Was ist eine Darmeinstülpung? Wie kommt es dazu und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Diese und weitere Fragen beantworten wir im folgenden Beitrag zum Thema Darmeinstülpung.
Grundlagen
Was ist eine Invagination (Darmeinstülpung)?
Als Invagination bezeichnet man die Einstülpung eines Darmabschnittes in den nachfolgenden Darmabschnitt. Dieses Krankheitsbild kommt vor allem bei kleinen Kindern vor, in 80 % der Fälle sind Säuglinge betroffen. Eine Darmeinstülpung kann aber bei Kindern noch bis ins 4. Lebensjahr ohne besonders erkennbaren Grund auftreten.
Eine Invagination kann sich rasch zu einem gefährlichen Notfall entwickeln. Durch die Einstülpung wird die Blutversorgung in dem betroffenen Darmabschnitt abgeschnürt und es besteht die Gefahr, dass die Darmschleimhaut in dem eingestülpten Bereich abstirbt und einreißt. Bei einer Invagination kann es außerdem zu einem Darmverschluss (Ileus) kommen, sodass die Darmpassage gestört oder sogar vollständig unterbunden ist. Dadurch staut sich vor der betroffenen Stelle Darminhalt an und der Druck auf die Schleimhaut und die darin enthaltenen Blutgefäße steigt zusätzlich an.
Welche Ursachen führen zu einer Darmeinstülpung?
Invaginationen treten vor allem im Kindesalter auf und können unterschiedliche Ursachen haben. Häufig lässt sich der Auslöser im Nachhinein auch gar nicht feststellen, es gibt aber einige Faktoren, die bei der Entstehung dieses Krankheitsbildes eine Rolle spielen:
- gesteigerte Motilität (Darmbewegung)
- vergrößerte Lymphknoten in der Umgebung des Darms (beispielsweise bei einer Entzündung)
- Virusinfektionen (mit vergrößerten Peyer-Plaques (Ansammlungen von Immunzellen im Darm))
- Zystische Fibrose (Mukoviszidose)
- Fehlbildungen (Meckel-Divertikel, Darmduplikaturen)
- Tumore und Darmpolypen
Symptome
Was sind typische Beschwerden bei einer Darmeinstülpung (Invagination)?
Folgende Symptome treten häufig bei einer Darmeinstülpung auf:
- kolikartige Bauchschmerzen
- Säugling schreit anhaltend, ist durch nichts zu beruhigen
- Blässe, Teilnahmslosigkeit (Apathie)
- Nahrungsverweigerung
- Erbrechen
- Spätzeichen: schleimig-blutiger Stuhl
Rufen Sie bei Verdacht sofort den Kinderarzt oder fahren Sie mit Ihrem Baby in die nächste Kinderklinik.
Behandlung
Wie wird eine Darmeinstülpung behandelt?
Eine Invagination muss zeitnah behandelt werden, um schlimmere Folgen zu verhindern. Bei einem Verdacht rufen Sie daher sofort den Notarzt oder fahren direkt in das nächste große Krankenhaus.
Zunächst wird mit einigen kurzen Untersuchungen die genaue Ursache der Darmeinstülpung festgestellt, dazu gehören Ultraschall und teilweise auch Röntgenaufnahmen vom Bauch des Kindes. Wenn keine Raumforderung wie ein Tumor oder ein Darmpolyp der Auslöser ist, kann versucht werden die Darmeinstülpung konservativ, also ohne Operation, zu behandeln.
Operation nur in Ausnahmefällen
Wenn der Verdacht besteht, dass der Darm durch den Druck bereits eingerissen ist, die Untersuchungen eine eindeutige Raumforderung als Ursache ergeben oder die konservative Behandlung nicht wirkt, wird die Darmeinstülpung operativ behandelt.
Was wird bei der konservativen Behandlung gemacht?
Das Prinzip der nicht-chirurgischen Behandlung einer Invagination ist eigentlich einfach: Dadurch, dass der betroffene Darmabschnitt in den nächsten Darmabschnitt hineingestülpt ist, wird versucht das Problem von der anderen Seite anzugehen.
Dafür wird dem betroffenen Kind rektal, also über den Darmausgang, Kochsalzlösung eingeführt und der Verlauf mit Hilfe eines Ultraschallgeräts überwacht. Ziel dieser sogenannten Instillation ist es, durch den Druck von der anderen Seite den Darmabschnitt wieder in seine ursprüngliche Position „zurückzustülpen“. Gleichzeitig kann mit dem Ultraschall sofort überprüft werden, ob eine Darmpassage an der betroffenen Stelle wieder möglich ist.
Wie wird eine Darmeinstülpung operativ behandelt?
Wenn eine konservative Behandlung nicht möglich ist, ein akuter Notfall besteht oder sich der Zustand des Kindes nach dem Kochsalz-Einlauf nicht innerhalb von 24 Stunden bessert, muss eine Invagination operativ behandelt werden.
Bei dem chirurgischen Eingriff wird der Darm entweder minimalinvasiv (laparoskopisch, also mit Kamera und speziellen Instrumenten) oder offen (klassische Operation) zurück in seine ursprüngliche Position gebracht. Sollte eine Raumforderung wie ein Tumor oder ein großer Polyp die Ursache sein, wird diese bei dem Eingriff gleich entfernt und der Darm anschließend vernäht.
Nach der Behandlung
Was darf mein Kind nach der Operation essen?
Das hängt von der Ursache und der Operationsart ab. Wenn der Darmabschnitt genäht werden musste, müssen Sie mit der Ernährung Ihres Kindes in den ersten Tagen nach dem Eingriff sehr vorsichtig sein.
Zunächst nur Flüssigkeit, später wieder normales Essen
Im Krankenhaus gibt es dafür spezielle Kostaufbau-Schemata, bei denen es zunächst nur Flüssigkeit zu essen gibt und im Verlauf nach und nach der Speiseplan erweitert wird. Das ist wichtig, um den gereizten Darm zu schonen und eine erneute Darmeinstülpung zu verhindern.
Mein Kind hatte eine Darmeinstülpung – tritt das jetzt häufiger auf?
Das kommt darauf an, was die genaue Ursache für die Einstülpung war und wie diese behandelt wurde. Aber keine Sorge, nur weil Ihr Kind das einmal durchmachen musste, heißt das nicht zwangsweise, dass dies nun häufiger auftritt.
Konservative Behandlung 10 %, Operation 1 %
Wenn die Invagination konservativ mit Hilfe eines Kochsalz-Einlaufes behandelt wurde, ist das Risiko eines Rezidivs, also einer erneuten Darmeinstülpung bei ca. 10 %. Bei einer operativen Behandlung liegt das Rezidiv-Risiko sogar nur bei ca. 1 %. Seien Sie trotzdem wachsam, wenn bei Ihrem Kind ähnliche Beschwerden erneut auftreten, vor allem wenn Ihr Kind an einer chronischen Erkrankung wie Mukoviszidose leidet. In diesen Fällen ist das Risiko einer erneuten Darmeinstülpung leider deutlich höher als bei anderen Kindern.
Quellen:
- Herold G et al. Innere Medizin (2004).
- Müller M et al. Chirurgie für Studium und Praxis. 7. Auflage(2004/05).
- Leitlinienprogramm AWMF, verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/006-027l_S1_Invagination_2013-08-abgelaufen.pdf
- Lauenstein T, Umutlu L. Intussuszeption (Invagination). In: Krombach G, Mahnken A, Hrsg. Radiologische Diagnostik Abdomen und Thorax. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2015. doi:10.1055/b-003-109648