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Wie kommt es zum plötzlichen Kindstod? Steigt das Risiko etwa durch Impfstoffe? Und wie kann man dem plötzlichen Tod des Kindes vorbeugen? Mehr dazu in diesem Kapitel.

Basiswissen

Was ist der plötzliche Kindstod?

Vom plötzlichen Kindstod (Säuglingstod) oder Sudden Infant Death Syndrome (SIDS) sprechen Mediziner, wenn ein gesundes Baby oder Kleinkind unerwartet und ohne erkennbare Ursache während des (vermuteten) Schlafs verstirbt.

Da selbst durch eine Autopsie keine Ursache festgestellt werden kann, handelt es sich immer um eine Ausschlussdiagnose, die feststellt, dass andere mögliche Ursachen wie Krankheit oder Unfall nicht vorgelegen haben.

Plötzlicher Sauerstoffmangel

Trotz mittlerweile mehr als 200 Theorien über die Ursachen des plötzlichen Säuglingstodes ist nur klar, was in den letzten Lebensminuten passiert: Ein Sauerstoffmangel lässt das Herz langsamer schlagen. Der Kohlendioxidspiegel im Blut steigt, doch statt wieder zu atmen, geraten die Säuglinge durch nur noch vereinzelte, schnappende Atemzüge immer stärker in eine Sauerstoffmangelsituation. Schließlich erleiden sie einen Herzstillstand, werden dadurch bewusstlos und ersticken.

Wie immer bei medizinischen Phänomenen, die im Kern noch ungeklärt sind, aber mit einer Vielzahl von möglichen Faktoren und Mechanismen in Verbindung gebracht werden, spricht man von einem multifaktoriellen Geschehen.

Die gute Nachricht: Der Plötzliche Kindstod ist – gemessen an seiner Bekanntheit – sehr selten, und die bisher vorliegenden Erkenntnisse sprechen dafür, dass sich durch einfache vorbeugende Maßnahmen vor allem seitens der Eltern das Risiko deutlich verringern lässt.

Häufigkeit

Wie häufig ist der plötzliche Kindstod?

In Deutschland starben im Jahr 2007 nach offiziellen Angaben 228 Kinder am Plötzlichen Kindstod und damit etwa 3 von 10.000 Kindern. In den Industrienationen gilt der plötzliche Kindstod als häufigste Todesursache von Kleinkindern in der Zeit nach der Neugeborenenphase.

Das Risiko ist am höchsten im Alter zwischen zwei und vier Monaten und nimmt mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab. 80% der Todesfälle ereilen die Kinder in den ersten 6 Lebensmonaten, immerhin 2–6% noch nach dem ersten Geburtstag. Jungen sind mit einem Verhältnis von etwa 60:40 häufiger betroffen als Mädchen.

Häufigkeit nimmt ab

Glücklicherweise nimmt die Zahl der ungeklärten Kindstodfälle kontinuierlich ab. Experten vermuten als Grund für diese positive Entwicklung, dass immer mehr Eltern den wissenschaftlichen Empfehlungen zur Vermeidung möglicher Risikofaktoren folgen. In Deutschland ist die Häufigkeit der jährlichen Todesfälle seit Beginn der Aufklärung zu Vorbeugemaßnahmen Anfang der 1990er Jahre auf etwa ein Fünftel gesunken. In Holland, wo entsprechende Hinweise auch mittels Fernsehkampagnen verbreitet wurden, sogar auf ein Zehntel und damit auf den niedrigsten Stand in der westlichen Welt.

Was ist die häufigste Todesursache von Kindern unter einem Jahr?

Vermutlich haben Sie schon davon gehört: Beim Plötzlichen Säuglingstod (plötzlicher Kindstod) sterben die Kinder einfach so, unbemerkt und ohne Vorwarnung. Die Familien trifft das Ereignis aus heiterem Himmel. Der Begriff ist unter der englischen Abkürzung SIDS (Sudden Infant Death Syndrome) bekannt.

Die eigentliche Ursache für die plötzlichen Todesfälle ist nach wie vor unbekannt. Eine Vielzahl von Theorien wird kontrovers diskutiert und ein multifaktorielles Geschehen mit äußeren und inneren Faktoren vermutet. Die Wissenschaft konnte inzwischen immerhin einige vermeidbare Risikofaktoren aufdecken und daraus Empfehlungen zur Vorbeugung ableiten. Mit Erfolg, wie es scheint: Vor Jahrzehnten starben etwa 1.300 Kinder in Deutschland pro Jahr plötzlich und grundlos, inzwischen sind es weniger als 250, im Jahr 2007 waren es 228.

Nimmt der plötzliche Kindstod zu?

Nein, das Gegenteil ist glücklicherweise der Fall. Zugenommen hat die Information über mögliche Risikofaktoren und deren Vermeidung. Nach Expertenmeinung ist dies ein maßgeblicher Grund dafür, dass in Deutschland, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern, die Zahl der tragischen Todesfälle deutlich zurückgegangen ist.

Noch vor Jahrzehnten fielen dem SIDS (Sudden Infant Death Syndrome) jährlich über 1.300 Säuglinge zum Opfer fielen, während es heute weniger als 300 sind.

Ursachen

Welche Risikofaktoren für den plötzlichen Kindstod gibt es?

Die genaue Ursache des plötzlichen Kindstods kennt man bislang nicht, möglicherweise handelt es sich auch eher um einen Sammelbegriff für ganz verschiedene, heute noch nicht aufgeklärte krankhafte Prozesse. Es wird ein komplexer Vorgang vermutet, der auf dem Zusammentreffen mehrerer äußerer und innerer Gegebenheiten beruht.

Von Bauchlage bis Rauchen

Als die wichtigsten Risikofaktoren haben sich in wissenschaftlichen Untersuchungen bisher herauskristallisiert:

  • Schlafhaltung in Bauchlage bzw. nicht in Rückenlage
  • Rauchen (der Eltern bzw. eines Elternteils)
  • Gebrauch weicher Bettmaterialien (wie Decken, Kissen oder weiche Bettunterlage), die die Erstickungsgefahr erhöhen
  • Überwärmung
  • Schlafen im Elternbett
  • Geburt vor vollendeter 37. Schwangerschaftswoche
  • Atemwegsinfekt

Weitere Ursachenvermutungen betreffen die Unreife des Atemantriebs und eine schwerere Erweckbarkeit, die dann zu einem Atemstillstand führt. Auch Entero-Viren, die Herzmuskelentzündungen oder Herzrhythmusstörungen hervorrufen können, werden als potenzielle Beteiligte verdächtigt. Auch ein defekter Serotoninstoffwechsel wird bei manchen Kindern in ungünstigen Schlafsituationen für das Ausbleiben lebensrettender Körperreaktionen verantwortlich gemacht.

Neben äußeren, vermeidbaren Umständen kann also auch eine gewisse Veranlagung zu den tragischen Todesfällen beitragen. Gegen Letztere kann man nichts machen, gegen Erstere schon.

Risikofaktoren: Kann ich im Alltag etwas beachten?

Was ist für den Säugling gefährlich an der Bauchlage?

Liegen schlafende Säuglinge auf dem Bauch, erhöht sich ihr Risiko, am plötzlichen Kindstod zu sterben, um das Neunfache. Es spielt dabei keine Rolle, wann und wo die Kinder schlafen, ob nachts, während der Mittagsruhe oder im Kinderwagen.

Die wissenschaftliche Begründung lautet: Die Atmung der Kleinen ist in Bauchlage flacher und setzt zudem schneller aus. Auch der Hustenreflex ist schwächer, was fatale Folgen nach sich ziehen kann, wenn sich die Kinder verschlucken.

Auch wenn aus dem Gesagten eindeutig die Empfehlung hervorgeht, Ihr Kind nicht in Bauchlage schlafen zu lassen, wollen wir Sie doch auch vor zu großer Panik warnen, wenn es doch mal passiert: Absolut betrachtet ist das Risiko für den Plötzlichen Kindstod zum Glück relativ gering. Die Ursachen sind zwar nach wie vor weitgehend ungeklärt, es müssen aber auf jeden Fall mehrere Faktoren zusammenkommen, damit es dazu kommt.

Was steigert das Risiko für den plötzlichen Säuglingstod um das 22-fache?

Viele Kinder, die dem SIDS (Sudden Infant Death Syndrome) zum Opfer fielen, hat man so gefunden: zugedeckt vom Kopfkissen oder der Bettdecke, mit Mund und Nase an Nestchen, Fell oder Kuscheltier gepresst.

Wenn der Säuglingskopf von irgendetwas bedeckt ist, steigt das Risiko für den plötzlichen Säuglingstod wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge um das 22-fache.

Erhöhen Sechsfach-Impfstoffe das Risiko für den plötzlichen Säuglingstod?

Nein, in sorgfältig durchgeführten Untersuchungen und genauen Analysen der gemeldeten Fälle konnte kein Zusammenhang zwischen Impfungen mit Sechsfach-Impfstoffen und dem Plötzlichen Säuglingstod festgestellt werden.

Und obwohl fast immer die im Jahr 2000 eingeführten Sechsfach-Impfstoffe gegenüber den Einzelimpfungen bevorzugt werden und mittlerweile bei fast 8 Millionen Immunisierungen zum Einsatz kamen, ist im gleichen Zeitraum die Zahl der Plötzlichen Säuglingstode kontinuierlich gesunken. Der Hauptgrund für diese erfreuliche Entwicklung dürfte sein, dass immer mehr Eltern die empfohlenen Vorbeugemaßnahmen kennen und beachten, zu denen beispielsweise das Schlafen in Rückenlage, die Verwendung von Baby-Schlafsäcken und eine rauchfreie Umgebung zählen.

Vorbeugung

Kann ich mein Baby vor dem plötzlichen Kindstod schützen?

Die gute Nachricht lautet: Das Risiko ihres Kindes, am SIDS (Sudden Infant Death Syndrome / plötzlicher Kindstod) zu sterben, können Eltern mit einfachen Mitteln minimieren. Deshalb sollten Sie die wissenschaftlich fundierten Empfehlungen zur Risikovorbeugung kennen und anwenden. Immer mehr Eltern tun dies und die Sterberate hat erfreulicherweise in den letzten beiden Jahrzehnten stark abgenommen.

Dass es keinen 100%igen Schutz dagegen gibt, ist die schlechte Nachricht. Das gilt allerdings für viele Todesgefahren, die das eigene Leben und das der Kinder bedrohen – ob wir sie bewusst wahrnehmen oder nicht. Deshalb sollte man sich als Eltern wegen bestehender SIDS-Risikofaktoren nicht verrückt machen. Kennen sollte man sie allerdings schon und dort, wo es möglich ist, etwas dagegen tun.

Dass das Thema von manchen Ärzten und Hebammen offenbar aus absichtlicher Zurückhaltung (oder gar aus Unwissenheit) nicht angesprochen wird, um bei den Müttern keine Ängste zu schüren, ist jedenfalls nur schwer nachvollziehbar.

Risiko reduzieren: geht das?

Wie kann ich das Risiko für den plötzlichen Kindstod minimieren?

Mit einfachen Maßnahmen können Eltern das Risiko ihrer Kinder, am plötzlichen Säuglingstod (Sudden Infant Death Syndrome = SIDS) zu sterben, um annähernd 90% vermindern, wie zahlreiche Untersuchungen und Erfahrungen in verschiedenen europäischen Ländern vermuten lassen. In Deutschland hat die Beherzigung der Vorbeugeempfehlungen in einem Zeitraum von zwölf Jahren immerhin zu einem Rückgang der tragischen Todesfälle 67% geführt.

Was Sie tun können

Um dem plötzlichen Kindstod vorzubeugen, sollten Eltern

  • für eine rauchfreie Umgebung sorgen und mindestens in der Schwangerschaft und während des ersten Lebensjahres des Kindes auf das Rauchen verzichten
  • das Baby zum Schlafen auf den Rücken legen
  • das Baby in einen speziellen Baby-Schlafsack auf fester luftdurchlässiger Matratze betten, ohne Bettdecke, Kopfkissen, Kopfbedeckung, Felle, Nestchen etc.
  • bei einer Infektion der oberen Atemwege das Kind frühzeitig behandeln lassen
  • das Kinderbett ins Elternschlafzimmer stellen, aber nicht das Kind im Elternbett schlafen lassen
  • die Zimmertemperatur auf 16 –18° C einstellen

Stillen mindestens bis zum 6. Lebensmonat hat offenbar ebenfalls einen gewissen Schutzeffekt. Über das gemeinsame Schlafen von Eltern und Kindern in einem Bett gehen die Meinungen auseinander, wenn auch verschiedene Studien auf ein erhöhtes SIDS-Risiko beim Schlafen im Familienbett hindeuten. Das scheint insbesondere dann der Fall zu sein, wenn ein Elternteil oder beide Raucher sind, oder auch wenn das Baby Flaschennahrung erhält. Außerdem gibt es Studien, denen zufolge das Saugen am Schnuller eine vorbeugende Wirkung haben soll.

Was sind die drei wichtigsten Regeln zur Vorbeugung gegen den plötzlichen Kindstod?

Da es keine klar definierbare Einzelursache, aber eine Vielzahl diskutierter Risikofaktoren gibt, sind auch die Empfehlungen zu möglichen Vorsichtsmaßnahmen vielfältig. Drei Maßnahmen haben sich bisher als die wichtigsten herauskristallisiert und werden als "3-R-Faustregel" zusammengefasst:

  • Rückenlage
  • Rauchfrei
  • Richtig gebettet

Wissenswertes

Warum wird nicht immer ausreichend über die Risikofaktoren für den plötzlichen Kindstod informiert?

Auch wenn Ärzte und Hebammen es besser wissen müssten, findet eine ausreichende Information zu den Gefahren und Vorbeugemaßnahmen im Hinblick auf den plötzlichen Kindstod leider nicht immer statt. Das geschieht wohl nicht selten in gutgemeinter Absicht, um den Müttern – bei einem Ereignisrisiko von etwa 3:10.000 – nicht „unnötig“ Angst zu machen. Gut gemeint bedeutet in diesem Fall allerdings schlecht gemacht.

Denn auch wegen dieser Zurückhaltung werden noch immer Kinder zum Schlafen auf den Bauch statt auf den Rücken gelegt, was als ein wichtiger Risikofaktor für das SIDS (Sudden Infant Death Syndrome) gilt. Bundesweit ist darauf Schätzungen zufolge sogar in mindestens 10% der Wöchnerinnenstationen nicht immer Verlass. Dabei kann das SIDS-Risiko mit dieser und anderen einfachen Maßnahmen um 90% minimiert werden, wie die mit TV-Kampagnen gestützte Aufklärung in Holland vermuten lässt. Und damit noch deutlich stärker als die in den letzten beiden Jahrzehnten in Deutschland erreichten knapp 70%.

Quellen:

  • Plötzlicher Kindstod & anscheinend lebensbedrohliches Ereignis (2017). Herausgeber: Kinder- und Jugendärzte im Netz. www.kinderaerzte-im-netz.de

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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

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    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag
  • freiberuflich als Entwickler, Berater und Publizist

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Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

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Dr. med. Jörg Zorn
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