren verschiedene Omega-3-Fettsäuren. In einigen Pflanzenölen wie Lein- oder Chia-Öl stecken große Mengen der Omega-3-Fettsäure namens Alpha-Linolensäure, kurz ALA. Sie muss aber noch in die biologisch aktiveren Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) umgewandelt werden. Da der Körper das nur zu etwa 5% schafft, ist es ratsam, EPA und DHA direkt als solche aufzunehmen.
EPA und DHA sind hauptsächlich in fettreichem Fisch wie Hering, Lachs und Makrele sowie in speziellen Algen enthalten. Alternativ gibt es auch viele Nahrungsergänzungsmittel mit Fisch- oder Algenölen. Sie haben den Vorteil, dass die Menge an EPA und DHA eindeutig deklariert ist, während der EPA/DHA-Gehalt in den Fischen je nach Jahreszeit, Sorte und Fanggebiet recht stark schwanken kann.
Zufuhr an Omega-6-Fettsäuren drosseln
Es geht aber nicht allein um die Omega-3-Fettsäuren, sondern auch um das Verhältnis zu den Omega-6-Fettsäuren. Bei den meisten von uns ist es so: Die Omega-3-Fettsäuren kommen zu kurz, während die Omega-6-Fettsäuren sich genüsslich im Körper breit machen. Statt 5mal so viele Omega-6-Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren zu essen, nehmen die meisten von uns 20mal so viele Omega-6-Fettsäuren oder mehr auf.
Das Problem: Sowohl die Omega-6- als auch die Omega-3-Fettsäuren konkurrieren um dieselben Enzyme. Sind die Omega-6-Fettsäuren im Übermaß vorhanden, kann es sein, dass sie sich einen Großteil der Enzyme schnappen und damit letztlich die Wirkung der Omega-3-Fettsäuren beeinträchtigen.
Aber nicht nur das. Eine bestimmte Omega-6-Fettsäure, die sogenannte Arachidonsäure, steht im Verdacht, Entzündungen zu fördern – und das ist bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa natürlich besonders kontraproduktiv. Die Arachidonsäure findet sich hauptsächlich in Fleisch, Eigelb und Butter. Einige pflanzliche Öle wie und Sonnenblumen-, Soja- und Maiskeim-Öl sind allerdings auch an der Misere beteiligt, denn sie strotzen nur so vor Linolsäure (ebenfalls eine Omega-6-Fettsäure) – aus der wiederum die Arachidonsäure entstehen kann.
Fazit
Dass Omega-3-Fettsäuren bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa das Potential haben, die Erkrankung einzudämmen und die Beschwerden zu lindern, ist wissenschaftlich mehrfach belegt. Noch unklar ist, welche Dosierung und welche Einnahmedauer für einen therapeutischen Effekt notwendig sind. Aber Fakt ist: Viel Fisch zu essen und ggf. auch durch zusätziche Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren den Wirkspiegel im Körper hoch zu halten, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eher nützlich als schädlich.
Quellen:
- Barbalho SM, Goulart Rde A, Quesada K, Bechara MD, de Carvalho Ade C: Inflammatory bowel disease: can omega-3 fatty acids really help? 2016.
- Belluzzi A, Brignola C, Campieri M, Pera A, Boschi S, Miglioli M: Effect of an enteric-coated fish-oil preparation on relapses in Crohn's disease. 1996.
- Chan SS, Luben R, Olsen A, Tjonneland A, Kaaks R, Lindgren S, Grip O, Bergmann MM, Boeing H, Hallmans G, Karling P, Overvad K, Venø SK, van Schaik F, Bueno-de-Mesquita B, Oldenburg B, Khaw KT, Riboli E, Hart AR: Association between high dietary intake of the n-3 polyunsaturated fatty acid docosahexaenoic acid and reduced risk of Crohn's disease. 2014.
- Farrukh A, Mayberry JF: Is there a role for fish oil in inflammatory bowel disease? 2014.
- John S, Luben R, Shrestha SS, Welch A, Khaw KT, Hart AR: Dietary n-3 polyunsaturated fatty acids and the aetiology of ulcerative colitis: a UK prospective cohort study. 2010.
- Loeschke K, Ueberschaer B, Pietsch A, Gruber E, Ewe K, Wiebecke B, Heldwein W, Lorenz R: n-3 fatty acids only delay early relapse of ulcerative colitis in remission. 1996.
- Simopoulos AP: Omega-3 fatty acids in inflammation and autoimmune diseases. 2002.