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ADHS-Kritiker meinen ja. Sie halten das propagierte ADHS-Modell für falsch und bedauern das Ausbleiben einer gesellschaftlichen Empörung angesichts des hohen Ritalin-Konsums.

Sie machen dafür Ermüdungserscheinungen in der öffentlichen, zunehmend unverständlichen Streitdiskussion verantwortlich. Zudem verweisen die Kritiker auf das Spektrum der Interessenten, die aus dem Festhalten an dem Modell Nutzen zögen. Dazu zählen Sie, die betroffenen Eltern mit dem Interesse an einem (genetisch bedingten) „Fremdverschulden“, die Kinder- und Jugendpsychiater mit dem beruflichen Publikationsinteresse an Medikamentenstudien, die Ärzte der Basisversorgung mit dem Bedarf an schnellen und beeindruckenden Behandlungsergebnissen und die kommerziell interessierte Pharmaindustrie.

Kritisches Hinterfragen berechtigt

Wie dem auch sei, fest steht: Immer wieder gab und gibt es in vielen Bereichen der Medizin umstrittene Krankheits- und Behandlungskonzepte, die häufig so lange aufrechterhalten werden, bis die gegenteilige Evidenz erdrückend ist oder sich der Zeitgeist geändert hat. Ein kritisches Hinterfragen, das ausschließlich auf das Wohl des Kindes gerichtet ist, und die sorgfältige Auswahl eines Arztes des eigenen Vertrauens sind, nicht nur bei ADHS, um so sinnvoller.

ADHS nur eine Modekrankheit: Was sagen Kritiker?

Kritiker betrachten ADHS nicht als genetisch und neurobiologisch fixiertes Krankheitsgeschehen, sondern als gesellschaftliches Konstrukt. Sie interpretieren das Erscheinungsbild als Folge der aktuellen Lebensumstände der Kinder und der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Als solche werden angeführt:

  • veränderte Kindheit mit erhöhten Ansprüchen an „reibungsloses Funktionieren“ und Zweckmäßigkeit sowie zunehmendem Leistungsdruck
  • abnehmende gesellschaftliche Toleranz gegenüber kindlichem bzw. kindgerechtem Verhalten
  • zunehmende Bewegungsarmut, Reizüberflutung, Sinnentleerung, Strukturlosigkeit und Vernachlässigung
  • zu wenig bedürfnisorientiertes und binnendifferenziertes Schulsystem

ADHS aus der Sicht eines ADHS-Kritikers

Der Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther äußerte sich auf die Frage, was ADHS sei, in einem Interview folgendermaßen:

„ADHS ist zunächst nicht mehr als die Bezeichnung für eine Sammlung von Symptomen, die man bei Kindern beobachten kann. Mediziner sind gezwungen, für bestimmte Behandlungen bestimmte Namen zu erfinden. Sie definieren Krankheiten, um die Behandlung bei den Krankenkassen abrechnen zu können, und genau das ist bei ADHS geschehen.“

Der Wissenschaftler und Buchautor hält die zunehmende Strukturlosigkeit der äußeren Welt für problematisch beim Aufbau der Strukturen im kindlichen Gehirn, insbesondere bei den Kindern, die einen größeren Strukturbedarf haben als andere. Als beispielhafte Ursachen für den Strukturverlust nennt Hüther die Hektik des modernen Alltags und die diversen Probleme, die junge Familien belasten, wie z. B. Partnerschaftskonflikte oder die schwierige Vereinbarkeit eines gesunden Familienlebens mit dem Karriereaufbau.

Warum haben die Experten so unterschiedliche Ansichten zu ADHS?

Es gibt nur wenige Gebiete in der Medizin, die nicht durch einen Wettstreit der unterschiedlichen Meinungen und wissenschaftlichen Ergebnisse gekennzeichnet sind.

Und selbst dort, wo sich die Expertengemeinschaft einig zu sein scheint, ist nicht ausgeschlossen, dass sich – durch neue Erkenntnisse oder geänderte Sichtweisen – die anerkannte Lehrmeinung im Lauf der Jahre verändert, manchmal sogar dramatisch.

Auch die in ihren jeweiligen Lebenswelten anerkannten Meinungsführer haben kein Patent auf eine allgemeingültige Wahrheit. Deshalb bemühen wir – die Redaktion von Navigator Medizin – uns darum, ein möglichst breites Wissens- und Meinungsspektrum bei unseren Antworten (und Fragestellungen) zu berücksichtigen. Diese Vielfalt ist allerdings keinesfalls mit Beliebigkeit gleichzusetzen, an die inhaltliche Qualität und den Nutzwert für den Leser stellen wir sehr hohe Ansprüche. Bei einem so umstrittenen Thema wie ADHS kann sich das gelegentlich durch Antworten mit scheinbar gegenläufigen Perspektiven und Aussagen bemerkbar machen.

Quellen:

  • Pillenkonsum bei Kindern steigt dramatisch. 2007. Herausgeber: Axel Springer Deutschland GmbH. Online auf: www.welt.de.
  • ADHS ist keine Krankheit! Pädiatrie 2/2010. S.11-14. Online auf: www.rosenfluh.ch.

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