Wie zu erwarten, gibt es bei einer so komplexen Angelegenheit wie dem menschlichen Aggressionsverhalten keine simplen Erklärungen, sondern eine Vielzahl möglicher Ursachen, Faktoren und Deutungsversuche, die in der Wissenschaft diskutiert werden und unterschiedlichste Aspekte beleuchten.
Als mögliche Ursachen von Aggressionsstörungen gelten:
- erbliche Faktoren
- schädliche, entwicklungshemmende Einflüsse während der Schwangerschaft (Rauchen, Alkohol, Drogen) und Geburt
- angeborener Aggressionstrieb
- erlerntes Aggressionsverhalten („Wer sein Kind schlägt, lehrt es zu schlagen.“)
- Reaktion auf Frustrationsereignisse (Nichterfüllen von Wünschen und Erwartungen, z.B. nach Anerkennung, Zuwendung oder Liebe; soziale Perspektivlosigkeit)
- Trotz und Zerstörungswut als Folge ständiger Ermahnungen und Tadelungen ohne stärkendes Lob
Die meisten Forscher halten gegenwärtig einzelne Erklärungsansätze wie Trieb- und Lerntheorie sowie das Frustrationskonzept für sich allein genommen als unzureichend. Eher ist von einem Gemisch aus sozialen und kulturellen Einflüssen, frühkindlichen Situationen, gegenwärtigen Frustrationen und biologisch vorgegebenen Reaktionsnormen auszugehen.
Unangemessenes aggressives Verhalten – ob bei Kindern oder Erwachsenen – scheint überwiegend die Reaktion auf Kränkungen der Selbstliebe eines Individuums oder einer Gruppe zu sein. Im Zentrum des überaus häufigen und alle sozialen Schichten betreffenden Problems steht die Beschädigung des Selbstwertgefühls, das es von frühester Kindheit an zu hegen und pflegen gilt.
Warum verletzt sich mein Kind selbst?
Wenn Kinder sich selbst verletzen, z.B. durch Haareausreißen, starkes Nägelkauen oder mit dem Kopf an die Wand Schlagen, ist dies ein typisches Anzeichen für aufgestaute Aggressionen.
Das sollten Sie zum Anlass nehmen, um sich in Ruhe und mit ausreichend Zeit Ihrem Kind zu widmen und gemeinsam die Ursachen und Lösungsmöglichkeiten für das Aggressionsproblem zu ergründen. Zögern Sie nicht, sich hierbei auch kinder- oder jugendpsychiatrische Hilfe zu holen. Ihr Kinderarzt wird wissen, zu wem Sie gehen können.
Quellen:
- S3-Leitlinie: Störungen des Sozialverhaltens – Empfehlungen zur Versorgung und Behandlung (2016). Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP). www.awmf.org.