Welche Auswirkungen kann zu viel Gewicht auf meine Gesundheit haben? Welche unterschiedlichen Formen des Übergewichts gibt es, und sind alle gleichermaßen gefährlich für uns? Im folgenden Beitrag beantworten wir für Sie viele Fragen rund um das Thema Übergewicht.
Allgemeine Gesundheitsfolgen
Macht Übergewicht wirklich krank?
Die Frage ist berechtigter, als sie dem gesundheitsbewussten Publikum zunächst erscheinen mag. Denn so selbstverständlich, wie die krankmachende Rolle von Übergewicht in allen erdenklichen Gesundheitspublikationen landauf landab zitiert wird, ist sie nicht.
Ein paar Pfund zu viel fördern die Gesundheit
Auch hier gilt es zu differenzieren. Zum einen wurde wissenschaftlich festgestellt, dass Menschen mit leichtem Übergewicht gemäß Body-Mass-Index (BMI) sogar Überlebensvorteile gegenüber den Schlanken aufweisen. Zum anderen scheint das Übergewicht an sich insgesamt betrachtet das geringere Problem zu sein.
Wesentlich gefährlicher sind offenbar die – zumeist zugrundeliegenden – Faktoren Bewegungsmangel und Fehlernährung. Sie bedrohen den Stoffwechsel schon dann, wenn das Körpergewicht noch normal ist. Und deshalb tragen „fitte Dicke“ ein geringeres Krankheitsrisiko mit sich herum als „unfitte Schlanke“.
Übergewicht ist nicht gleich Übergewicht
Was bedeutet „gutes“ Fett, „böses“ Fett?
In Bezug auf die Erkrankungen, die aufgrund überschüssiger Pfunde entstehen können, gibt es große Unterschiede. Nicht jeder Übergewichte ist gleichermaßen betroffen. Ärzte der Universitätsklinik Tübingen unterscheiden daher zwischen einer gutartigen und einer gefährlichen Form, die auch unterschiedlich behandelt werden müssen.
25% haben die "gute" Form
Bei 25% aller Dicken handelt es sich demnach um eine "gutartige" Form der Fettleibigkeit. Eine Insulinresistenz, die Vorstufe eines Diabetes, tritt bei ihnen nicht öfter auf als bei Gesunden. Entsprechend profitieren sie auch weniger von einem intensiven Ernährungs- und Fitnessprogramm.
75% riskieren Diabetes und Co.
Die Mehrheit der Übergewichtigen hat hingegen die "gefährliche" Variante, und diese 75% profitieren deutlich von fettärmerer Ernährung und reichlich Bewegung. Denn für sie besteht ein deutlich erhöhtes Risiko, Probleme mit den Gefäßen und dem Herzen zu bekommen. Und auch die Gefahr, die Zuckerkrankheit Diabetes zu entwickeln, nimmt mit jedem Kilo zuviel zu.
Woher weiß man nun, ob man zu den "gesunden" oder "gefährdeten" Dicken gehört?
Offenbar gibt es zwei Indizien, die besonders klar auf die gefährliche Variante hindeuten: Eine Fettverteilung vor allem um den Bauch herum und der Zusatzbefund einer Fettleber.
Achtung bei Bierbauch!
Vor allem der sogenannte Bierbauch geht demnach mit einem deutlich erhöhten Risiko für Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall einher. Die kleinen Rundungen um die Hüften und am Po, zu denen eher Frauen neigen, sind dagegen bis zu einem gewissen Grad sogar gesund. Denn dieses Fettgewebe unterscheidet sich biologisch von den Fettzellen des dicken Bauchs.
Warum ist vor allem ein dicker Bauch gefährlich?
Dass dem so ist, weiß man erst seit ein paar Jahren – und rätselt noch über die genauen Ursachen. Offenbar ist das rund um den Bauch angesammelte Fett anders zusammengesetzt als zum Beispiel das Fett am Po. Das Bauchfett produziert deutlich mehr Fettsäuren und die wiederum sind besonders gefährlich für Herz und Gefäße.
Hüftspeck als Schutz vor Arteriosklerose
Neueste Studien zeigen, dass die "guten" Fettzellen Hormone und andere Botenstoffe produzieren, die den Körper und vor allem die Blutgefäße vor Entzündungsprozessen schützen - und damit einer Arteriosklerose vorbeugen.
Hormon Leptin entscheidet über Fettverteilung
Also das Gegenteil dessen, was man sonst von Übergewicht und Körperfett weiß. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Hormon Leptin. Dieses Hormon steuert, wie das Fett im Körper verteilt wird.
Und das Fazit aus diesen Erkenntnissen:
Übergewicht schadet der Gesundheit, egal wo es sitzt. Für das Herz aber ist vor allem ein dicker Bauch gefährlich. Viele Ärzte raten deshalb auch dazu, nicht nur auf die Waage zu steigen, sondern auch den Umfang der Taille zu messen. Denn wer seinen Bauchumfang reduziert, hat damit auch sein Herzinfarktrisiko reduziert. Zumindest statistisch.
Wann ist eine Taille zu dick?
Auch darauf gibt es eine offizielle Antwort. Bei Frauen sollte ihr Umfang nicht mehr als 88 cm betragen, bei Männern nicht mehr als 102 cm.
Bauchumfang
Den Bauchumfang zu messen, ist prinzipiell einfach:
- am besten nüchtern vor dem Frühstück;
- mit freiem Oberkörper vor dem Spiegel;
- Maßband an der dicksten Stelle um den Bauch legen, im Normalfall also irgendwo in Nabelhöhe;
- leicht ausatmen und Wert vom Maßband ablesen, ggf. markieren.
- noch besser: drei unterschiedliche Messungen, einmal mit eingezogenem, dann mit ausgestrecktem und schließlich mit entspanntem Bauch. Vergleichen Sie dann den dritten Wert mit den Zielwerten.
Krankhaftes Übergewicht: Welche Begleiterscheinungen sind häufig?
Die Zahl der übergewichtigen Menschen nimmt weltweit stark zu. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben wir es mit einer regelrechten Fettsuchtepidemie zu tun: Schon 2005 waren mehr als eine Milliarde aller Erwachsenen übergewichtig und über 300 Millionen Menschen fettsüchtig.
Krankhaftes Übergewicht – im medizinischen Fachjargon Adipositas genannt – ist verantwortlich für viele Krankheiten. Diese sorgen auch dafür, dass stark übergewichtige Menschen eine kürzere Lebenserwartung haben.
Adipositas
Adipositas: Welche Begleiterscheinungen sind häufig?
Krankhaftes Übergewicht bedeutet nicht nur, dass man zu dick ist. Es gibt auch typische weitere Symptome und Begleiterscheinungen, die mit diesem Krankheitsbild verknüpft sind.
Dazu zählen unter anderem:
- eine überdurchschnittliche Größe neben Übergewicht und übermäßigem Fettansatz (Adiposogigantismus)
- Dehnungsstreifen (Striae distensae) im Bereich der Oberarme, Brust, Oberschenkel, Bauch und Hüften
- Hautinfektionen in den Hautfalten
- verminderte Belastbarkeit, rasche Erschöpfung
- Gelenkbeschwerden
- vermindertes Selbstwertgefühl
Stirbt man mit Adipositas früher?
Ja, Fettsucht wirkt sich auf die Lebenserwartung aus. Die University of Oxford, UK, hat ermittelt, dass schwere Fettsucht (Body Mass Index (BMI) - zwischen 40 und 50) das Leben um rund zehn Jahre, eine leichtere Fettsucht (BMI von 30 bis 39) die Lebenserwartung um rund drei Jahre senkt.
Mit jedem Jahr Übergewicht steigt das Sterberisiko weiter an
Wissenschaftler der Monash University, USA, sagen nun, dass diese Einschätzungen immer noch zu niedrig greifen und das tatsächliche Risiko nicht ausreichend wiedergeben. Denn jedes Jahr, das die Fettsucht bestehe, wirke sich zusätzlich auf die Lebenserwartung aus.
So soll pro zwei zusätzlichen Jahren, in denen die Betroffenen unter Adipositas leiden, das Sterberisiko um 7% erhöht sein. Wer 15 bis 25 Jahre lang fettleibig ist, verdopple in dieser Zeit sein Risiko zu sterben, extremes Übergewicht über die Dauer von über 25 Jahren verdreifache das Risiko.
Übergewicht und Herz und Gefäße
Bedeutet Übergewicht zwangsläufig, dass man einen Bluthochdruck entwickelt?
Nein, nicht jeder Mensch mit Übergewicht entwickelt einen Bluthochdruck. Jedoch ist das Risiko früher oder später erhöhte Blutdruckwerte zu entwickeln, deutlich erhöht.
Pro 10 Kilogramm überschüssigen Gewichts steigt der Blutdruck um 1 bis 3 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) an. Positiv ist, dass dieser Zusammenhang auch umgekehrt bei Gewichtsverlust gilt.
Menschen mit Übergewicht haben ein sechsmal so großes Risiko für Bluthochdruck wie Personen mit Normalgewicht und dies bereits im Alter von 20 bis 40 Jahren.
Alle Fragen und Antworten zu diesem Thema finden Sie hier:
Bluthochdruck: Grundlagen und Ursachen
Übergewicht und Diabetes
Ist die Gefahr, an Diabetes zu erkranken, wirklich so hoch?
Die Volkskrankheit Diabetes ist im Prinzip gleichzusetzen mit der Volkskrankheit Übergewicht. Bei zwei Drittel aller Menschen mit Diabetes Typ 2, dem sogenannten Alterszucker, ist die Stoffwechselerkrankung direkte Folge des Übergewichts.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Die Vermeidung von Übergewicht ist auch die beste Vorbeugung vor der Zuckerkrankheit. Allerdings sind die meisten von uns offenbar völlig immun gegen solche guten Ratschläge: Sämtliche groß angelegten Vorbeugeprogramme gegen Diabetes mit dem Ziel, eine gesündere Ernährung zu etablieren, sind bisher kläglich gescheitert.
Schwieriger Kampf gegen bequeme Gewohnheiten
Offenbar will das einfach niemand hören, und schon gar nicht auf Fast-Food, Fleisch-Exzesse und Kalorienbomben-Desserts verzichten. Und die eigene Trägheit überwinden und sich zu regelmäßigen körperlichen Aktivitäten aufraffen, schaffen auch die wenigsten.
Der Trugschluss daran: Weder Übergewicht noch Bewegungsarmut und schon gar nicht Diabetes sind harmlos. Unterm Strich sterben daran mehr Menschen als an Krebs.
Diabetes vermeiden: Jedes Kilo zählt!
Helfen kann hier vielleicht die Erkenntnis, dass man zur effektiven Diabetes-Vermeidung gar nicht gertenschlank werden muss (schon gar nicht durch entbehrungsreiche Radikalkuren!). Bereits kleinste Erfolge bei der Gewichtsreduktion helfen, das individuelle Risiko deutlich zu verringern. So zeigen neueste Studien, dass mit jedem einzelnen abgespeckten Kilo Übergewicht das Diabetes-Risiko um jeweils bis zu 16% gesenkt werden kann!
Bevor man sein Vorhaben also als unerreichbar abtut und verwirft, kann man ja einfach mal ein einziges, erstes Kilo ins Auge fassen!
Übergewicht und weitere Gesundheitsrisiken
Besteht ein höheres Krebsrisiko bei Übergewicht?
Übergewicht und Fettleibigkeit sind Risikofaktoren für Krebserkrankungen. Laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist der Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Entstehen von Nierenkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs nach den Wechseljahren sowie Krebs der Speiseröhre und der Gebärmutterschleimhaut gesichert. Aber auch bei anderen onkologischen Erkrankungen wie Leukämien oder dem Hodgkin-Lymphom besteht der Verdacht, dass Übergewicht das Entstehungsrisiko erhöht.
Übergewicht und Zigaretten gleichermaßen schlimm
Als Risikofaktor für Krebserkrankungen wird Fettleibigkeit (Adipositas) erst seit kurzem betrachtet. Doch inzwischen ist Prof. Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender des DKFZ, davon überzeugt, dass Adipositas als Mitauslöser für eine Krebserkrankung mindestens so ernst zu nehmen ist wie Rauchen. So sei Übergewicht bei etwa der Hälfte aller Fälle von Krebs der Gebärmutterschleimhaut die Ursache. Und bei Brustkrebs nach den Wechseljahren in etwa 20% der Fälle.
Warum erhöht Übergewicht das Krebsrisiko?
Die Gefahr geht von dem sogenannten viszeralen Fett aus, das sich zwischen den Bauchorganen ansiedelt. Davon können auch Personen betroffen sein, die äußerlich schlank daherkommen. Dieses Fettgewebe sondert bestimmte Hormone ab, die Adipokine, die die Entstehung von Krebs begünstigen.
Abhilfe: Bewegung
Körperliche Aktivität lässt nicht nur die Fettdepots schmelzen, sondern kann anscheinend auch über andere Mechanismen vor Krebs schützen.
Studie: Übergewicht schuld an 25% der Krebserkrankungen?
In einer Studie wurde der Zusammenhang zwischen Gewicht und Krebs jetzt näher untersucht. Die Wissenschaftler nennen die Zahl von 25% aller Krebsfälle, die auf das Konto von Übergewicht gehen. Dieser Zusammenhang ist mittlerweile belegt für Brustkrebs, Darmkrebs und Speiseröhrenkrebs.
Chronische Entzündung fördert Krebs
Auch was dabei im Körper abläuft, wissen die Forscher ziemlich genau. Bei Übergewichtigen sammelt sich Fettgewebe an, das dazu neigt, sich auf Zellebene chronisch zu entzünden. Passiert das, werden ständig entzündungsfördernde Botenstoffe abgegeben. Und dieser Vorgang begünstigt die Entstehung von Krebs.
Studien-Design
An der Studie nahmen 439 übergewichtige Frauen teil. Deren durchschnittlicher Körperfettanteil lag bei fast 50%. Eine Gruppe dieser Frauen führte eine gewichtsreduzierende Diät durch, eine andere trieb nur Sport, eine dritte tat beides und eine vierte lebte weiter wie bisher.
Das Ergebnis:
Bei all denjenigen Frauen, bei denen es zu einer Gewichtsreduktion kam, sanken auch alle Entzündungsparameter. Das galt sowohl für eine Gewichtsreduktion durch Diät als auch durch Sport.
Gesunder Lifestyle besser als Medikamente
Die Autoren erklären, dass eine Reduzierung von Entzündungswerten in diesem Ausmaß sonst nur mit Hilfe von Medikamenten zu erreichen sei. Gesunde, fettarme Ernährung und Sport hätten im Gegensatz zu Medikamenten aber keine Nebenwirkungen.
Stimmt es, dass Übergewicht die Entstehung von Hämorrhoiden fördert?
Klares Ja. Übergewicht gilt als einer der wesentlichen Risikofaktoren für Hämorrhoiden. Der Grund liegt im höheren Druck im Bauchraum und damit auch auf den Bereich des Enddarms.
Durch das erhöhte Gewicht und den Druck auf das Gewebe erschlaffen mit den Jahren dann auch jene Blutgefäße (bzw. ihre Wände), die als Knäuel im Afterbereich angesiedelt sind, den Afterverschluss zusammen mit den Pomuskeln steuern, und die bei chronischer Stauung Hämorrhoiden genannt werden.
Bestes Gegenmittel: Bewegung, Bewegung, Bewegung
Als beste Vorbeugemaßnahme gegen Hämorrhoiden gilt dann auch viel Bewegung und Abnehmen.
Leider haben auch Schwangere und vor allem Frauen mit mehreren Geburten ein erhöhtes Hämorrhoiden-Risiko – aus ähnlichen Gründen. Allerdings gilt auch bei ihnen: viel Bewegung, gesunde, ballaststoffreiche Ernährung und Normalgewicht vor, während (bis auf's Gewicht) und nach der Schwangerschaft beugen den Hämorrhoiden ideal vor.
Übergewicht und Demenz
Lassen zu viele Kalorien das Gedächtnis schwinden?
Wer die Kalorien zählt, die er täglich verzehrt, hilft nicht nur seinem Gewicht. US-Forscher konnten in einer Studie belegen, dass zu viel Essen das Risiko für eine Demenz bei Menschen im Alter über 70 Jahren verdoppelt.
Der Neurologe und Psychiater Dr. Yonas E. Geda bringt es auf einen einfachen Nenner: “Je mehr Kalorien man täglich konsumiert, desto mehr leidet das Gedächtnis." Geda kann auch ganz genau beziffern, ab welcher Kalorienmenge es dramatisch wird: 2.143 Kalorien am Tag sind die Grenze, ab der sich das Risiko für einen Gedächtnisverlust verdoppelt.
1.200 Demenz-Patienten analysiert
Seine Erkenntnisse zieht der Arzt aus einer Beobachtungsstudie an 1.200 Demenz-Kranken. Sie waren alle zwischen 70 und 89 Jahre alt. Bei den Patienten wurden die Ernährungsgewohnheiten sowie die Menge der täglichen Kalorienaufnahme ermittelt. Ganz deutlich zeigte sich dabei: Je mehr Kalorien die Patienten am Tag zu sich nahmen, desto höher wurde das Risiko für Gedächtnisprobleme. Zumindest statistisch.
Allerdings muss auch klar gesagt werden, dass die Studie einen eindeutigen Kausalitätsschluss nicht zulässt. Soll heißen: Theoretisch könnte es auch sein, dass erst die Demenz zu einem höheren Kalorienverzehr führt. Wahrscheinlicher ist freilich die von Geda ins Feld geworfene These.
Quellen:
- Universitätsklinik TU Dresden, Deutsche Forschungsgemeinschaft, doi:10.1016/j.tem.2010.01.009
- Medizinische Universitätsklinik Tübingen, The Lancet
- Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft
- Int. J. Epidemiol. (2011) 40 (4): 985-996. doi: 10.1093/ije/dyr018
- Deutsches Krebsforschungszentrum
- Cancer Research 2012, DOI:10.1158/0008-5472.CAN-11-3092
- Mayo Clinic