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Wie ist das Immunsystem aufgebaut? Wie kann man es stärken, woran erkennt man eine geschwächte Abwehrkraft? Fragen dazu beantworten wir in diesem Kapitel.

Aufbau

Woraus besteht unser Immunsystem?

Neben mechanischen und chemischen Abwehrbarrieren vor allem von Haut und Schleimhäuten sorgt unser Immunsystem auf komplexe, faszinierende und äußerst effektive Art und Weise für unseren Gesundheitsschutz. Dabei gibt es gar nicht das eine Immunsystem, sondern gleich mehrere, die je nach Fokus der Betrachtung unterschieden werden können.

Immunsystem: Zellen und Botenstoffen

Unser Immunsystem besteht aus vielen verschiedenen Komponenten, die auf sehr komplexe Art und Weise zusammenwirken. Dabei kann man im wesentlichen zwei Gruppen unterscheiden: Zellen und Botenstoffe.

Zu den Abwehrzellen gehören vor allem die weißen Blutkörperchen. Das sind Leukozyten, Lymphozyten und zahlreiche Unterformen. Zu den Botenstoffen zählen Antikörper und zahllose weitere Immunfaktoren. Es gibt, wie die Wissenschaftler sagen, eine zelluläre und eine humorale Immunantwort auf Eindringlinge, Fremdkörper und Krankheitssignale.

Abwehrspezialisten aus dem Knochenmark

Und wo kommen diese Abwehrpolizisten alle her? Diverse Immunorgane dienen als Bildungs-, Sammel- oder Wirkstätte. Zu den Immunorganen zählen das Knochenmark, Thymus und Milz, Lymphknoten und Lymphbahnen, die Mandeln und das lymphatische Gewebe im Darm.

Vorläufer für die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sind die Stammzellen. Sie werden im Knochenmark gebildet und reifen entweder dort oder im Thymus zu vollwertigen Abwehrzellen heran. Die Abwehrzellen gelangen ins Blut und über Blut- und Lymphgefäße in alle Teile des Körpers.

Basis-Polizei und GSG 9

Außerdem wird beim Immunsystem noch zwischen zwei Varianten unterschieden:

  • eine unspezifische, angeborene Immunabwehr
  • und eine spezifische, erworbene Immunabwehr

Die unspezifischen Abwehrzellen werden Granulozyten genannt. Sie verrichten als Fresszellen (Makrophagen) oder natürliche Killerzellen (NK-Zellen) ihre Arbeit, indem sie Eindringlinge oder Fremdmaterial unschädlich machen und verspeisen. Sie sind die Basis-Polizei ohne Spezialausbildung.

Die spezifischen Immunzellen werden hingegen erst gebildet, wenn ein spezieller Fremdstoff bekämpft werden muss. Sie sind  maßgeschneidert, reagieren also speziell gegen diesen Feind. Spezifisch sind zum Beispiel Antikörper gegen das Masern-Virus. Diese Antikörper entstehen erst durch Kontakt mit dem Erreger (oder einem entsprechenden Impfstoff), sind exakt auf ihn ausgerichtet und werden auch wirklich nur dann aktiv, wenn sich erneut ein Masern-Virus in den Körper traut. Das ist die GSG 9.

Stammen die spezifischen Immunzellen aus aus dem Knochenmark, werden sie B-Zellen oder B-Lymphozyten genannt („B“ für bone marrow = Knochenmark auf Englisch). Diejenigen aus dem Thymus heißen T-Zellen oder T-Lymphozyten („T“ für Thymus).

Die B-Zellen produzieren Antikörper, die an antigene (fremde) Strukturen binden und verschiedene Abwehrfunktionen erfüllen. Und dann gibt es noch das sogenannte Komplementsystem. Es zählt wie die Antikörper zur humoralen Immunität und hilft bei der Bekämpfung und Zerstörung zellulärer Eindringlinge (z.B. Bakterien).

Welche Antikörper gibt es?

Es gibt verschiedene Antikörper-Typen im menschlichen Körper. Da es sich dabei chemisch um sogenannte Immunglobuline (Ig) handelt, sind die Abkürzungen IgA, IgE etc. gebräuchlich.

Immunglobuline

Die körpereigenen Antikörper sind chemisch betrachtet sogenannte Immunglobuline (Ig). Sie werden im medizinischen Fachjargon ja nach Typ IgA, IgE etc. genannt. Bei den IgE-Antikörpern handelt es sich um den Typ, der bei den meisten allergischen Reaktionen aktiviert wird.

IgE

IgE ist die Bezeichnung für diejenigen Antikörper-Typen, die vor allem bei der Allergiereaktion vom Körper gebildet werden. Allergiker haben somit meist einen hohen IgE-Antikörper-Gehalt im Blut.

Aufgaben unseres Immunsystems

Welche Funktion hat das Immunsystem?

Grob vereinfacht kann man sagen: Das Blut bekämpft alle Erreger und Fremdstoffe, die noch nicht in die Körperzellen eingedrungen sind. Die wichtigste Waffe sind dabei Antikörper, die millionenfach in Blut und Lymphe zirkulieren. Sie bilden das Zentrum der sogenannten humoralen Immunantwort, was in etwa so viel bedeutet wie "flüssige Abwehr".

Der zweite Teil des Immunsystems ist dann die zelluläre Immunantwort, also alles das, was wir gegen infizierte Zellen an Abwehrmechanismen bereithalten.

Eindringlinge bekommen es zunächst mit der Lymphe zu tun

Hauptbestandteil der humoralen Immunität sind wie gesagt spezifische Antikörper. Sie werden von speziellen weißen Blutkörperchen, den Lymphozyten produziert, genauer gesagt von den B-Lymphozyten. Von dort werden sie in die Körperflüssigkeiten abgegeben, wo sie zirkulieren und bestimmte Krankheitserreger abfangen.

Bei den Antikörpern handelt es sich um Immunglobuline (Ig), von denen es verschiedene Subtypen gibt. Im Blut sind etwa IgM und IgG zu finden, im Speichel IgA. Daneben gibt es auch Immunglobuline, die direkt auf der Zellmembran sitzen, wie das IgE auf Mastzellen. Sie sind allerdings Teil der zellulären Immunität.

Und so entstehen die Antikörper

Eine humorale Immunreaktion beginnt damit, dass ruhende B-Lymphozyten Fremdstoffe oder Erreger im Blut erkennen. Dadurch werden sie aktiviert. Danach wird es brutal: Die Lymphozyten verspeisen die Fremdstoffe (medizinisch: die Antigene) und präsentieren diese auf ihrer Oberfläche.

Nun kommt eine zweite Gruppe weißer Blutkörperchen ins Spiel, die T-Helfer-Zellen. Bei Kontakt zu den Fremdstoff-beladenen B-Lymphozyten produzieren sie hormonähnliche Signalstoffe. Dieser Stimulus führt zur Vermehrung und Weiterentwicklung der B-Lymphozyten. Es entstehen Plasmazellen. Und die Plasmazellen bilden massenhaft Antikörper.

Und was machen die Antikörper? Sie binden sich an alle weiteren Fremdpartikel der gleichen Art (z.B. Erkältungs-Viren) und verklumpen sich mit ihnen. Der Schrotthaufen wird anschließend von körpereigenen Fresszellen (Makrophagen) abgeräumt und entsorgt.

Immungedächtnis sorgt für schnelle Reaktion beim Zweitkontakt

Damit ist die komplexe Immunreaktion aber noch lange nicht beendet. Zum Beispiel müssen die Plasmazellen auch irgendwann wieder gebremst werden, wenn der Kampf vorüber ist. Das regeln die oben bereits erwähnten T-Helfer-Zellen, oder vielmehr eine Variante von ihnen, die T-Unterdrücker-Zellen (T-Suppressor-Zellen).

Neben den Unterdrückerzellen bilden sich bei solch einer Abwehrschlacht zudem auch noch sogenannte Gedächtniszellen. Diese Gedächtniszellen existieren noch lange Zeit weiter und sorgen bei einem Zweitkontakt für einen beschleunigten Reaktionsablauf. Der Erreger wird dann bereits unschädlich gemacht, bevor er irgendwelche Krankheitsanzeichen verursachen kann. Mit anderen Worten: Der Körper ist immun gegen ihn.

Die meisten Impfstoffe basieren auf dem Prinzip der humoralen Immunität. Impfstoffe, die (auch) die zelluläre Immunantwort stimulieren, sind in der Regel effektiver, aber auch nebenwirkungsträchtiger.

Zur humoralen Abwehr zählen übrigens auch eher unspezifisch wirkende Proteine (z.B. Lysozym und Laktoferrin) und das Komplementsystem.

Auf welche Weise beseitigen weiße Blutkörperchen Eindringlinge im Körper?

Im dem sie die Eindringlinge auffressen. Der Vorgang ist relativ kompromisslos, Gefangene werden nicht gemacht.

Die Granulozyten, die Hauptgruppe unter den weißen Blutkörperchen, bedienen sich dabei der sogenannten Phagozytose. Wenn sie auf krankmachende Bakterien, Viren oder andere Parasiten treffen, werfen sie sich auf sie und umschließen den Eindringling komplett. Dann beginnen sie ihn ins Zellinnere aufzunehmen und zu verdauen. Das mag sich nicht appetitlich anhören, ist aber höchst effektiv. Die Mehrzahl solcher Attacken von außen bekommen wir überhaupt nicht mit, weil die Abwehrschlachten der Granulozyten so dezent und gut organisiert ablaufen.

Neutralisierung und Enttarnung durch Antikörper

Etwas anders ist die Feindbekämpfung der Lymphozyten organisiert. Die bilden Antikörper und diese Antikörper sind so etwas wie Spezialagenten. Sie sind hochspezialisiert auf eine ganz bestimmte Gruppe von Eindringlingen (hier auch Antigen genannt), die sie entweder durch Sich-Anheften chemisch neutralisieren oder aber durch molekulare Prozesse so verändern, dass die "normalen" Abwehrzellen des Körpers den Feind erkennen und ihn vernichten. Antikörper töten also nicht selbst, sondern arbeiten eher über Entschärfung und Enttarnung.

Was sind natürliche Killerzellen?

Natürliche Killerzellen sind eine Untergruppe der Lymphozyten und gehören zum angeborenen Immunsystem. Sie bilden die erste Verteidigungslinie im Körper und sind von Geburt an aktiviert. Sie müssen also nicht auf bestimmte Fremdmoleküle geprägt werden, wie T- oder B-Lymphozyten.

Das bedeutet, dass die natürlichen Killerzellen keinen vorherigen Kontakt mit einem Fremdantigen brauchen, um Eindringlinge zu lokalisieren und zu eliminieren. Sie können virusinfizierte Zellen, Bakterien, Parasiten sowie Tumorzellen erkennen, indem sie spezifische Strukturen auf deren Oberfläche identifizieren. Durch das Freisetzen von sogenannten Zytokinen leiten sie dann den programmierten Zelltod (Apoptose) der Fremdzelle ein oder sie töten und verdauen sie gleich direkt. Diesen letzteren, etwas martialisch klingenden Akt bezeichnet man auch als Lyse oder Phagozytose.

Auch in der Leukämie- und Krebstherapie von Bedeutung

Natürliche Killerzellen sind rundliche Zellen mit einem bohnenförmigen Zellkern. Sie sind etwas größer als die T- und B-Lymphozyten und enthalten zahlreiche Granula, deren Inhalt zur apoptotischen Funktion der Killerzellen beiträgt.

Die zytotoxische (Zellabtötende) Wirkung der natürlichen Killerzellen spielt auch eine Rolle bei Krebserkrankungen. Bei leukämischen und malignen Zellen könnten sie eine wichtige Rolle bei der Tumortherapie spielen. Es hat sich z.B. gezeigt, dass nach einer haploidentischen Stammzelltransplantation die Gabe von natürlichen Killerzellen aus Spenderblut zu einer verbesserten rückfallfreien Überlebensrate führt. Ebenfalls waren die Nebenwirkungen und Abstoßungsreaktionen nach dem Transfer von natürlichen Killerzellen geringer.

Was machen regulatorische T-Zellen?

Die regulatorischen T-Zellen (T-Reg), deren Existenz lange Zeit angezweifelt wurde, spielen eine zentrale Rolle im Immunsystem. Sie sorgen dafür, dass unsere Abwehrzellen tolerant sind gegenüber körpereigenen Zellen. Im Zusammenspiel mit anderen Faktoren und Kontrollmechanismen sind sie also verantwortlich für Harmonie zwischen Immunsystem und Körper.

Aber wie machen sie das? Die regulatorischen T-Zellen gehören zu den Lymphozyten. Es handelt sich um hochspezialisierte weiße Blutkörperchen. In bestimmten Situationen unterdrücken sie die Aktivierung der Immunabwehr, um den Organismus vor sich selbst zu schützen. Oder auch den Nachwuchs, denn ohne diesen regulatorischen Mechanismus würde das im Mutterleib entstehende Kind abgestoßen werden. Außerdem mindern die T-Regs das Risiko für die Entstehung von Allergien und Autoimmunkrankheiten.

Für Freaks

Früher wurden die regulatorischen T-Zellen übrigens als Suppressor-T-Zellen bezeichnet. Sie können nach Aussehen und Funktion in mehrere Subpopulationen mit kryptischen Abkürzungen unterteilt werden:

  • CD4+-CD25+-T-reg-Zellen
  • TR1-Zellen
  • Typ3-T-Helferzellen (TH3-Lymphozyten)
  • NK-T-Zellen
  • CD8+-regulatorische Zellen

Mit dieser Zellfraktion hat die T-Zell-Familie auch in der Labordiagnostik Nachwuchs bekommen. Die Erfassung von natürlichen T-Regs erfolgt nicht über einen spezifischen Marker, sondern durch Bestimmung mehrerer Antigene wie CD4+, CD25++, FOXP3 und CD127low/-.

Immunsystem stärken

Was kann man für seine Abwehrkraft tun?

Erstaunlicherweise gibt es in unserer reglementierten Gesellschaft zwar viele Vorschriften, aber keine verbindliche Gesundheitserziehung. Sonst wäre wohl deutlich mehr Menschen die Bedeutung ihres Immunsystems bewusst und wie sie es fördern, mit falschem Verhalten aber auch schädigen können.

Es gibt verschiedene Ansätze und Maßnahmen, wie wir die inneren und äußeren Abwehrkräfte unterstützen können. Und das geht so:

Allgemeine Abwehrmaßnahmen

  • gesunde Ernährung und reichlich Flüssigkeitsaufnahme
  • ausreichende Bewegung und Muskelaufbau
  • frische Luft und Sonnenschein
  • erholsamer Schlaf und Entspannungstechniken
  • Gelassenheit und Humor mit reichlicher Dosis an herzhaftem Lachen
  • körperliche, geistige, seelische und soziale Aktivität und Ausgeglichenheit

Gezielte Abwehrmaßnahmen:

  • wetter- und klimataugliche Kleidung
  • Hygiene in Mund, Nase und allen anderen Körperöffnungen
  • richtige Hautpflege (vor allem durch achtsamen Umgang und Vermeidung schädlicher „Pflegemittel“ und Kosmetika)
  • Impfungen
  • stoffwechsel- und immunstimulierende Maßnahmen (z.B. Sport, Sauna, Massage)
  • geeignete Nahrungsergänzung
  • u.v.a.m.

Sport und Abhärtung: Macht das unser Immunsystem fit?

Fördert Bewegung auch das Immunsystem?

Ja – wenn man es richtig macht. Mit regelmäßigem, maßvollem Ausdauertraining können Sie Ihr Immunsystem pushen. Das bestätigen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. Gegen die üblichen Atemwegsinfekte und Erkältungsbeschwerden sind Sie dann besser gerüstet, unabhängig von der Sportart.

Das Immunsystem liebt Bewegung, aber keine Überanstrengung

Übermäßige Anstrengung bis hin zur Erschöpfung bewirkt allerdings das Gegenteil: Die Immunabwehr wird anfälliger. Marathonläufer etwa erkranken schon in der Vorbereitung aufs Rennen doppelt so häufig wie ihre sportlich inaktiven Zeitgenossen. Viele Leistungs- und Profisportler können ein Lied davon singen. Zwingend ist die Infekthäufigkeit allerdings nicht. Es gibt gute Erfahrungen, wie dem über eine eiweiß- und vitaminreiche Ernährung begegnet werden kann.

Uns Normalbürgern raten die Forscher jedenfalls zu 45 Minuten ruhigem Joggen oder Walken, drei- bis fünfmal pro Woche. Wenn Sie das in freier Natur praktizieren, kommen noch die positiven Aspekte des Sauerstoffs aus der Frischluft und der Glückshormone (Endorphine) aus dem Wohlgefühl hinzu. Letzteres gilt natürlich auch im Fitnessstudio, solange Sie sich dort nicht quälen, sondern ein vielseitiges und aufmunterndes Programm ohne allzu großen Ehrgeiz absolvieren.

Schwimmen ganz weit vorne

Beim Schwimmen konnten die Wissenschaftler übrigens den engsten Zusammenhang zwischen Fitness und Immunsystem bzw. Erkältungsrisiko zeigen. Das gelang anhand von Messungen des IgA, einem Abwehrprotein auf Schleimhäuten und im Speichel. Auch der Tageszeitfaktor spielt eine Rolle: Am Abend waren die IgA-Werte höher als morgens.

Das Wichtigste an der Bewegung ist: Fangen Sie gleich damit an! Und bleiben Sie dabei! Das ist leichter als gedacht. Und gerade deshalb gilt: Statt zeitaufwändiger Trainingsprogramme tun es auch kleine tägliche Übungen für 10-15 Minuten. Anregungen dafür sind schnell und leicht zu bekommen, u.a. auch auf Youtube, wo zahlreiche Fitness-Clips zum Mitmachen einladen.

Im Krankheitsfall auf Sport verzichten

Eines sollten Sie bei aller Bewegungseuphorie unbedingt beachten: Lassen Sie im angeschlagenen Zustand jede sportliche Aktivität ruhen. Also wenn eine Erkrankung im Anflug oder bereits ausgebrochen ist. Ihr Immunsystem ist dann vollauf damit beschäftigt, die Erreger zu bekämpfen. Es ist dann nicht die Zeit für zusätzliche Reize und Belastungen, die im gesunden Zustand die Abwehrkräfte trainieren und fördern.

Bei Missachtung dieser eigentlich nachvollziehbaren Zusammenhänge drohen bleibende Gesundheitsschäden. Denn dann nutzen die Infektionserreger die Lage aus und siedeln sich in gefährdeten Regionen an, etwa in den Nieren oder im Herzen. Die Folge kann eine Entzündung des Herzmuskels oder der Herzklappen sein.

Stärkt Abhärtung durch Sauna, wechselwarmes Duschen oder Spazieren im Regen das Immunsystem?

Abhärtung tut gut, meint der Volksmund. Saunieren, kalte Bäder oder wechselwarmes Duschen, Spazieren im Nieselregen = Training und Stärkung für das Immunsystem. Das klingt alles sehr plausibel – wirklich bewiesen aber ist es nicht.

Es gibt bislang keine wissenschaftliche Untersuchung, die das belegen würde. Bei häufiger Anwendung solcher Saunagänge oder Kaltwasserattacken kann aber immerhin die Wärmeregulation positiv beeinflusst werden. Ihr Körper kann dann im Sommer leichter abkühlen und im Winter schonender mit seinen Wärmekapazitäten umgehen.

Stimulation durch Reizung – siehe Sport

Außerdem: Nicht alles, was die Wissenschaft noch nicht bewiesen hat, muss deshalb falsch sein. Die Logik, der gesunde Menschenverstand und eigene Erfahrungen legen jedenfalls nahe, dass abhärtende Maßnahmen das Immunsystem reizen und dadurch stimulieren können. Genau wie durch maßvolle sportliche Aktivität, der die Wissenschaft mittlerweile ja auch ihren Segen gibt.

Zumindest indirekt dürfte dem Immunsystem gedient sein, allein schon wegen des Wohlbefindens, das ein entspannter Saunagang auslöst. Vorausgesetzt, Sie muten Ihrem Organismus die Extrabelastung nicht gerade dann zu, wenn er bereits heftig mit dem Abwehren einer Erkrankung beschäftigt ist.

Einfluss des Darms

Warum ist der Darm für das Immunsystem so wichtig?

Der Darm kann als das größte Immunorgan bezeichnet werden. Denn seine Schleimhaut macht nicht nur flächenmäßig etwa 80% des äußeren Immunsystems aus (also des Immunsystems in Haut und Schleimhäuten). In derselben Größenordnung findet sich dort auch der körpereigene Bestand an Abwehrzellen und damit schlechthin des gesamten Immunsystems.

Ständiges Immuntraining im Darm – und mehr ...

Bei näherer Betrachtung wird das auch nachvollziehbar. Denn noch intensiver als auf unserer Haut findet der Kontakt mit der Außenwelt in unserem Darm statt. Verschiedenste Inhaltsstoffe der Nahrung (oder was dafür gehalten wurde), Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten – alles gelangt tot oder lebendig, auf- oder ungespalten auf die Darmschleimhaut. Dort sorgt es für ein ständiges, notwendiges und effektives Immuntraining.

Aus dem Darm kommen nicht nur wichtige Impulse für unsere Immungesundheit, sondern auch handfeste Munition. Die massenhaften Ansammlungen von Lymphfollikeln im unteren Dünndarmabschnitt (Peyer-Plaques) etwa dienen als eine zentrale Produktionsstätte für Antikörper.

Außerdem besteht über das autonome Nervensystem auch noch eine mehr oder weniger direkte Verbindung zwischen Darm und Hirn und Psyche. Seelischer Stress schlägt auf den Magen-Darm-Trakt und mindert die Abwehrkräfte – eine alltägliche Erfahrung. Es wird sich dabei nicht um eine Einbahnstraße handeln.

Auch Darmbakterien beteiligen sich an Immunarbeit

Auch unsere Darmflora beteiligt sich an der Immunarbeit. Zwar sind die genauen Interaktionen unserer Darmbakterien noch weitgehend unbekannt. Wissenschaftler haben aber u.a. bereits herausgefunden, dass bestimmte „gute“ Bakterien in unserem Verdauungstrakt in der Lage sind, das Immunsystem positiv zu beeinflussen. Etwa in Bezug auf den Ausgleich immunologischer Defizite und die Vermehrung bestimmter T-Zellen.

Stärkt eine Darmreinigung wirklich das Immunsystem?

Die Verflechtungen zwischen Verdauungstrakt und Immunsystem sind eng und bedeutsam. Kein Wunder also, dass es bei Störungen im Darm auch zu Immunproblemen kommen kann – und umgekehrt. Es ist deshalb naheliegend anzunehmen, dass ein von Unrat und Schlacken belasteter Darm eher Probleme bekommt als ein „sauberer“. Und folglich eine Darmreinigung das Immunsystem unterstützen und die Abwehrkräfte stärken kann.

Wissenschaftlich belegt ist diese Annahme allerdings bisher nicht. Das gilt auch für die sogenannte Darmsanierung (mikrobiologische Therapie, Symbiose-Lenkung), die die Zusammensetzung der Darmflora positiv beeinflussen soll. Darmflora? Das sind die Millionen und Milliarden an Bakterien, die in unserem Verdauungstrakt leben und dabei, ohne dass wir das bemerken, Gutes tun.

Eine gesunde Ernährung stärkt die individuelle Darmflora und das Immunsystem

Fest steht, dass eine gesunde Ernährung die wünschenswerte Darmtätigkeit fördert und eine Fehlernährung sie behindert. Fest steht auch, dass jeder Mensch über eine individuell entwickelte Darmflora verfügt. Ähnlich wie bei den Blutgruppen soll es drei verschiedene Grundmuster an bakteriellen Zusammensetzungen geben. Von etwa 1.000 verschiedenen Bakterienarten, die dafür in Frage kommen, finden sich im einzelnen menschlichen Darm jeweils ca. 160 Spezies (Arten).

Fest steht dagegen nicht, dass spezielle Probiotika oder Bakterienpräparate hier generell helfen können. Man weiß aus wissenschaftlicher Sicht vielmehr vor allem, dass man noch nicht viel weiß.

Das überschätzte Lieblingsbakterium E. coli?

Immerhin so viel: Das bekannte Darmbakterium Escherichia coli (E. coli), das in seinen gutartigen Versionen auch in vielen alternativmedizinischen Präparaten enthalten ist, besiedelt die gesunde Darmflora nicht in solch großem Umfang wie bisher gedacht. Es wird nur häufiger festgestellt als die meisten anderen nützlichen Spezies, da es – im Unterschied zu diesen – an der frischen Luft bzw. beim Kontakt mit Sauerstoff nicht gleich zugrunde geht.

Einfluss der Psyche

Beeinflusst die Stimmung wirklich unser Immunsystem?

Klares Ja. Die enge, wechselseitige Beziehung zwischen Immunsystem, Nerven und Psyche ist mittlerweile bekannt und wird immer intensiver erforscht. Zunehmende Beachtung in gesundheitsorientierten und medizinischen Kreisen findet zudem der noch relativ junge Begriff der „Resilienz“. Er bezieht sich in erster Linie auf die psychische Widerstandsfähigkeit, lässt sich aber auch auf den gesamten Organismus anwenden. Demnach sollten wir unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf Krankheitserreger richten, die dafür sorgen, dass wir krank werden. Sondern vermehrt auf die Stärken unserer Abwehr (und ihrer Rahmenbedingungen), damit sie es gar nicht erst zulässt.

Wie wirkt sich Stress auf das Immunsystem aus?

Kurzfristig positiv. Langfristig negativ. Oder um es etwas zu konkretisieren: In der ersten Stunde stärkt Stress das Immunsystem. Hält er aber länger an, geht es mit den Abwehrkräften bergab.

Das Ganze wird etwas einleuchtender, wenn man sich vor Augen führt, wozu eine Stressreaktion ursprünglich gut war. Beim Neandertaler, der gerade ein Mammut erlegen wollte, ging es darum, für kurze Zeit Körper und Geist komplett auf ein Ziel zu fokussieren. Wohlgemerkt, für kurze Zeit. Heute jagen wir zwar keine Mammuts mehr, aber wenn wir zum Beispiel eine wichtige Rede halten müssen oder im Verkehr in eine brenzlige Situation geraten, passiert ähnliches: eine typische, kurzfristige Stressphase.

Schlüsselrolle des Cortisols

In solch einer akuten Drucksituation werden eine Menge Stresshormone freigesetzt, die den Körper in Alarmbereitschaft versetzen. Diese Stresshormone, namentlich Cortisol, steigern kurzfristig alles, was für eine Gefahrensituation wichtig ist, unter anderem die Abwehrkräfte. Dieser Effekt hält aber nicht lange an, im Gegenteil: Bei länger anhaltendem Stress wird das Immunsystem eher geschwächt, weil Cortisol bei längerem Verbleib im Blut Immunreaktionen im Körper unterdrückt. Deshalb werden Kortison-Präparate, die ja eine Art Nachbildung des körpereigenen Cortisols sind, vor allem gegen entzündliche Erkrankungen wie Asthma oder Rheuma eingesetzt. Und deshalb sind wir bei der Einnahme von Kortison-Tabletten infektanfälliger.

Fazit: Bei jedem Stress, der länger als ein paar Stunden anhält, wird unser Immunsystem geschwächt. Das gilt natürlich ganz besonders bei Dauerstress. Dann häufen sich Erkältungen oder andere Infekte und sie heilen auch schlechter aus als normalerweise. Daraus erklärt sich übrigens auch ein Phänomen, das viele stressgeplagte Menschen kennen: dass man nämlich bevorzugt am Wochenende oder im Urlaub erkrankt. Das liegt schlicht daran, dass dann unser chronisch erhöhter Cortisol-Spiegel etwas sinkt und unserem Immunsystem die Chance gibt, mit voller Kraft gegen die schon längst eingedrungenen Erreger vorzugehen.

Noch mehr Gutes für die Abwehrkräfte

Wieso ist Glutamin gut für das Immunsystem?

Die Aminosäure Glutamin spielt für das Immunsystem eine bedeutende Rolle. Der Grund: Sie ist maßgeblich an der Produktion von Abwehrzellen beteiligt. Und auch an deren Energieversorgung.

Glutamin: Baustoff und Brennstoff

Zur Erklärung: Immunmoleküle, Abwehrzellen und lymphatische Organe bestehen überwiegend aus Eiweiß. Sie benötigen deshalb Aminosäuren als Bausteine.

Und das sehr schnell, wenn es etwa gilt, eine akute Virusinfektion abzuwehren, bei der sich die Erreger binnen Stunden milliardenfach vermehren.

Ein Pool freier Aminosäuren befindet sich im Blut, Glutamin macht davon mit 20% den größten Anteil aus. Das bedeutendste Aminosäure-Vorkommen im Körper findet sich aber in den Muskeln. Dort wird in Zeiten der Krankheitsabwehr der Glutamin-Abbau um das 5- bis 10-fache gesteigert. Das ist nötig, weil Glutamin nicht nur als Baustoff herhält, sondern auch als Brennstoff. Immunzellen bedienen sich zur Energiegewinnung nämlich nicht des Zuckers wie andere Zellen, sondern verbrennen Glutamin.

Körpereigene Fress- und der Killerzellen brauchen Glutamin

Bei Mangel an Glutamin nimmt die Aktivität der körpereigenen Fress- und der Killerzellen ab. Die eingedrungenen Mikroben können dann nicht mehr so effektiv bekämpft werden und möglicherweise die Immunabwehr in die Knie zwingen.

Etwas verwirrend ist, dass Glutamin als nicht-essentielle Aminosäure bezeichnet wird. Das bedeutet nicht, dass die Substanz verzichtbar wäre. Sondern, dass sie im Körper aus anderen Aminosäuren hergestellt werden kann und nicht unbedingt mit der Nahrung zugeführt werden muss. Außer Sie möchten lieber auf Nummer sicher gehen. Ein Experten-Tipp empfiehlt zwei Esslöffel Glutamin-Pulver täglich. Einen morgens, einen abends.

Stärkt Akupressur das Immunsystem?

Wissenschaftlich bewiesen ist es noch nicht, dass Akupressur das Immunsystem stärkt. Anhänger der Traditionellen Chinesischen Medizin gehen aber davon aus. Auch aus anderen Bereichen der Naturheilkunde wie etwa der indischen Ayurveda-Medizin oder der Kneipp-Therapie sind entsprechende Erfahrungen bekannt.

Chinesische Medizin zunehmend anerkannt

Bisher gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien zur Akupressur. Im Gegensatz zur Akupunktur, deren Wirkung zunehmende Anerkennung auch im schulmedizinischen Umfeld findet. Dass durch Stimulation bestimmter Körperpunkte regulatorische Impulse im zentralen Nervensystem ausgelöst werden können, scheint belegt. Bekannt ist auch, dass Seele, Nerven und Immunsystem relativ eng miteinander zusammenhängen. Darum kümmert sich die Psychoneuroimmunologie.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin hat die Akupressur jedenfalls eine hohe Bedeutung zur Gesundheitsförderung. Ihr zufolge können mit der Behandlung bestimmter Akupressur-Punkte positive Wirkungen auf die Selbstheilungskräfte, das Immunsystem und das seelische Gleichgewicht erzielt werden.

Akupressur zur Schnupfenvorbeugung

Das Schöne dabei ist: Sie können die Akupressur bei sich selbst oder bei Ihrem Kind anwenden. Folgendes Akupressur-Programm wird beispielsweise einmal täglich zur Vorbeugung von Schnupfen in der kalten Jahreszeit empfohlen:

  • Drücken Sie mit den Zeigefingern 10 Sekunden lang fest auf die beiden Stellen neben dem linken und rechten Nasenflügel – und zwar am unteren äußeren Ansatz. Reiben Sie die Stellen nach dem Drücken anschließend noch kurz in kreisenden Bewegungen.
  • Führen Sie die Akupressur in gleicher Weise links und rechts am oberen Ansatz der Nasenwurzel durch sowie am Mittelpunkt einer Verbindungslinie zwischen den Augenbrauen.
  • Wiederholen Sie das Prozedere dreimal hintereinander und zwar immer in dieser Reihenfolge.
  • Den Abschluss dieser Akupressur-Maßnahme bildet ein dreimaliges Reiben in gleichmäßigen Bewegungen vom unteren über den mittleren und oberen Punkt bis zur Stirnmitte.

Negative Einflussfaktoren

Was schwächt alles das Immunsystem?

Eine starke Abwehrkraft ist enorm wertvoll, wenn es um das Thema Gesundheit geht. Das weiß eigentlich jeder, trotzdem gibt sich die Mehrheit von uns alle Mühe, die eigenen Abwehrkräfte laufend zu schwächen. Das mag auch daran liegen, dass vielen Menschen nicht bewusst ist, wodurch sie ihr Immunsystem schwächen.

Wer belastet oder gestresst ist, wird leichter krank

Was man dazu vor allem wissen muss: Unsere Abwehrkräfte stehen mit nahezu allen körperlichen, geistigen, seelischen und umweltbezogenen Vorgängen in direkter oder indirekter Verbindung. Zwar ist das Toleranzvermögen groß, doch irgendwann führt eine anhaltende innere oder äußere Belastung auch zur immunologischen Schieflage. Gleiches gilt bei mangelnder Ernährung, fehlender Erholung und unzureichender Regeneration. Dann gewinnen Krankheitserreger leichter die Oberhand, die Infektanfälligkeit steigt. Auch das Risiko zur Bildung von Tumoren oder Allergien steigt, wenn die Immunpolizei in Unordnung gerät.

Typische abwehrschwächende Faktoren sind:

  • Schlafmangel
  • Fehlernährung: zu viel, zu wenig  (v.a. Eiweiß), zu einseitig (Vitamin-Mangel etc.), Crash-Diäten
  • Lichtmangel
  • zu wenig Frischluft
  • Bewegungsmangel
  • Unterkühlung
  • körperliche, geistige oder seelische Erschöpfung
  • Dauerstress
  • Rauchen, Alkohol, sonstige Gifte und Drogen
  • (zu viel) Zucker und seine Austauschstoffe
  • Altersschwäche
  • chronische Krankheiten (z.B. Diabetes, Krebs)
  • erworbene Immunschwäche (z.B. AIDS)
  • genetische Faktoren (z.B. erhöhte Anfälligkeit gegen bestimmte Erreger je nach Blutgruppe; angeborene Immundefekte)

Symptome einer Abwehrschwäche

Ist es normal, mehrmals im Jahr an einem Infekt zu erkranken?

Für einen Erwachsenen gilt hierzulande als normal, wenn er zwei- bis dreimal pro Jahr einen Infekt bekommt. Bei kleinen Kindern kommt es in aller Regel noch öfter dazu.

Normal im Sinne von nötig ist das allerdings nicht. Wenn Ihr Immunsystem optimal versorgt ist und ungestört seine Arbeit tun kann, werden Sie nicht krank. Jedenfalls nicht durch banale Infekte, wie der Mediziner zu Erkältungen und leichten grippeartigen Beschwerden sagt. Und das sind ja die häufigsten Infekte, ausgelöst durch verschiedene Virusarten, die vor allem im Winter überall herumschwirren.

Da es verschiedene Viren sind, macht Sie auch ein überstandener Infekt nicht immun gegen den nächsten Angriff. Das braucht es eigentlich auch nicht, denn wenn Ihre Abwehrkräfte auf der Höhe sind, haben diese Erreger keine Chance auf eine krankmachende Vermehrung und Ausbreitung in Ihrem Körper.

Äußere Faktoren schwächen das  Immunsystem

Das ständige Verweilen in trockener Heizungsluft ist übrigens auch ein abwehrschwächender Faktor. Geht man dann doch mal nach draußen, kommt es zu einem untrainierten Kälteschock, der die Elastizität der Abwehrkräfte überfordert. Das gilt aber nur, wenn man das Rausgehen nicht gewöhnt ist. Geschwächt wird das Immunsystem darüber hinaus auch durch Rauchen oder falsche Ernährung.

Machen Sie also Ihrem Immunsystem das Leben nicht noch zusätzlich schwer, sondern unterstützen Sie es angemessen. Wenn Sie Defizite bei sich entdecken und dann abstellen, haben Sie eine gute Chance, künftig kaum noch Erkältungen und andere Infekte zu bekommen. Das gilt übrigens auch für Leistungssportler.

Woran erkennt man eine ernste Abwehrschwäche beim Kind?

Viele Eltern machen sich Sorgen, wenn Ihre Kleinen phasenweise sehr häufig krank werden. Das ist aber in den meisten Fällen ganz normal und kein Anzeichen für eine krankhafte Abwehrschwäche. Trotzdem ist es aber wichtig, die Anzeichen für einen ernsten Immundefekt zu kennen, denn mitunter kann eine ausgeprägte Abwehrschwäche auch Folge einer unerkannten Erkrankung sein.

Typische Anzeichen für einen Immundefekt sind z.B.:

Immunsystem stärken beim Kind

Kita und ständig Infekte: Gibt es etwas, um das Immunsystem beim Kind zu stärken?

Diese Frage wird oft an den Kinderarzt gestellt. In der Tat ist es häufig zu beobachten, dass Kinder, nach dem Eintritt in eine Gruppenbetreuung, an wiederkehrenden Luftwegsinfekten oder Magendarminfekten leiden.

Wichtige Faktoren, die das Abwehrsystem der Kinder beeinflussen sind:

  • Mikrobiom
  • Stress
  • Nährstoffe wie Vitamine und Mineralien

Doch bevor wir uns damit beschäftigen, wie man das Immunsystem unseres Nachwuchses stärken kann, müssen wir ein wenig ins Detail der Abwehrmechanismen unseres Körpers gehen.

Kleinkinder besonders anfällig

Das Phänomen häufiger Infekte durch Kitabesuche tritt umso stärker auf, je jünger die Kinder sind. Man geht bei Kindern zwischen 1 und 2 von viermal so vielen Infekten bei Kindern in Gruppenbetreuungen im Vergleich zu Kindern in diesem Alter in häuslicher Betreuung aus. Wenn man sich andere Altersgruppen anschaut, z.B. Jugendliche, die eine Ausbildung in Pflegeberufen beginnen oder auch junge Ärzte beim Beginn ihrer Tätigkeit in Krankenhäusern, so ist auch bei diesen in den ersten Wochen und Monaten häufiger mit Infekten zu rechnen.

Man schiebt das gerne auf die vielen anderen Menschen in der Kita oder wie beim anderen Beispiel im Krankenhaus. Durch viele Menschen gibt es mehr Keime und deshalb steckt man sich schneller und leichter an. Diese Tatsache ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, ist aber nicht die vollständige Erklärung des Phänomens. Zum Krankwerden gehören immer mehrere Komponenten: Auf der einen Seite steht sicherlich ein Erreger, ohne den es keine Infektion gibt. Meistens sind es die Viren. Auf der anderen Seite steht aber der sogenannte Wirt, also der Mensch, der krank wird, mit seinem Immunsystem.

Mikrobiom: gute und schlechte Bakterien

Unser Immunsystem ist eine sehr komplizierte und komplexe Einrichtung. Es hat ohne Pause zu unterscheiden, wer gehört zu unserem Organismus dazu und wer nicht. Das Ganze wird erschwert, da es ja viele Organismen, Bakterien gibt, auf die wir sogar angewiesen sind. Die verschiedenen Bakterienarten auf Haut und Schleimhäuten, das sogenannte Mikrobiom haben eine höhere Gesamtzahl als unsere menschlichen Körperzellen selbst. Es gilt also für das Immunsystem zu unterscheiden, welcher Keim ist gut, welcher schlecht.

Letztendlich gibt es so gut wie keine Orte, an denen wir nicht mit irgendeinem krankmachenden Keim konfrontiert sind. Das heißt, unser Immunsystem hat nie Ruhe und von dessen andauernder Arbeit bekommen wir eigentlich gar nichts mit. Dann muss es aber auch noch die guten und bösen Bakterien von den eigenen Zellen unterscheiden und darf diese eigenen unter gar keinen Umständen angreifen. Dass dies nicht immer funktioniert, sehen wir an den leider immer mehr zunehmenden Autoimmunerkrankungen.

Was macht es nun aus, dass wir krank werden bzw. uns auch krank fühlen? Ist es der Keim selbst, der in uns das Krankheitsgefühl auslöst oder ist es die Arbeit unserer Körperabwehr, die wir spüren?

Stress fördert Infekte...

Unsere Abwehr wird von äußeren Faktoren positiv und negativ beeinflusst. Der Begriff Stress sei an dieser Stelle genannt, weil er gerade bei unseren verschiedenen Beispielen zu Beginn des Textes die Gemeinsamkeit darstellt. Ein Kind oder Kleinkind beim Eintritt in eine Gruppenbetreuung, ein Azubi am Beginn der Ausbildung, ein Arzt bei der Aufnahme seiner klinischen Tätigkeit: Alle sind zuerst einmal unter Stress. Die neue Situation macht vielen Angst, der Körper geht in den Stressmodus. Hier werden Stressbotenstoffe vermehrt gebildet. Dazu gehören Adrenalin und Cortisol. Man hat eine höhere Herzfrequenz, man schwitzt mehr, man fühlt sich angespannt. Im Blut kann man sogar sehen, dass die Zahl an Abwehrzellen, den weißen Blutzellen, sogar ansteigt. Man nennt das auch die Stressleukozytose.

...und noch mehr, wenn er aufhört

Nach dem Stress ist es dann aber so, dass diese Stresshormone sogar unter das normale Niveau sinken. Auch die Zahl der Abwehrzellen sinkt dabei unter die Norm ab. Hier sind wir an dem Punkt, wo wir dann plötzlich anfällig werden für Angriffe von außen von all den Viren und Bakterien, die wir eh ständig um uns haben.

Ein anderes Beispiel, was viele wahrscheinlich schon erlebt haben ist, dass man mit viel Hoffnung auf seinen Urlaub hinarbeitet und in den ersten Urlaubstagen, wenn der ganze Arbeitsstress der letzten Tage von einem abfällt, dann krank wird. Ein anderes Beispiel ist ein Marathonläufer, der mit sehr viel körperlichem Stress dem Ziel entgegen läuft. Er infiziert sich sicherlich nicht während des Laufes, sondern erst nach Erreichen des Ziels, wenn der Stress abrupt nachlässt. Hochleistungssportler sind oftmals recht anfällig gegenüber allen möglichen Infekten. Auch daran erkennt man, dass vor allem moderater Sport gesundheitsförderlich ist und man hier wirklich von einem gesunden Maß sprechen muss.

Krankheitsgefühl: Ist ein akives Immunsystem die Ursache?

Kranksein heißt nicht automatisch, dass das Immunsystem schwach ist. Krankheitssymptome heißen auch oft, dass das Immunsystem zu stark reagiert. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Ein Krankheitserreger kommt über die Atemwege in einen Menschen hinein, es kommt zur Absonderung von mehr Schleim und Flüssigkeit auf den Schleimhäuten, über Schleimhautantikörper wird versucht, die Erreger zu binden, unschädlich zu machen und über den Sekretabtransport nach außen zu schaffen.

Klappt dies effektiv, dann ist man vielleicht nach wenigen Stunden mit leicht laufender Nase oder leichtem Husten schon wieder gesund. Durchbrechen einige dieser Erreger die erste Barriere, dann kommen weitere Immunzellen zum Einsatz. Die Durchblutung wird gesteigert, Immunzellen werden mobilisiert, Antikörper im Blut werden herbei transportiert und an den Ort des Geschehens geschafft, um den Eindringling möglichst schnell zu beseitigen. Vom Erreger befallene körpereigene Zellen werden geortet und eliminiert. Das Immunsystem geht hier nicht zimperlich vor. Die Folge: eine Entzündung.

Schmerzen als Folge der effektiven Abwehr

Dieser Prozess ist definiert durch die Faktoren Rötung, Erwärmung und Schwellung. Ursache ist eine gesteigerte Durchblutung und der vermehrte Fluss an Lymphflüssigkeit. Hierdurch bildet sich auch mehr Druck im Gewebe und durch den Zelluntergang der eliminierten Zellen entsteht das weitere Definitionskriterium einer Entzündung, der Schmerz.

Die Ursache, warum wir uns krank fühlen, ist eigentlich die Arbeit unseres Immunsystems. Je heftiger dieses reagiert, vielleicht sogar überschießend, desto kränker fühlen wir uns.

Warum sind oft viele Kinder in der Kita krank aber eben nicht alle?

Es setzen sich sicherlich alle Kinder gleichermaßen mit den Kitakeimen auseinander, bei einigen kommt es aber zu einer Überreaktion des Immunsystems. Diese Kinder fallen dann auch durch mehr und heftigere Symptome auf. Mehr Schleim, mehr Husten, mehr Schnupfen, mehr Fieber, mehr Durchfall, mehr Erbrechen usw. Bei den anderen verläuft die Abwehrreaktion moderater, man bemerkt vielleicht gar keine Symptome.

Muss man das Immunsystem stärken oder die Immunrekation eigentlich nur besser regulieren?

Das Immunsystem ist wie schon erwähnt sehr komplex und besteht aus der Zusammenarbeit vieler Zellen und Immunbotenstoffe. Zu Glauben, es gäbe das eine Mittel, um resistenter gegen Infekte zu werden, ist illusorisch. Man muss das Immunsystem trainieren. Eigentlich ist es ja eh im Dauertraining, da es so gut wie keine keimfreien Orte gibt, wie oben schon erwähnt.

Förderung eines gesunden Darms ist das A und O

Insbesondere im Darm, dem Ort, an dem unser Körper tagtäglich mit den meisten Keimen konfrontiert wird, hat unser Abwehrsystem gute Trainigsbedingungen. Das Mikrobiom, die Keime, die uns umgeben, ist in den letzten Jahren zu einem großen Forschungsbereich geworden. Es hat eine essenzielle Bedeutung für unser Immunsystem. Viele äußere Einflüsse können das Mikrobiom aber negativ beeinflussen. Häufiger und vielleicht auch zu leichtfertiger Antibiotikaeinsatz bekommt den guten Keimen im Darm nicht.

Konservierungsstoffe in Fertignahrungsmitteln machen vor dem Mund auch nicht halt. Nein, der Konservierungseffekt geht im Körper weiter und bekommt dem Mikrobiom entsprechend schlecht. Steht dieses Mikrobiom aber unter Stress, dann leidet darunter auch unsere Abwehr. Es gibt hier inzwischen verschieden Ansätze mit Präbiotika und Probiotika, um unser Mikrobiom positiv zu unterstützen.

Präbiotika fördern Lebensqualität "guter" Keime

Präbiotika verbessern die Umgebungsbedingungen für Darmkeime, für die guten unter ihnen zumindest. Das heißt, sind die Lebensbedingungen an einem Ort gut, dann lässt man sich auch gerne nieder. Da sind Bakterien nicht anders als andere Lebewesen, unter anderen auch der Mensch.

Probiotika: nützliche Bakterien

Durch die Mikrobiomforschung hat man inzwischen herausgefunden, welche Keimarten unser Mikrobiom positiv beeinflussen. Diese versucht man in Form der probiotischen Medikamente dem Körper zuzuführen. Man hofft oder geht davon aus, dass man die Zusammensetzung des Mikrobioms auf diesem Wege positiv beeinflussen kann. Die Auseinandersetzung unserer Abwehr mit dem richtig zusammengesetzten Mikrobiom ist dann das beste Alltagstraining, um auf krankmachende Keime von außen angemessen und moderat zu reagieren.

Hilft es, Vitaminpräparate einzunehmen, um die Abwehr positiv zu unterstützen?

Vitamine spielen durchaus eine wichtige Rolle bei der Funktion der verschiedenen Immunzellen. Hochdosisbehandlungen mit künstlich hergestellten Vitaminen werden aber sehr in Frage gestellt. Ein Großteil der so zugeführten Präparate wird im Körper gar nicht aufgenommen und über die Nieren wieder ausgeschieden. Vitamine werden besser in Form von natürlichen Nahrungsmitteln aufgenommen. Dies führt aber dann auch gleich zu einem ganz entscheidenden Punkt, wie man die Abwehr unterstützen kann: Eine natürliche ausgewogene Ernährung mit ausreichend frischem Gemüse und frischem Obst führen dem Körper einerseits Vitamine zu und haben andererseits einen positiven, präbiotischen Einfluss auf das Mikrobiom.

Zusammenfassung:

Auf eine sehr ausführliche Einführung über die Funktionsweise des Immunsystems kam eine eher schmale Aufzählung, wie man einer Infektanfälligkeit entgegenwirken kann.

Medikamente gibt es nicht wirklich viele, Probiotika sind ein Ansatz, die Forschung hierzu steht aber eher noch am Anfang. Eine gesunde Lebensführung mit gesunder Ernährung und wenig negativem Stress, körperlich und seelisch sind zu empfehlen. Letzteres ist aber in einer doch sehr umtriebigen Welt, in der auch schon Kleinkinder schnell wieder funktionieren müssen, um wieder kitatauglich zu sein, nicht immer so einfach.

Quellen:

  • Hick C, Hick A. Kurzlehrbuch Physiologie. Urban und Fischer, 3. Auflage
  • Bestandteile und Funktion des Blutes. Deutsche Krebsgesellschaft (2017). www.krebsgesellschaft.de
  • Tackmann, Dr. W. Histologie - Auxilium Repetitorium: Repetitorium der Histologie, ISBN 3932723015
  • Delves, P.J. PhD. Überblick über das immunsystem - immunologie, allergien. MSD Manual Profi-Ausgabe Web site. www.msdmanuals.com. Updated 2017. Accessed Dec 10, 2020.

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

Dr. Hubertus Glaser
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
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  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag
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Dr. med. Peter Walz
Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin / medizinischer Fachautor

    Studium:
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    Berufliche Stationen:
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Dr. Romina Gutsch
Biotechnologin

    Studium:
  • Universität zu Lübeck
    Berufliche Stationen:
  • Gentechnikbevollmächtigte der Universität zu Lübeck

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