Schlafstörungen sind weit verbreitet und die Nachfrage nach medikamentösen Helfern ist dementsprechend groß. Schlafmittel werden in Deutschland jedes Jahr millionenfach verschrieben. Ihr Einsatz ist aber keineswegs unproblematisch und sollte stets kritisch hinterfragt werden.
Wenn man stärkere Schlafmittel nach längerer Einnahme absetzt (was grundsätzlich gut ist), kann sich der Schlaf zunächst deutlich verschlechtern. Die Schlaflosigkeit kann dann kurzfristig schlimmer sein als jemals zuvor. Aber eben nur kurzfristig. Rebound nennen das die Ärzte. Es handelt sich dabei um das wichtigste Entzugssymptom bei synthetischen Schlafmitteln.
Auch Schwindel und Angstzustände möglich
Rebound bedeutet Rückschlag und so ist es auch: Nach dem plötzlichen Weglassen der Schlaftabletten kommt es Tage später zu einer Schlafverschlechterung. Und zwar häufig noch stärker als es ursprünglich der Fall war. Wenn Sie beispielsweise früher ohne Schlafmittel eine Stunde und mit Schlafmittel weniger als eine halbe Stunde zum Einschlafen brauchten, kann es sein, dass sich Ihre Einschlafzeit nach dem Tabletten-Stopp auf deutlich über eine Stunde verlängert.
Neben Schlafstörungen können auch Unruhe, Angst, Zittern, Schwindel oder Kreislaufstörungen auftreten. Häufig sind es genau solche Beschwerden, die auch mithilfe der Schlaf- und Beruhigungsmittel gelindert werden.
Besonders häufig bei Benzodiazepinen und Z-Substanzen
Die Entzugssymptome dauern meistens einige Tage und werden häufig bei den führenden Schlafmitteln wie Zopiclon und Zolpidem sowie den Benzodiazepinen (z.B. Flurazepam, Lorazepam oder Triazolam) beobachtet. Vielleicht auch deshalb, weil diese eben am meisten verordnet werden. Eine vierwöchige Einnahme reicht bei diesen Medikamenten aus, um nach dem Absetzen Schlafstörungen zu verursachen. Je länger die Tabletten eingenommen wurden, desto ausgeprägter sind die Beschwerden, die sich dann auch über Wochen hinziehen können.
Zu Absetz-Beschwerden kann es grundsätzlich bei jedem Schlafmittel kommen, weniger allerdings bei den pflanzlichen.
Woran erkenne ich, dass die Schlaflosigkeit am Absetzen der Schlaftabletten liegt?
Besonders tückisch am Rebound-Phänomen ist die Tatsache, dass viele Betroffene sie als wiederauftretende Schlafstörung fehlinterpretieren und deshalb glauben, ohne Tabletten gar nicht mehr richtig schlafen zu können. Einer der Gründe für die hohe Medikamentenabhängigkeit. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen schätzt, dass etwa 1,1 Millionen Menschen in Deutschland von Benzodiazepinen abhängig sind. Die Mehrheit von ihnen ist über 65 Jahre alt.
Eine Absetzschlafstörung zu erkennen ist eine Frage der richtigen Interpretation. Wenn Sie sich diese Frage stellen, haben Sie einen wichtigen Schritt dafür schon geschafft: sich nämlich über dieses recht häufige Phänomen bewusst zu sein.
Nach längerer Anwendung von Schlaftabletten sollten Sie diese nicht zu abrupt absetzen. Denn dann kann es zu heftigeren Entzugssymptomen kommen, die einem Rückfall bzw. einer erneuten Medikamenteneinnahme Vorschub leisten würden.
Allerdings ist auch bei einem vorsichtigen und schrittweisen Abbau der Tabletten mit einer kurzfristigen Verschlechterung des Schlafs zu rechnen. Kurzfristig heißt hier in der Regel: für ein paar Nächte. Das ist ganz normal und kann, auch unabhängig von den medikamentösen Mechanismen, schon allein psychologisch bedingt sein. Machen Sie sich das vorher bewusst, damit Sie dann nicht in die Falle tappen und sofort wieder die Tabletten "hochfahren".
Begleiten Sie das Absetzen durch Maßnahmen für Ihre Schlafgesundheit
Die Schlafmittel-Dosis wird üblicherweise über mehrere Wochen schrittweise verringert, bis das Medikament schließlich ganz abgesetzt werden kann.
Voraussetzung für ein erfolgreiches Absetzen Ihrer Schlaftabletten ist natürlich auch, dass Sie Ihre ursprünglichen Schlafprobleme auch ohne Medikamente im Griff haben. Sei es durch Vermeidung bzw. Überwindung der auslösenden Ursache oder durch eine verbesserte Schlafhygiene, praktizierte Entspannungsübungen oder andere nichtmedikamentöse Verfahren.
Eventuell ist es für Sie auch nützlich, zusätzlich zur ärztlichen Begleitung psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen oder sich coachen zu lassen. Zum einen geht es dabei um das Verstehen, Wahrnehmen und Kontrollieren eines gesunden Schlafverhaltens. Zum anderen um die Selbstüberwachung der Tabletteneinnahme und der Symptome, das Setzen von Zielen, das Managen des Absetzens und den Umgang mit Ängsten. Führen Sie dazu ein Schlaftagebuch. Es dient Ihnen als hilfreiches Instrument zur konsequenten Umsetzung und Verlaufskontrolle.
Nicht nur auf den Arzt hören
Bitten Sie Ihren Arzt also bei Bedarf, Ihnen beim Absetzen der Schlaftabletten zu helfen. Warten Sie nicht darauf, dass der Vorschlag von ihm kommt.
Es gibt eine Untersuchung, die zeigt, dass der allgegenwärtige Rat „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ nicht immer der Königsweg ist, zumindest wenn es um Absetzen von Schlafmitteln geht. Denn nicht wenige Ärzte raten davon ab, mit dem Argument, dass sonst ein Entzug droht. Das ist natürlich Unsinn und in etwa gleichbedeutend mit: "Rauchen Sie ruhig weiter, das Aufhören macht nur schlechte Laune". Eine Forscherin kommentiert im Zusammenhang mit der Studie: "Nur weil Sie etwas über lange Zeit nehmen, heißt das nicht, dass Sie niemals davon loskommen".
Wie man konkret von den Tabletten "runterkommt"
Über welchen Zeitraum und in welchen Schritten die Schlafmedikamente am besten abgesetzt werden, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend erforscht. Eine Empfehlung nach kurzzeitiger Einnahme über wenige Wochen lautet: Halbieren Sie die Dosis alle drei Tage, bis Sie bei einem Viertel der Ausgangsdosis angelangt sind. Nach weiteren drei Tagen können Sie das Mittel dann ganz absetzen.
Wenn Sie Ihre Schlaftabletten schon seit Langem nehmen, wird geraten, die Dosis in etwas geringerem Tempo zu halbieren. Bei einer bisherigen Einnahmedauer von unter einem Jahr wird ein Absetzzeitraum von 3-6 Monaten empfohlen, darüber von 6-12 Monaten. Durch eine geeignete therapeutische Begleitung kann die Ausschleichdauer von Schlafmitteln erheblich verkürzt werden. Am besten vermutlich durch Ihr eigenes Zutun.
Der englische Begriff hangover entspricht dem deutschen Kater, etwa nach einer durchzechten Nacht. Oder nach der Einnahme von Schlaftabletten. Denn deren schlaffördernde Inhaltsstoffe werden nur sehr langsam abgebaut und können am nächsten Morgen Müdigkeit und Abgeschlagenheit verursachen. Diese typische Nebenwirkung von Schlafmedikamenten wird als Hangover-Effekt bezeichnet.
Schlaftabletten nicht erst mitten in der Nacht schlucken
Um diesem Effekt entgegenzuwirken, sollten Sie die notwendigen Schlaftabletten möglichst frühzeitig einnehmen. Also grundsätzlich vor Mitternacht und nicht erst um 2 oder 3 Uhr nachts. Halten Sie sich dabei an die Hinweise im Beipackzettel. Je nach Medikament wird die Einnahme direkt oder eine halbe Stunde vor dem Zubettgehen empfohlen.
Die Halbwertszeit und damit die Dauer des Abbaus und der Entsorgung aus dem Körperkreislauf hängt davon ab, um was für eine Substanz es sich handelt. Bei älteren Menschen kann die Halbwertszeit, je nach Wirkstoff, deutlich zunehmen und der Hangover-Effekt dann noch ausgeprägter sein.
Bei den als Z-Substanzen bekannten Schlafmitteln (Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon) scheint das Risiko für Hangover-Effekte geringer auszufallen als bei den ebenfalls häufig verschriebenen Benzodiazepinen (Diazepam und weitere Wirkstoffe mit "zepam" am Ende).
Zu den heute am meisten verwendeten Schlafmitteln zählen die Benzodiazepine, die sogenannten Z-Substanzen und als Schlafmittel geeignete Histamin-Blocker. Sie sind allesamt nur in der Apotheke erhältlich, Benzodiazepine und Z-Substanzen nur gegen Rezept. Zu den Hypnotika oder Schlafmitteln werden folgende Gruppen von Wirkstoffen gerechnet:
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