Leidet ein Elternteil an Borderline, bedeutet das nicht automatisch, dass man selbst auch an der Störung leidet. Es ließ sich bislang keine direkte Vererbung nachweisen. Auch ein bestimmtes Borderline-Gen gibt es nicht.
Zwillingsstudien: Die Bedeutung des Erbes
Dennoch werden Erbkomponenten vermutet, die die Neigung zu der Krankheit erhöhen können. Das geht aus Familien-, Adoptions- und vor allem Zwillingsstudien hervor. So konnte bei eineiigen Zwillingen eine deutlich höhere Konkordanz (lat. condordare "übereinstimmen") gegenüber zweieiigen gefunden werden. Das bedeutet folgendes:
Eineiige Zwillinge sind in ihren Erbanlagen völlig identisch, während zweieiige Zwillinge sich genetisch nur in etwa wie "normale" Geschwister ähneln. Wenn nun ein bestimmtes Merkmal (z.B. eine auffällige Impulsivität oder emotionale Instabilität) bei eineiigen Zwillingen häufiger übereinstimmend, also bei beiden Kindern auftritt als bei zweieiigen, ist dies ein Hinweis auf eine erbliche Komponente. Denn dann kann man davon ausgehen, dass die eineiigen Zwillinge deshalb beide betroffen sind, weil sie dieselbe Erbanlage mitbekommen haben, in der gewissermaßen die Borderlineerkrankung steckte.
Genetisches oder soziales Erbe?
Allerdings sind solche Merkmale nur schwer von einem "sozialen Erbe" zu trennen. Emotionale Instabilität, der Umgang mit belastenden Situationen und Stress bzw. die Art der Reaktionen und Verhaltensweisen können auch erlernt sein.
Immer wieder ausgeübte Gewalterfahrungen formen bestimmte Reaktionsmuster heraus, die notwendig sind, um mit dem Erlebten umzugehen und sich zu schützen. Daneben können Verhaltensweisen auch durch das (negative oder positive) Beispiel anderer Menschen, insbesondere solcher mit Vorbildfunktion, beeinflusst werden.
Als gesichert gilt, dass das äußere Umfeld einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Störung nimmt. Es dürfte unmittelbar verständlich sein, dass es ein großer Unterschied ist, ob ein Kind in einem liebevollen oder in einem schwierigen, gar traumatisierenden Umfeld groß wird.