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Kann ein Kind wirklich schon eine Depression haben? Woran erkennt man das? Und was kann man als Eltern dagegen tun? Alle wesentlichen Fragen dazu beantworten wir im folgenden Beitrag.

Überblick

Können auch Kinder eine Depression bekommen?

Nicht nur Erwachsene leiden an Depressionen. Experten vermuten, dass auch etwa 2% der Kinder unter 12 Jahren und 5% der Jugendlichen unter 20 Jahren an depressiven Störungen erkranken. Tendenz steigend.

Nicht jede schlechte Stimmung liegt an der Pubertät

Wenn Kinder und Jugendliche an einer Depression erkranken, besteht das Hauptproblem darin, dass die Depression meist über lange Zeit überhaupt nicht erkannt wird. Weil Kinder und Jugendliche völlig anders darüber sprechen als Erwachsene. Darauf wiesen jetzt Heidelberger Experten hin.

Diagnose oft erst nach Jahren

Ob Depressionen im Kindes- und Jugendalter tatsächlich zunehmen, wie das einige Studien aussagen, ist nicht unbedingt sicher. Denn es kann auch sein, dass solche Störungen heute einfach mehr registriert werden als früher. Aber unabhängig davon steht fest, dass eine Depression in diesen jungen Jahren oft erst Jahre nach dem Beginn der Erkrankung entdeckt wird.

Warum das so ist: Kleinere Kinder sprechen, wenn sie traurig sind, eher über ihre Bauchschmerzen als über ihre schlechte Stimmung. Und ältere Kinder werden bei erkennbar schlechter Stimmung meist in die "Pubertäts-Schublade" gesteckt.

Studie: Tendenz zu mehr Depressionen unter Deutschlands Schülern

Wie viele Schulkinder sind depressiv?

30% der Schuldkinder betroffen

Unseren Schülern geht es nicht gut. Fast jeder dritte Jugendliche leidet unter Lustlosigkeit, Stimmungstiefs bis hin zu Depressionen. Das zumindest ergab eine bundesweite Befragung von 6.000 Schülern, die von der Universität Lüneburg durchgeführt wurde.

Die einzeln abgefragten Stimmungsbilder sind teilweise etwas vage formuliert und nicht unbedingt gleichbedeutend mit einer Depression, wie es in der Pressemitteilung zur Studie anklingt. Aber ein fröhliches Abbild des Schulalltags vermitteln sie auch nicht.

Ergebnisse zusammengefasst: was hat die Studie ergeben?
  • 24% aller Schüler "sitzen oft einfach nur da, ohne etwas tun zu wollen“.
  • 10% sagen, dass "keiner sie versteht".
  • 43% geben an, unter hohem Leistungsdruck zu stehen.
  • 23% leiden unter Schulstress.
Nimmt das Stimmungstief mit dem Alter zu?

Auffällig ist, dass der Anteil der negativ gestimmten Antworten mit steigendem Alter zunimmt: von 23% im 11. Lebensjahr auf 33% im 18. Lebensjahr. Und an Haupt- und Realschulen ist das Stimmungsbild deutlich schlechter als an Deutschlands Gymnasien.

Und ebenfalls besorgniserregend: 37% aller Schüler mit schlechter Stimmung gehen ihren Problemen lieber aus dem Weg, anstatt sie aktiv anzupacken.

Ursache

Sind die Gesellschaft und Gene Schuld?

Warum nehmen Depressionen im Kindes- und Jugendalter zu? Ärzte und Psychologen führen als Ursachen immer wieder die Schattenseiten unserer "modenen" Zivilisation an: wenig Bewegung, Computer statt Sport und Freunden, zu wenig Schlaf und Stress. Aber auch konkrete Vorfälle können der Auslöser einer Depression sein: ein Trauerfall, Mobbing oder ständige Demütigung in der Schule, ein Mangel an Lebenszielen.

Daneben spielen aber auch genetische Ursachen eine Rolle. Leidet die Mutter oder der Vater an einer Depression, steigt das Risiko des Kindes, ebenfalls daran zu erkranken, auf 10-20%. Sind beide Elternteile betroffen, gar auf 60%.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind an einer Depression leidet, können wir nur einen Tipp geben: Unbedingt – und sei es nur zur Sicherheit – zu einem Facharzt gehen. Denn im Fall des Falles sind frühe Gegenmaßnahmen Gold wert.

Symptome

Woran erkennt man eine Depression bei seinem Kind?

Das ist leider gar nicht so einfach. Denn nicht nur bei Erwachsenen, auch bei Kindern und Jugendlichen können sich Depressionen auf ganz unterschiedliche Weise äußern. Von sozialem Rückzug über Aggressionen bis hin zu diffusen körperlichen Beschwerden.

Anzeichen für Depressionen bei Kindern

Mein Kind zieht sich häufig zurück: Kann das ein Anzeichen sein?

Und woran erkennt man nun, dass es sich bei Anzeichen um eine Depression handeln könnte? Experten aus Heidelberg sehen als Warnzeichen, wenn sich das Mädchen oder der Junge immer mehr zurückzieht, Freunde vernachlässigt und Hobbys ignoriert, und vor allem, wenn sich das über mehrere Monate erstreckt.

Gibt es Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen?

Ja, trotz der Vielfältigkeit der möglichen Anzeichen gibt es auch ein paar Auffälligkeiten. So reagieren Mädchen tendentiell eher mit sozialem Rückzug. Auch sogenannte Auto-Aggressionen (Magersucht, Schnittverletzungen) sind bei ihnen häufiger.

Jungen hingegen neigen stärker dazu, ihre Depressionen nach außen zu kehren. In Form von Aggressionen und ständigen Streitereien zum Beispiel. Oder sie beginnen die Schule zu schwänzen oder sogar zu stehlen.

Aber all das sind nur Tendenzen, im Einzelfall kann es auch völlig anders sein.

Behandlung

Wie werden Depressionen bei Kindern therapiert?

Hegen Sie den Verdacht, dass Ihr Kind an einer Depression leiden könnte, sollten sie Ihren Kinderarzt um Rat bitten. Er kann Sie an die richtigen Stellen, wie z.B. einen Kinderpsychologen, verweisen.

Psychotherapie und Antidepressiva

Dei Behandlung erfolgt durch eine psychologische Betreuung (Psychotherapie) und Medikamente, den sogenannten Antidepressiva. Für Kinder und Jugendliche ist besonders die Psychotherapie empfehlenswert. Denn Medikamente können zu unerwünschten Nebenwirkungen führen, weshalb sie oft erst bei schwerer Depression verschrieben werden. Wird Kindern und Jugendlichen ein Antidepressivum verordnet, hat sich besonders der Wirkstoff Fluoxetin bewährt.

Achtung bei möglichen ärztlichen Behandlungsfehlern

Kindliche Depressionen sind ein heikles Thema, auch für Ärzte, und nicht jeder geht gleichermaßen mit der Erkrankung um. Achten Sie darauf, dass der betreuende Arzt Ihrem Kind die bestmögliche Behandlung zukommen lässt und sich nicht folgende Fehler einschleichen:

  • Bagatellisieren
  • Ablenken
  • Trösten
  • Ablehnung oder unkritischer Einsatz von Medikamenten
  • Unterlassung von Psychotherapie
  • Ablehnung einer gesamthaften Betreuung (mit Fachkräften aus verschiedenen Berufsgruppen und Einrichtungen)
  • fehlende Elternberatung

Prognose

Diagnose Depression: Was erwartet mein Kind?

Wurde eine depressive Erkrankung bei Ihrem Kind festgestellt und eine Therapie eingeleitet wurde, sind Sie und Ihr Nachwuchs schon auf dem besten Weg. der Behandlungserfolg ist nämlich groß. Dennoch sollten Sie aufmerksam bleiben, denn Rückfälle sind nicht ausgeschlossen.

Depression: von Heilung bis Rückfallgefahr

Kann eine Depression bei Kindern wieder komplett verschwinden?

Erfreulicherweise ja, selbst bei schweren Erkrankungen. Die Mehrzahl der Kinder gesundet nach geeigneter Behandlung, in der Regel beim Kinderpsychiater, schneller als depressive Erwachsene.

Lieber zu früh als zu spät handeln

Wichtig ist es, nicht allzu lange abzuwarten, während Ihr Kind leidet, sondern möglichst rasch das richtige Behandlungs- und Betreuungsangebot zu finden. Lassen Sie sich dazu von Ihrem Kinderarzt ausführlich beraten, wenn Sie bei Ihrem Sprössling Hinweise auf eine depressive Störung vermuten.

Auch nach der Behandlung weiter beobachten

Trotz guter Therapierbarkeit ist die Selbsttötung die zweithäufigste Todesursache im Kindes- und Jugendalter (nach Unfällen). Täglich versuchen in Deutschland 40 Kinder, sich das Leben zu nehmen. Der überwiegende Teil der Suizide steht im direkten Zusammenhang mit einer Depression.

Wie hoch ist das Risiko eines Rückfalls?

Auch Rückfälle können bei Kindern und Jugendlichen oder auch später im Leben zu schweren psychischen Störungen mit erhöhtem Selbstmordrisiko führen.

Fazit:

Aufgrund dieser Rückfallgefahr ist auch nach einer erfolgreichen Behandlung weiterhin Aufmerksamkeit geboten – beim Kind als Selbst-Schutz-Bewusstsein und bei Ihnen als fürsorgende bzw. hilfsbereite Eltern.

Unterstützung und Selbsthilfe

Wie kann man einem Kind mit Depression im Alltag helfen?

Nicht nur ärztliche und psychologische Hilfe ist gefragt. Auch das familiäre Umfeld kann ein depressives Kind unterstützen und hilfreich beistehen.

Versuchen Sie Ihr Kind so oft wie möglich im Alltag einzubinden und eine vertrauensvolle Atmospäre zu schaffen, in der es sich traut Dinge anzusprechen, ohne sich verurteilt zu fühlen. Außerdem hilft es allen Beteiligten, wenn das Thema nicht ständig im Vordergrund steht, gehen Sie viel an die frische Luft, unternehmen Sie Ausflüge gemeinsam als Familie und bringen Sie ab und zu ein wenig Abwechslung in den Alltagstrott - "Lachen ist die beste Medizin" wie man so schön sagt.

Tipps für Eltern

Wie verhalte ich mich richtig?

Das Beste, was Sie für Ihr Kind mit Depression tun können, ist, ihm zuzuhören und ihm durch Ihre Haltung zu vermitteln, dass Sie in liebevoller Verbundenheit zu ihm stehen.

Erwarten Sie aber bitte nicht, dass es sich (unmittelbar) dafür bedankt oder in anderer Form zu erkennen gibt, dass ihm diese – in jedem Fall wichtige! – Hilfe etwas bedeutet. Denn das ist depressiven Menschen oft nicht ohne Weiteres möglich.

Der komplett falsche Ansatz: "Reiß Dich zusammen"

Kommentare wie „Kopf hoch, das wird schon wieder!“ oder „Reiß dich zusammen!“ mögen gut gemeint sein, zeugen aber von absoluter Unkenntnis des Krankheitsgeschehens.

Kinder und Erwachsene, die an einer Depression – im grausamen Sinne des Wortes – leiden, sind krank. Sie können weder etwas für ihre aktuelle Situation, noch können sie sich einfach daraus befreien oder mal eben zusammenreißen, auch wenn es für Außenstehende manchmal so scheinen mag.

Bleiben Sie geduldig: aber wie?

Wichtig ist, dass Sie das Kind oder den Jugendlichen ernst nehmen, Verständnis zeigen, viel Geduld aufbringen und lange zuhören, auch wenn sich Aussagen wiederholen. Seien Sie unbedingt hellhörig, wenn Selbstmordgedanken geäußert werden, denn sie sind immer ernstzunehmen!

Falls noch nicht erfolgt: professionelle Hilfe aufsuchen

Bieten Sie Ihrem Kind bzw. einem nahestehenden Jugendlichen an, mit ihm zum Arzt zu gehen bzw. tun Sie es. Helfen Sie Ihrem Kind, auch wenn es krankheitsbedingt keine großen Anstalten macht, sich gerne helfen zu lassen.

Was kann ich noch tun, um mein Kind zu unterstützen?

Mit folgenden Maßnahmen können Sie Ihr Kind zusätzlich unterstützen und sein seelisches Gleichgewicht fördern:

  • Akzeptieren Sie die negativen Gefühle Ihrer Kinder und suchen Sie das das Gespräch.
  • Etablieren Sie gleichbleibende Rituale in der Familie. Das gibt Sicherheit und beugt Stress vor.
  • Fördern Sie die Eigenständigkeit des Kindes.
  • Loben Sie viel.
  • Fördern Sie Sport und körperliche Betätigung Ihrer Kinder.

Quellen:

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF): Depressive Störungen bei Kindern und Jugendlichen, Download: http://www.awmf.org, Zugriff August 2019.
  • DAK, Leuphana Universität Lüneburg, 28.04.2011.
  • SRH Hochschule Heidelberg, 26.04.2011.

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

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Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
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  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag
  • freiberuflich als Entwickler, Berater und Publizist

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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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